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Die Bestie von Florenz

Die Bestie von Florenz

Titel: Die Bestie von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Douglas & Spezi Preston , Mario Spezi
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vorbei nach draußen gerast, und dann habe der fette Sechzigjährige den jungen Mann in den Wald verfolgt, auf ihn gefeuert und ihn mit einem Schuss aus der Pistole getötet.
    Nichts davon passte zu den vorliegenden Beweisen. Der Schnitt in der Zeltwand war knapp zwanzig Zentimeter lang und nur in der Außenhaut, das Innenzelt war nicht beschädigt. Durch diesen Riss hätte niemand in das Zelt eindringen können. Die Patronenhülsen waren alle vor dem Zelteingang gefunden worden. Wenn sich die Tat so abgespielt hätte, wie Lotti behauptete, hätten die Hülsen am Fluchtweg des jungen Mannes entlang über die Lichtung verteilt sein müssen. Lottis ursprüngliche Schilderung des Verbrechens widersprach nicht nur den Funden am Tatort, sondern auch den psychologischen Analysen, dem Resultat der Autopsien und der Rekonstruktion des Verbrechens.
    Noch wackeliger war Lottis »Geständnis«, was den Doppelmord in Vicchio anging. Lotti erzählte, das Mädchen sei von den ersten Schüssen nur verwundet worden und Vanni habe, um sich nicht schmutzig zu machen, einen langen Mantel übergezogen. Sie habe geschrien, während Vanni sie aus dem Auto gezerrt, auf die Wiese voller Blumen und Kräuter geschleift und mit dem Messer erledigt habe. Wieder passte nichts an seiner Aussage zu den Fakten: Der erste Schuss, eine Kugel in den Kopf, hatte die junge Frau getötet, die nicht einmal mehr genug Zeit gehabt hatte, um zu schreien. Der Gerichtsmediziner hatte festgestellt, dass sämtliche Messerschnitte post mortem geführt worden waren. Und bei keinem der beiden Verbrechen hatte es irgendeinen Hinweis auf die Anwesenheit eines zweiten Täters gegeben.
    Schließlich war da noch die entscheidende Frage, wann der Mord an den französischen Touristen begangen worden war. Die Ermittler hatten sich auf Sonntagnacht festgelegt. Aber zahlreiche Indizien, vor allem die Aussage von Sabrina Carmignani, sprachen dafür, dass das Verbrechen in der Samstagnacht geschehen war.
    Warum sollte Lotti ein falsches Geständnis ablegen? Die Antwort ist nicht schwer zu verstehen. Lotti war vom Dorfdeppen zum Hauptzeugen und sogar zur Co-Bestie von Florenz aufgestiegen. Er stand im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit des gesamten Landes, sein Bild war auf den Titelseiten der Zeitungen, Ermittler hingen an seinen Lippen. Obendrein bekam er in Arezzo Unterkunft und Verpflegung und wurde vielleicht sogar großzügig mit Wein versorgt.
    Zusätzlich zu dieser Geschichte bekamen Giuttari und seine Leute von den Algebra-Zeugen auch noch Aussagen über Vannis sexuelle Abartigkeit. Einige dieser Aussagen waren unfreiwillig komisch. In einer solchen Anekdote war Vanni beispielsweise mit dem Bus zu einer Hure in Florenz unterwegs. Der Busfahrer nahm eine Kurve etwas zu flott, und dabei fiel Vanni ein Vibrator aus der Tasche. Er rollte kreuz und quer im Bus herum, während Vanni auf Händen und Knien hinterherkroch und versuchte, ihn wieder einzufangen.
    »Die zweite Ermittlung gegen die Bestie von Florenz erforscht nicht mehr nur die Serienmorde eines Einzeltäters, sondern eine Serie von Morden, die von mehr als einer Person begangen wurden«, erklärte Staatsanwalt Vigna der Presse. Statt eines einsamen, psychopathischen Killers streifte also nun eine ganze Bande von Bestien durch die toskanische Landschaft – die Picknick-Freunde.
    Ghiribelli, die alkoholkranke Prostituierte, erzählte den Ermittlern eine weitere Geschichte, die später eine große Rolle spielen sollte. Sie behauptete, Pacciani und seine Picknick-Freunde hätten oft das Haus eines selbsternannten Druiden oder Magiers aufgesucht (der im Hauptberuf Zuhälter war), wo sie schwarze Messen abhielten und den Teufel anbeteten. »Gleich im ersten Zimmer, wenn man reinkam«, erzählte Ghiribelli, »standen überall alte Kerzen, ein fünfzackiger Stern war mit Kohle auf den Boden gezeichnet, es war unbeschreiblich dreckig und unordentlich, überall Kondome und Schnapsflaschen. Da stand ein großes Bett, und auf dem Laken waren Blutflecken. Die Flecken waren so groß wie ein normales Blatt Papier. Diese Spuren habe ich jeden Sonntagmorgen da gesehen, neunzehnhundertvierundachtzig und fünfundachtzig.«
    Der Druiden-Zuhälter, den sie nannte, war zehn Jahre zuvor verstorben, und es erwies sich als unmöglich, Ghiribellis Behauptungen zu überprüfen. Dennoch nahm Giuttari all das auf und trieb den Fall damit weiter voran – sicher, nun endlich auf der richtigen Spur zu sein.
    Der vorsitzende Richter am

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