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Die Bestie von Florenz

Die Bestie von Florenz

Titel: Die Bestie von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Douglas & Spezi Preston , Mario Spezi
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Berufungsgericht, Francesco Ferri, der Pacciani freigesprochen hatte, beobachtete die neuen Ermittlungen mit wachsender Bestürzung und Wut. Er zog sich von seinem Richteramt zurück, um ein Buch zu schreiben, das mit dem Titel Il caso Pacciani , »Der Fall Pacciani«, Ende 1996 hastig veröffentlicht wurde.
    In diesem Buch prangerte Ferri die neuen Ermittlungen gegen die Picknick-Freunde an. »Das Schlimmste«, schrieb Ferri über Giuttaris neue Zeugen, »sind nicht ihre unwahrscheinlichen Aussagen selbst oder ihr Mangel an Glaubwürdigkeit, sondern die Tatsache, dass ihre Aussagen so offensichtlich falsch sind. Diese beiden Individuen [Pucci und Lotti] … haben Einzelheiten der Morde beschrieben, deren Augenzeugen sie angeblich waren, die nicht mit der damaligen Beweislage übereinstimmten. Es steht fest, dass Pucci und Lotti primitive, gewohnheitsmäßige Lügner sind … Es ist schwer zu glauben, dass ihren Geschichten auch nur das geringste Körnchen Wahrheit zugrunde liegt.«
    Der Richter fuhr fort: »Es stinkt zum Himmel … Es ist nicht zu fassen, dass bisher niemand die schwerwiegenden Fehler in den Geschichten von Pucci und Lotti angeprangert hat, weder die Ermittler noch die Verteidiger oder die Presse … Das Außergewöhnlichste jedoch, umso außergewöhnlicher, weil es ebenfalls noch niemand bemerkt zu haben scheint, ist die Tatsache, dass Lotti monatelang an einem geheimen Ort festgehalten wurde. Dort hat er geschlafen, gegessen und vielleicht sogar hauptsächlich getrunken, womöglich noch weitere Belohnungen erhalten, wie eine Henne, von der sie hin und wieder ein goldenes Ei erbitten, und all das abgeschottet von der Presse. So tröpfeln die Enthüllungen nur langsam hervor, eine nach der anderen, mehr oder weniger widersprüchlich.«
    Der Richter brachte auch eine Erklärung dafür vor. »Die geistige Flexibilität der Zeugen, das Fehlen jeglicher Moral und die Hoffnung auf Straffreiheit oder andere Vorteile reichen aus, um ihre verdrehten Zeugenaussagen zu erklären.« Ferri schloss mit den Worten: »Ich konnte nicht länger schweigen angesichts einer Ermittlung, die sich so weit abseits von Logik und Recht bewegt, geleitet von Vorurteilen und gestützt durch Geständnisse, die um jeden Preis aufrechterhalten werden.«
    Bedauerlicherweise war Ferri kein fesselnder Erzähler und völlig ahnungslos, was die Verlagswelt anging. Sein Buch erschien bei einem winzigen Verlag, der es kaum vertrieb und nur wenige Exemplare druckte. Der Fall Pacciani ging unter wie ein Stein, von der Presse wie von der Öffentlichkeit so gut wie unbemerkt. Die neue Ermittlung gegen die Bestie von Florenz segelte unter ihrem furchtlosen Kapitän Michele Giuttari weiter voran, von Ferris Vorwürfen kaum behelligt.
    Im Oktober 1996 wurde Vigna, der leitende Staatsanwalt im Bestien-Fall, zum Direktor der Antimafia-Behörde Italiens befördert – das ist der mächtigste und prestigeträchtigste Posten des italienischen Polizeisystems. (Wie Sie sich sicher erinnern, hatte Perugini es durch den Bestien-Fall bereits zu einem Posten in Washington, D. C., gebracht.) Andere Ermittler, die mitgeholfen hatten, Pacciani vor Gericht zu bringen, hatten den Fall ebenfalls als Sprungbrett zu höheren Positionen benutzt. Ein hochrangiger Carabiniere hatte, was diesen Fall anging, eine einzigartige Theorie über die Strafjustiz, in die er Spezi einweihte.
    »Haben Sie schon mal darüber nachgedacht«, sagte er, »dass der Prozess gegen Pacciani nichts weiter sein könnte als ein Mittel zu dem Zweck, Macht zu erlangen und zu verteilen?«

Kapitel 29
    Pacciani blieb auf freiem Fuß und galt offiziell als unschuldig, während Giuttari eine neue Anklage gegen ihn vorbereitete. Doch die Aufregung war zu viel für den toskanischen Bauern, und am 22. Februar 1998 fiel das »unschuldige Lamm« mit einem Herzinfarkt tot um.
    Es dauerte nicht lange, bis die Gerüchteküche verkündete, Pacciani sei gar nicht an einem Herzinfarkt gestorben, sondern ermordet worden. Giuttari schritt sofort zur Tat, ließ den Leichnam des Bauern exhumieren und auf Spuren einer Vergiftung untersuchen. Das Ergebnis? Sein Tod war »kompatibel« mit einer Vergiftung – durch eine Überdosis seiner Herzmedikamente. Ärzte wiesen darauf hin, dass Herzpatienten, wenn sie einen Infarkt erlitten, oft zu ihren Medikamenten griffen und zu viel davon einnahmen. Doch das war eine viel zu prosaische Erklärung für Hauptkommissar Giuttari, der die Theorie aufstellte, dass Pacciani

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