Die Bestie
Sie. Rühren Sie dieses Thema nicht an. Es ist Dynamit.«
»Sie Narr!« schnappte Pendrake. »Sehen Sie denn nicht, daß Sie zuerst Ordnung im eigenen Haus schaffen müssen, wenn Sie einen neuen Anfang machen wollen? Das menschliche Wesen tendiert dazu, gewisse Gewohnheiten anzunehmen. Wenn die Gewohnheiten schlecht sind – und die Weise, in der jene Frauen verteilt wurden, stempelt sie zu Vieh und ist deshalb durch und durch schlecht – ich wiederhole, wenn die Gewohnheiten schlecht sind, hat es gar keinen Zweck, den Geist ummodeln zu wollen. So ein Zustand kann nur durch Tod bereinigt werden, bevor man von Neuem beginnt ...« Er brach ab. »Überdies haben Ihre Leute keine andere Wahl. Wie Sie wissen, sollen Sie alle früher oder später getötet werden, und jene Frauen sind natürlich dazu bestimmt, Ihre Leute ruhig zu halten, bis der richtige Augenblick gekommen ist. Das ist Ihnen doch klar, oder?«
Devlin nickte widerstrebend. »Vermutlich haben Sie recht.«
»Und ob ich recht habe!« entgegnete Pendrake kalt. »Außerdem möchte ich meinen Standpunkt ein für allemal klar darstellen: Entweder wird dieses Spiel nach meinen Regeln gespielt, oder es wird ohne mich gespielt« – er stand in einer raschen, flüssigen Bewegung auf, und seine Stimme wurde grimmig, als er schloß – »und mir tun jetzt schon diejenigen leid, die sich mit dem Großen Trottel anlegen, ohne daß ihnen diese Muskeln hier damit helfen, daß sie ihn von ihnen abhalten. Nun, was sagen Sie dazu?«
Devlin blickte stirnrunzelnd zu Boden. Schließlich sah er auf, und ein mattes Lächeln glitt über sein Gesicht. »Sie gewinnen, Pendrake. Ich verspreche keine Resultate, aber ich werde mein Bestes tun. Unsere Leute sind im Grunde gutherzige Burschen – und zumindest wissen sie, daß sie sich mit einem prima Kerl eingelassen haben. Doch jetzt beeilen Sie sich besser, zum Großen Trottel zu kommen. Schreien Sie laut, wenn er was anfängt.«
»Haben Sie eine Ahnung«, fragte Pendrake, »was er von mir will?«
»Nicht die geringste«, lautete die Antwort, und Pendrake war bereits halbwegs zur Festung, als ihm erst einfiel, daß er noch immer nicht wußte, wie diese Wildwestleute zum Mond gekommen waren, und daß er vergessen hatte, Devlin zu fragen, ob die Höhlenbewohner intelligent genug gewesen waren, sich auf den bevorstehenden Angriff von Ragnarök – als Vergeltung für ihre Raubzüge – vorzubereiten.
Schweigend ließen ihn die Wachposten am Tor der Stockade passieren. Wenige Minuten später kroch der Große Trottel aus der niedrigen Tür seines Hauses und stand auf. Selbst in der aufrechten Haltung berührten seine Fingerknöchel den Boden. »Du hast dir ganz schön Zeit gelassen«, knurrte er.
»Ich bin ein kranker Mann«, erklärte Pendrake. »Diese Mondschwerkraft ermöglicht es, auch dann noch herumzugehen, wenn man auf der Erde das Bett hüten müßte. Die Prügel, die ich von deinen Leuten bezogen habe, waren meiner Genesung auch nicht gerade förderlich.«
Das Monstrum grunzte als Antwort, und Pendrake beobachtete es wachsam. Sie befanden sich allein im Innern der Pfahlfestung.
Pendrake sah, daß ihn die kleinen Augen der Kreatur prüfend betrachteten. Der Große Trottel brach das Schweigen. »Ich lebe hier seit sehr langer Zeit, Pendrake. Als ich hierher kam, war ich zuerst dumm und töricht, wie es alle diese anderen Kerle noch sind. Doch mein Gehirn ist im Laufe der Jahre irgendwie aufgewachsen, und jetzt verfüge ich über Verstand und denke über Dinge nach, die ihnen niemals auch nur einfallen würden. Wie zum Beispiel über diese Ragnarök-Gangster.«
Er schwieg einen Moment und sah Pendrake an. Pendrake zögerte und erwiderte dann: »Darüber zerbrich dir lieber den Kopf, und zwar schnellstens.«
Der Große Trottel winkte mit einem affenähnlichen Arm ab und zuckte die weit ausladenden Schultern. »Ich habe das nur als Beispiel erwähnt. Ich habe meine Pläne für diese Burschen schon gemacht. Was ich sagen will, ist: Wenn du mich ansiehst, denke von mir als von jemandem, der ein Gehirn mit einem klaren Verstand besitzt, und kümmere dich nicht um den Körper. Was meinst du dazu, heh?«
Pendrake blinzelte unwillkürlich. Der Appell kam derart unerwartet und das von ihm heraufbeschworene Bild eines gefühlvollen Geistes, der des tierhaften Körpers schmerzlich gewahr war, kam derart überraschend, daß er ungeachtet seiner inneren Einstellung gerührt war. Doch dann dachte er an die fünf Frauen und an die
Weitere Kostenlose Bücher