Die Bestie von Florenz
so gehandelt haben. Salvatore lief zum Haus seines Schwiegervaters und holte dann gemeinsam mit diesem seinen Freund aus der Schenke, der zufällig Barbarinas Bruder war. Gemeinsam gingen die drei zum Haus zurück.
Jahre später sprach einer der Dorfbewohner aus, was alle dachten: »Er wollte nur Zeugen für seinen vorgetäuschten Selbstmord haben.«
Vor den Augen seines Schwiegervaters und Schwagers öffnete Salvatore die Schlafzimmertür, die offenbar keinen Widerstand bot, mit einem leichten Stoß. Sofort schrie er, er rieche Gas, obwohl sonst niemand etwas riechen konnte. Die Propangasflasche war neben das Bett gerückt worden, das Ventil war offen und der Schlauch schlängelte sich auf das Kissen, auf dem Barbarinas Kopf ruhte. Anscheinend hatte Barbarina sich mit Propan aus einer Gasflasche getötet, die ein paar Stunden zuvor nicht einmal mehr genug Gas enthalten hatte, um etwas Milch aufzukochen. Doch damals bemerkte niemand diese Diskrepanz, weder die Carabinieri noch der Gerichtsmediziner oder ihre Freundinnen. Bei der Obduktion fielen offenbar auch die Blutergüsse an ihrem Hals und die leichten Kratzer in ihrem Gesicht nicht weiter auf, als hätte sie sich gewehrt, ehe sie erstickt war.
Als der Fall wieder aufgerollt wurde, förderten die Ermittler all diese Indizien und noch mehr zutage, die sie davon überzeugten, dass Salvatore seine Frau ermordet hatte.
Rotella versuchte herauszufinden, ob Salvatore eine 22er Beretta mitgebracht hatte, als er von Villacidro in die Toskana ausgewandert war. Die Ermittler in Villacidro konnten feststellen, dass es 1961 elf Berettas Kaliber 22 im Ort gegeben hatte und dass eine davon tatsächlich kurz vor Salvatores Abreise gestohlen worden war. Sie hatte einem alten Verwandten Vincis gehört, der sie von einem Aufenthalt als Gastarbeiter aus Holland mitgebracht hatte. Interpol suchte in Amsterdam nach der Waffe, konnte aber nicht feststellen, woher sie ursprünglich gekommen sein mochte.
Zur selben Zeit rekonstruierten die Ermittler auf dem Festland das Leben von Salvatore Vinci, seit er 1961 in der Toskana angekommen war. Sie fanden noch mehr Hinweise darauf, dass er die Bestie sein könnte. Es stellte sich heraus, dass Salvatore Vinci besondere sexuelle Neigungen hatte und sie auf eine Art und Weise auslebte, die selbst beim Marquis de Sade schieren Neid erregt hätte.
»Wir waren frisch verheiratet«, erzählte Rosina, seine neue Ehefrau, den Carabinieri, »da kam Salvatore eines Abends mit einem befreundeten Paar nach Hause und erklärte, die beiden würden bei uns übernachten. Nichts Ungewöhnliches. Später bin ich aufgestanden, weil ich zur Toilette musste, und habe Geflüster aus dem Zimmer gehört, in dem das Paar schlief. Ich habe die Stimme meines Mannes erkannt. Also bin ich hineingegangen, und was sehe ich da? Salvatore, im Bett mit den beiden! Natürlich bin ich furchtbar wütend geworden. Ich habe zu der Frau und ihrem Mann gesagt – wenn er überhaupt ihr Ehemann war –, sie sollten verschwinden. Und wissen Sie, was Salvatore da getan hat? Er hat einen furchtbaren Wutanfall bekommen, mich bei den Haaren gepackt und mich gezwungen, vor den beiden niederzuknien und sie um Verzeihung zu bitten! Und«, fuhr sie fort, »damit war es noch lange nicht vorbei. Ein andermal hat er mich einem anderen jungen Paar vorgestellt, das frisch verheiratet war, und wir haben uns öfter mit den beiden getroffen. Eines Abends haben wir bei ihnen übernachtet. Und in dieser Nacht habe ich eine kalte Hand gespürt, die mich berührt hat, und ein seltsames Geräusch gehört, als wäre etwas auf den Boden gefallen. Ich bin aufgestanden, um das Licht anzuschalten, und habe die Stimme meines Mannes gehört, der gesagt hat, ich solle das lassen, es sei nichts passiert. Eine Stunde später habe ich wieder diese Berührung gespürt, am Bein, und diesmal bin ich aufgesprungen und habe Licht gemacht. Tja, und da lag in meinem Bett nicht nur mein Mann, sondern auch sein Freund Saverio! Ich war ganz durcheinander, bin in die Küche gegangen und habe versucht zu verstehen, was da passierte. Da kam Salvatore zu mir. Er wollte mich beruhigen und hat gesagt, das sei doch wohl keine Überraschung und überhaupt nichts Seltsames, und er hat mich überredet, wieder ins Bett zu kommen. Einen Tag später hat er wieder davon angefangen und mir erzählt, dass er schon einen Dreier mit Gina, der Frau seines Freundes, gehabt hätte. Er hat gesagt, ich solle das Gleiche tun, es würde mir
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