Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Bestie von Florenz

Die Bestie von Florenz

Titel: Die Bestie von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Douglas & Spezi Preston , Mario Spezi
Vom Netzwerk:
möglicherweise von einem oder mehreren Unbekannten ermordet worden sei, über die er zu viel wusste.
    Der Prozess gegen Paccianis Picknick-Freunde Vanni und Lotti begann im Juni 1997. Hier stand Lottis Aussage, bestätigt vom geistig behinderten Pucci, gegen Vannis inhaltsleere und wirre Beteuerungen, er sei unschuldig. Es war ein Trauerspiel. Vanni und Lotti wurden in allen vierzehn Bestien-Mordfällen für schuldig befunden; Vanni wurde zu lebenslanger Haft verurteilt, Lotti zu sechsundzwanzig Jahren. Offenbar machte die Vorstellung, drei ungebildete, geistig minderbemittelte Säufer könnten über einen Zeitraum von elf Jahren hinweg vierzehn Menschen ermordet haben, zu dem Zweck, Sexualorgane der weiblichen Opfer zu rauben, weder die Presse noch die Öffentlichkeit skeptisch.
    Außerdem blieb das Hauptmotiv in dem Prozess völlig unberücksichtigt: Warum hatten Pacciani und seine Picknick-Freunde diese Geschlechtsorgane überhaupt gestohlen? Hauptkommissar Giuttari jedoch hatte sich diese Frage bereits vorgenommen. Und er hatte eine Antwort: Hinter den Bestien-Morden stand ein Satanskult. Dieser finstere Geheimbund reicher und mächtiger Leute, die, scheinbar über jeden Verdacht erhaben, die höchsten Positionen in Gesellschaft, Wirtschaft, Justiz und Medizin besetzten, hatten Pacciani, Vanni und Lotti angeheuert. Die drei hatten Pärchen ermordet, um an weibliche Geschlechtsorgane zu gelangen, die bei schwarzen Messen als obszöne, blasphemische »Hostien« dienten.
    Um dieser neuen Hypothese nachzugehen, stellte Hauptkommissar Giuttari eine Sonderkommission auf, die er Gruppo Investigativo Delitti Seriali (GIDES) oder Sonderermittlungseinheit für Serienmorde nannte. Sie richtete sich im obersten Stockwerk eines monströsen, modernen Zementgebäudes in der Nähe des Flughafens ein, das Il Magnifico genannt wurde, nach Lorenzo il Magnifico. Er versammelte ein Team der besten Kriminalbeamten um sich. Ihre einzige Mission: die mandanti , die Auftraggeber oder Drahtzieher hinter den Morden der sogenannten Bestie von Florenz, zu identifizieren und festzunehmen.
    Aus dem Mount Everest von Beweisen im Bestien-Fall hatte Giuttari ein paar Kieselsteinchen herausgeschlagen, von denen er meinte, dass sie seine neue Hypothese stützten. Zunächst einmal hatte Lotti eine beiläufige Bemerkung gemacht, die man damals ignoriert hatte: Ein Doktor habe Pacciani ein paar kleine Aufträge gegeben. Für Giuttari belebte dies den uralten Verdacht, dass ein Arzt für die Morde verantwortlich sei – diesmal nicht als Täter selbst, sondern als Hintermann. Und dann war da noch Paccianis Geld. Nach dem Tod des alten Bauern hatte sich herausgestellt, dass er reich war. Er besaß zwei Häuser und Postanleihen im Wert von umgerechnet über hunderttausend Euro. Giuttari konnte nicht feststellen, woher dieses Vermögen stammte. Das hätte ihn eigentlich nicht überraschen sollen – damals lief ein nicht unerheblicher Teil der italienischen Wirtschaft unter der Hand ab, und viele Leute besaßen unerklärliche Summen. Giuttari jedoch schrieb dem einen finstereren Grund zu: Der Reichtum des Bauern stammte aus dem Verkauf der Leichenteile, die er und seine Picknick-Freunde über Jahre hinweg gesammelt hatten.
    In einem Buch, das Hauptkommissar Giuttari später über den Fall schrieb, erklärte er seine Satanssekten-These genauer. »Die besten Opfer zur Anrufung von Dämonen sind menschliche Opfer, und der am besten geeignete Tod [Hervorhebung Giuttari] für solche Opfer ist der Tod während des Orgasmus, als mors iusti bezeichnet. Ein ähnliches Motiv führte zu den Morden der ›Bestie‹, die zuschlug, während ihre Opfer sich liebten … In genau diesem Augenblick [des Orgasmus] werden starke Energien frei, die unerlässlich bei satanischen Ritualen sind, weil sie dem Ausübenden und dem Ritual, das er zelebriert, Macht verleihen.«
    Der Kommissar grub tief in mittelalterlichen Lehren und Legenden herum und fand einen möglichen Namen für diese Sekte: Die Schule der Roten Rose, ein uralter, fast vergessener diabolischer Geheimbund, der die florentinische Geschichte über Jahrhunderte hinweg mit geprägt haben sollte, eine Art pervertierter Prieuré de Sion – Pentakel, schwarze Messen, Ritualmorde, dämonische Altäre und so weiter. Die Schule, so behaupteten einige, war ein abartiger Ableger eines alten Geheimbundes, Ordo Rosae Rubae et Aurae Crucis, einer okkulten Gesellschaft nach dem Vorbild der Freimaurer, die mit dem englischen

Weitere Kostenlose Bücher