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Die Bestie von Florenz

Die Bestie von Florenz

Titel: Die Bestie von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Douglas & Spezi Preston , Mario Spezi
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oder einen Haufen verrückter Kopfgeldjäger hervorbringen. Die Entscheidung war so kontrovers, dass sie vom italienischen Ministerpräsidenten selbst getroffen werden musste, der die Belohnung auf eine halbe Milliarde Lire festsetzte – damals eine gewaltige Summe.
    Die Belohnung wurde öffentlich ausgeschrieben, doch niemand lieferte irgendwelche Informationen, um Anspruch darauf zu erheben.
    Wie schon zuvor wurde die SAM mit anonymen Anschuldigungen und haltlosen Gerüchten überschwemmt, denen sie nachgehen musste, so unwahrscheinlich sie auch sein mochten. Darunter war auch ein Brief mit dem Datum des 11. September 1985. Der anonyme Verfasser schlug vor, die Polizei solle »unseren Mitbürger Pietro Pacciani befragen, geboren in Vicchio«. Weiter stand darin: »Viele behaupten, dieser Mann sei schon im Gefängnis gewesen, weil er seine eigene Verlobte ermordet hat. Er hat tausend Fähigkeiten: Er ist ein schlauer Mann, verschlagen, ein Bauer mit breiten, plumpen Füßen, aber einem flinken Verstand. Er hält seine ganze Familie wie Geiseln gefangen, die Frau ist dumm, die Töchter dürfen nie aus dem Haus, sie haben keine Freunde.«
    Die Ermittler gingen der Sache nach. Es stimmte nicht, dass Pacciani seine Verlobte ermordet hätte, doch 1951 hatte er einen Mann ertappt, der besagte Verlobte gerade in einem geparkten Wagen verführte. Er hatte den Mann getötet und dafür eine lange Haftstrafe abgesessen. Pacciani wohnte in Mercatale, etwa sechs Kilometer von der Scopeti-Lichtung entfernt. Die Polizei durchsuchte routinemäßig sein Haus und fand nichts Interessantes.
    Dennoch blieb der Name des alten Bauern auf der Liste.
    Ein paar Wochen später machte ein neues Gerücht die Runde, das diesmal aus Perugia kam, hundertfünfzig Kilometer entfernt. Ein junger Arzt, Francesco Narducci, Spross einer der reichsten Familien der Stadt, hatte anscheinend Selbstmord begangen, indem er sich im Lago Trasimeno ertränkt hatte. Sofort begann die Gerüchteküche zu brodeln, Narducci sei die Bestie gewesen und hätte sich, überwältigt von Schuldgefühlen, selbst gerichtet. Eine rasche Untersuchung ergab, dass das Gerücht völlig haltlos war, und die Ermittler legten es bei den zahlreichen anderen falschen Spuren ab, die den Fall heimsuchten.
    Mittlerweile, 1985, begann die Ermittlung unter dem erbarmungslosen Druck, endlich Resultate zu liefern, auseinanderzufallen. Die Kluft zwischen dem leitenden Staatsanwalt, Piero Luigi Vigna, und dem Untersuchungsrichter, Mario Rotella, wurde ständig breiter.
    Die Meinungsverschiedenheiten drehten sich vor allem um die Verfolgung der Sardinien-Spur. Rotella war überzeugt davon, dass die Waffe, die bei dem gemeinschaftlichen Mord von 1968 benutzt worden war, den sardischen Clan nie verlassen hatte und dass einer aus diesem Kreis schließlich zur Bestie geworden war. Sein Hauptverdächtiger war nun Salvatore Vinci, und er baute mit Hilfe der Carabinieri sorgfältig die Anklage gegen ihn auf. Vigna hingegen war der Meinung, dass die Sardinien-Spur nirgendwo mehr hinführte. Er wollte alles über den Haufen werfen und mit den Ermittlungen ganz von vorn beginnen. Die polizia , die Staatspolizei, stimmte Vigna zu.
    In der Sondereinheit SAM sollten Polizeibeamte und Offiziere der Carabinieri eigentlich eng zusammenarbeiten. Das Problem war, dass Staatspolizei und Carabinieri selten gut miteinander auskamen und einander eher als Konkurrenten gegenüberstanden. Die polizia di stato ist eine zivile Behörde, die dem Innenministerium untersteht, die Carabinieri hingegen gehören als Teilstreitkraft zum italienischen Militär. Beide hüten als Exekutive die Gesetze. Wenn ein Kapitalverbrechen begangen wird, etwa ein Mord, eilen beide Organe zum Tatort und versuchen, das Verbrechen für sich zu beanspruchen. Eine Geschichte, vielleicht auch nur eine Legende, erzählt von einem Bankraub, bei dem sowohl die Carabinieri als auch die Polizei die flüchtenden Verbrecher jagten und stellten. Vor den Räubern entbrannte ein Streit darum, wem die Festnahme denn nun gehörte, und man einigte sich schließlich darauf, die Beute aufzuteilen – die Polizei bekam die Räuber, und die Carabinieri nahmen den Fluchtwagen, das geraubte Geld und die Waffen mit.
    Die Uneinigkeit zwischen Vigna und Rotella, die immer bitterer wurde, hielten die Ermittler jahrelang geheim. Nach außen hin schien es so, als werde weiterhin hauptsächlich in Richtung der Sardinien-Spur ermittelt, doch die Kritik daran, und an

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