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Die Bestie

Die Bestie

Titel: Die Bestie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. E. van Vogt
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Zeitspanne, die Morrisons Worte andeuteten, war atemberaubend, doch etwas anderes interessierte ihn im Augenblick brennender. »Und er lebt seit einer Million Jahre hier, sagten Sie.«
    Das hagere Gesicht verzerrte sich angstvoll. Der Mann sah sich hastig um. Seine Hand fuhr zum Griff seines Messers. Dann sah er Pendrakes Blick und ließ den Knauf los. Er zitterte am ganzen Körper. »Sagen Sie das nicht noch einmal«, flüsterte er verzweifelt. »Es war verrückt von mir, es Ihnen zu sagen, aber es ist mir zufällig entschlüpft.«
    Es konnte kein Zweifel an seiner Furcht bestehen. Sie war echt, und sie machte auch alles andere wahr und echt – die Million Jahre, den Großen Trottel, die ewige Stadt dort unten. Einen Moment lang beobachtete er, wie es im Gesicht des Schwächlings arbeitete. Dann sagte er: »Ich werde kein Wort sagen, aber ich möchte genau wissen, was es mit all diesem hier auf sich hat. Wie sind Sie hierher auf den Mond gekommen?«
    Morrison beugte sich vor. Schweißtropfen rannen ihm die Wangen hinunter. Pendrake erschien es nahezu unglaublich, daß ein Mann sich derart fürchten konnte. »Ich kann es Ihnen nicht sagen«, entgegnete Morrison mit panikerfüllter Stimme. »Sie werden mich sonst ebenfalls der Bestie vorwerfen. Der Große Trottel hat mehrmals schon gesagt, daß es zu viele von uns hier gibt, von dem Augenblick an, als wir jene ausländischen Mädchen zu entführen begannen.«
    »Ausländische Mädchen!« rief Pendrake aus und verstummte dann jäh, während sich seine Augen zu schmalen Schlitzen verengten. Das würde die Frauen in Uniform erklären, die er auf den Straßen gesehen hatte. Demnach trugen die Angehörigen der Geheimorganisation Ragnarök in ihren Stützpunkten Uniform! Doch in welch Hornissennest stocherten diese Höhlenbewohner da herum!
    Morrison fuhr mit scharfem Tonfall fort: »Der Große Trottel und seine Freunde sind ganz versessen auf Frauen. Trottel hat jetzt fünf Frauen, nicht gezählt die beiden, die Selbstmord verübt haben, und er hat weitere Raubexpeditionen ausgeschickt. Wenn sie zurückkehren ... nun, er wartet bloß auf eine Gelegenheit, die letzten anständigen Männer hier umzubringen.«
    Das Bild war jetzt klarer; was an Einzelheiten noch fehlte, schien weniger wichtig zu sein. Pendrake war grimmig, als er reglos saß und sich in Gedanken die Katastrophe ausmalte, die die Hölle in den Garten von Eden gebracht hatte. Diese Narren, Morrison und die anderen »anständigen Männer«, dachte er, warteten wie eine Herde zitternder Schafe auf den Schlächter und summten dabei noch fröhliche Liedchen, um sich die Zeit zu vertreiben. Er öffnete die Lippen, um zu sprechen ... und wurde von einer Donnerstimme hinter ihm jäh unterbrochen. »Was ist denn das, Morrison? Der Gefangene ist kräftig genug, um sich aufzurichten, und du hast es nicht gemeldet? Vorwärts, marsch, Fremder! Ich bringe dich zum Großen Trottel.«
    Einen Augenblick lang saß Pendrake still und reglos. Der nadelscharfe Gedanke, der sich schließlich einstellte, sagte: Er war zu krank, zu schwach. Die Krise war zu früh gekommen.
    Nichtsdestoweniger erfüllte ihn Wachsamkeit und Kampfbereitschaft, als er die Straße der Ortschaft entlangging. Daß er überhaupt gehen konnte, war ermutigend. Er durfte noch nichts wagen, was irgendwelche Kraftanstrengungen erforderte, doch mußte er versuchen, noch ein paar »Tage« länger am Leben zu bleiben. Es galt, Zeit zu gewinnen, um zu beobachten, Wechselbeziehungen aufzustellen und schließlich die Anständigen unter den Männern, die laut Morrison niedergemetzelt werden würden, zu organisieren. Er verschwendete kaum einen Blick an den Häusern, an denen er vorüberkam, und das bunte Gemisch in Lumpen gekleideter Männer und uniformierter Mädchen aus Europa und Asien berührte nur die Ränder seiner Wahrnehmung. Sein Verstand, sein gesamtes Bewußtsein, war auf die Aufgabe konzentriert, die Schlüsselpositionen der Siedlung ausfindig zu machen.
    In plötzlichem Verständnis der nahezu militärischen Regelung, die hier hinter den lebenswichtigen Gütern stand, sah er zwei halbnackte Männer mit blauer Hautfarbe und breiten, flachen Nasen über einem Wasserlauf Wache stehen, der aus einer Felswand heraussprudelte und gurgelnd in einem Loch im Boden verschwand. Es gab andere bewachte Stellen, vor allem vier große Gebäude, doch war es auf den ersten Blick nicht ersichtlich, welchen Objekten die Bewachung galt.
    Pendrake schritt einige Meter weiter.

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