Die Bestie
recht erfolgreicher Geschäftsmann, der plötzlich auf etwas gestoßen ist, das nicht ganz zu passen scheint. Ich bin bei klarem Verstand. Eine Nachforschung kann mir physisch weder schaden noch nützen. Mein Leben liegt vor mir und nicht hinter mir.« Es würde keine Rolle spielen, sagte er sich, ob er jemals etwas in Erfahrung bringen würde oder nicht. Die Vergangenheit zählte nicht. Er könnte den Rest seines Lebens leben, ohne mehr zu verspüren als gelegentlich einen Funken von Neugier ... Wo zum Teufel war Nickson? Den Hut in der Hand, stand er in der großen Vorhalle und wartete darauf, daß der Butler das Geräusch der sich öffnenden Haustür mit seiner Gegenwart quittierte.
Doch es kam niemand. Stille herrschte im großen Haus. Er drückte auf Klingelknöpfe, aber es rührte sich nichts. Pendrake warf seinen Hut auf einen Sessel, spähte in das ausgestorbene Wohnzimmer und strebte dann ärgerlich zur Küche.
»Sybille«, begann er irritiert, »ich möchte ...«
Er verstummte abrupt. Das Echo seiner Stimme widerhallte in der leeren Küche, in der sich auch weder die Köchin noch die beiden hübschen Küchenmädchen sehen ließen. Auch die Speisekammer und der Vorratsraum waren leer. Wenige Minuten später stieg Pendrake die Haupttreppe hinauf, als er plötzlich das Geräusch murmelnder Stimmen vernahm.
Die Laute kamen aus dem Salon im ersten Stock. Seine Hand bereits auf der Türklinke, verharrte er reglos, als ein langer, spannungsgeladener Moment der Stille jählings von der klaren Stimme Anrellas durchbrochen wurde, die sagte: »Wirklich, dieses Argument ist unbegründet. In meinem Alter hat man nicht mehr das Gefühl des Besitztums. Es besteht keine Notwendigkeit für Sie, mich davon zu überzeugen, daß der arme Jim die logisch einzig in Frage kommende Person für diese Aufgabe ist. Was haben Sie unternommen, was Sie mir noch nicht gesagt haben?«
»Wir bringen seine Ehefrau zurück.« Zu Pendrakes Erstaunen war es die Stimme von Peter Yerd, einem der millionenschweren Kunden des Nesbitt-Unternehmens.
»Oh!«
»Sie dürfte in zwei Monaten oder so in Crescentville sein.«
»Was werden Sie ihr sagen?« fragte Anrella.
»Das ist noch nicht entschieden; aber wenn wir ihn ihr unmittelbar nach ihrer Rückkehr übergeben, und wenn sie den Zustand sieht, in dem er sich befindet, und die Aufgabe erhält, ihn zu pflegen, wird sie zu beschäftigt sein, um Ärger zu machen.«
»Das stimmt ...« Anrellas Stimme klang nachdenklich. »Was haben Sie sonst noch unternommen?«
Diesmal antwortete ihr Nypers' Stimme, und das überraschte Pendrake momentan mehr, als alles andere bisher Geschehene. Dann dachte er: »Natürlich!« Welche andere Erklärung gäbe es für die Bemerkung, die der alte Mann gemacht hatte, als die, daß er ebenfalls einer der Verschwörer war?
Als sich Pendrake von dem Schock erholt hatte, stellte er fest, daß Nypers dabei war, die Unterhaltung am Vormittag zu beschreiben. Nypers lachte in sich hinein. »Ich konnte buchstäblich sehen, wie es in ihm arbeitete, und später ließ er sich mehrere Akten kommen. Er hat also bereits zu grübeln begonnen.«
Die Stimme des alten Mannes fuhr fort: »Ich hatte keine Ahnung, daß ich über eine derartige Begabung zur Intrige verfüge. Ich habe alles getan, wozu ich bei unserer letzten Zusammenkunft beauftragt worden bin. Mr. Pendrake in Verwirrung zu bringen, war einfach genug, doch das Interview mit Präsident Dayles erforderte enorme Selbstkontrolle und eine sorgfältige Phrasierung der Antworten, damit der Lügendetektor nicht ausschlug. Da ich in den wesentlichen Punkten bei der Wahrheit blieb, befürchte ich keine üblen Rückwirkungen, obwohl ich glaube, daß diese Frau uns nachspüren wird. Ich fürchte, das Risiko müssen wir eingehen.« Er schloß: »Meiner Meinung nach haben wir den einzig richtigen Zeitpunkt abgepaßt, den Präsidenten einzuweihen – als er sich nämlich hier an Ort und Stelle befand und ohne Verzug Mr. Pendrake von Angesicht zu Angesicht kennenlernen konnte.«
»Wir haben wirklich keine andere Wahl«, sagte eine neue Stimme, und Pendrake schrak wiederum zusammen, denn es war die Stimme von Nesbitt selbst, dem Eigentümer der Nesbitt-Gesellschaft. »Es steht außer Zweifel, daß uns zur Zeit völlige Vernichtung droht. Die Morde unserer Wissenschaftler erwecken den Anschein, daß irgend jemand mit den gesamten Einzelheiten des Lambton-Projekts vertraut ist. Wenn wir recht haben – wenn eine Geheimgruppe
Weitere Kostenlose Bücher