Die Bestie
leben.«
»Ja, Chris Devlin«, knurrte ein Mann, »das ist genau, was dir eines nicht mehr fernen Tages bevorsteht.«
»Fang bloß etwas an!« schnappte Devlin zurück. »Auf dich haben wir gerade gewartet.«
»Das genügt!« Es war der Große Trottel. »Der Fremde bleibt am Leben. Du kannst dich für eine Weile mit Morrison zusammentun. Und paß auf, Pendrake, ich möchte mit dir reden, sobald du dich gut ausgeschlafen hast. Habt ihr gehört, ihr Kerle? Bringt ihn dann zu mir. Und jetzt haut ab, alle zusammen.«
3
Pendrake aß und schlief, aß und schlief ein zweites Mal.
Er erwachte aus seinem dritten Schlaf mit der klaren Erkenntnis, daß er seinen Besuch beim Großen Trottel nun nicht länger hinausschieben durfte.
Doch er blieb noch ein paar Minuten liegen. Nicht, daß sein Schlafraum besonders komfortabel gewesen wäre. Das flimmernde Licht von den Wänden war zu hell für Augen, die zum Ausruhen Dunkelheit benötigten. Das Bett, wenn auch weich, war trogförmig, die beiden langen, lehnenlosen Hocker ebenfalls. Die Tür, die zum benachbarten Raum führte, war sechzig Zentimeter hoch, wie der Eingang zu einem Iglu.
Ein kratzendes Geräusch ließ sich vernehmen. Ein Kopf schob sich durch die Türöffnung, und ein hagerer, langer Mann kam hereingekrochen und stand auf. Es dauerte einen Moment, bis Pendrake Chris Devlin erkannte, den Mann, der sich gegen seine Hinrichtung ausgesprochen hatte. Devlin sagte: »Ich stehe unter Beobachtung. Mein Kommen macht Sie deshalb zu einer verdächtigen Person.«
»Gut«, entgegnete Pendrake.
»Was!« Der Mann sah ihn erstaunt an, und Pendrake erwiderte den Blick kühl. Devlin fuhr zögernd fort: »Sie haben sich also die Dinge durch den Kopf gehen lassen.«
»Und wie«, meinte Pendrake.
Devlin ließ sich auf einem der Segeltuchstühle nieder. »Hören Sie«, sagte er, »Sie scheinen ein Mann nach meinem Geschmack zu sein. Ich möchte Sie etwas fragen: Die Methode, mit der Sie Troger fertiggemacht haben ... war das ein Zufall?«
»Ich könnte auch mit dem Großen Trottel so umspringen«, entgegnete Pendrake ausdruckslos.
Er sah, daß Devlin beeindruckt war, und er lächelte bei sich über die Wirksamkeit der simplen Psychologie, die er angewendet hatte – die Psychologie der wohlerwogenen Positivität.
»Es ist zu schade«, meinte Devlin, »daß ein Mann mit Ihrem Mumm so dumm sein kann. Mit dem Großen Trottel kann es niemand aufnehmen. Darüberhinaus würde er einem direkten Angriff von vornherein aus dem Weg gehen.«
Pendrake erwiderte rasch: »Worauf es wirklich ankommt, ist: Auf wie viele Männer können Sie sich fest verlassen?«
»Auf etwa einhundert. Zweihundert weitere würden auf meine Seite kommen, wenn sie den Mut hätten; wir können erst dann mit ihnen rechnen, wenn sich die Lage zu unseren Gunsten gewendet hat. Damit verbleiben zweihundert entschlossene Gegner, und vielleicht können sie noch ein weiteres hundert so weit einschüchtern, daß sie sich ebenfalls gegen uns wenden.«
»Hundert Leute genügen vollauf«, sagte Pendrake. »Sehen Sie, die Welt wird nur von kleinen Gruppen von Männern regiert. Fünfhundert entschlossene Männer und zweihunderttausend Nachläufer stürzten die Zarenherrschaft in einem Rußland von hundertfünfzig Millionen Menschen. Hitler ergriff die Macht in Deutschland mit einer verhältnismäßig kleinen Gruppe tatkräftiger Gefolgsleute. Doch ich habe ein paar Ratschläge für Sie, Devlin.«
»Ja?«
»Besetzt die Wasserquelle. Erobert die Stellen, die unter Bewachung stehen, und haltet sie unter allen Umständen. Ergreift das Vieh!« Pendrake zögerte einen Moment; dann: »Wie viele Ehefrauen haben Sie, Devlin?«
Der Mann fuhr auf und wechselte die Farbe. Dann sagte er wütend: »Wir lassen die Frauen besser aus dem Spiel, Pendrake. Unsere Leute haben so lange ohne Frauen leben müssen, daß ... wir sämtliche Anhänger verlieren würden.«
»Wie viele Frauen?« fragte Pendrake unerschüttert.
Devlin starrte ihn an. Er war jetzt bleich, und seine Stimme klang rauher. »Der Große Trottel war verdammt schlau«, gab er zu. »Als wir jene fremden, uniformierten Frauen entführten, gab er jedem seiner hundert ärgsten Gegner zwei Frauen.«
»Sagen Sie Ihren Leuten«, befahl Pendrake, »sie sollen sich davon diejenige aussuchen, die ihnen am besten gefällt, und die andere in Ruhe lassen. Haben Sie verstanden?«
Devlin war aufgesprungen. »Pendrake«, sagte er mit schlecht verhüllter Erregung, »ich warne
Weitere Kostenlose Bücher