Die Bestie
willen, ich glaubte, wir hätten dieses Schreckgespenst schon seit langem überdauert!« Die Zellen erinnerten sich des vormaligen Feindes und krümmten sich in instinktiver Panik zusammen.
Pendrake benetzte seine trockenen Lippen; diesmal kam eine bewußte Überlegung: »Natürlich ist die Gefahr aus der Tierwelt noch nicht vorüber. Der Kampf, in dem sich der Mensch befindet, gilt nicht nur der Überwindung der Untiere und der Unordnung der Natur, sondern auch der Überwindung seiner eigenen tiefverwurzelten tierhaften Triebe und Impulse.«
Der Gedanke verging. Mit verengten Augen blickte er zum Großen Trottel hinüber. Der Tiermensch kniete ein Dutzend Schritte entfernt an der Felskante, ihn aufmerksam betrachtend. Pendrake sagte ausdruckslos: »Er muß gefüttert worden sein. Er muß mit Absicht am Leben erhalten worden sein.«
Blau-graue Augen, hart wie Schiefer, begegneten seinem Blick. »Anfangs«, erwiderte der Große Trottel, »fütterte ich ihn, um Gesellschaft zu haben. Ich war sehr allein. Ich verbrachte meine Zeit damit, auf der Felskante hier zu sitzen und ihm Worte zuzurufen. Dann, als die blauen Männer mit einer Herde Büffel erschienen, kam mir die Idee, daß ich ihn vielleicht eines Tages gut gebrauchen könnte. Er kennt mich jetzt.« Er schloß drohend: »Er hat eine Menge Männer in seinem Bauch, und er wird noch mehr kriegen. Paß auf, Pendrake, daß du keiner von ihnen sein wirst.«
Pendrake entgegnete langsam und ruhig: »Ich beginne zu verstehen. Diese ganze Mühe, die du dir mit mir machst ... du sprachst davon, daß die Maschine abgestellt werden müßte – und ich bin der einzige Mann hier, der etwas von Maschinen versteht. Bin ich auf der richtigen Fährte, Großer Trottel?«
Der Neandertaler erhob sich auf seine krummen Beine, und Pendrake folgte seinem Beispiel. Schritt um Schritt wichen sie von der Felskante zurück, ohne sich dabei aus den Augen zu lassen. Es war der Große Trottel, der dann sprach. »Du bist nicht der erste, aber die anderen sind nicht mehr hier.« Er zögerte einen Moment, dann: »Pendrake, ich biete dir die Hälfte von allem an. Ich und du, wir werden hier die Bosse sein, mit erster Wahl, was die Frauen und alle die anderen guten Sachen hier betrifft. Du weißt, wir dürfen die Erde nicht von diesem Ort wissen lassen. Es geht einfach nicht. Wir werden hier ewig leben, und wenn es dir gelingt, all die Maschinen in diesen Bauwerken dort in Gang zu setzen, dann können wir vielleicht eines Tages hinausgehen und uns von überall her alles holen, was wir wollen.«
Pendrake sagte: »Großer Trottel, hast du jemals von einer Wahl gehört?«
»Ah!« Die Schweinsäuglein starrten ihn argwöhnisch an. »Was ist das?«
Pendrake erklärte es ihm, und das behaarte Monstrum fuhr auf. »Du meinst«, explodierte es, »wenn es diesen Dummköpfen nicht gefällt, wie ich den Betrieb hier schmeiße, dann können sie mich einfach hinauswerfen?«
»So ist es«, erwiderte Pendrake. »Und nur auf diese Weise spiele ich mit.«
»Zum Teufel damit«, war die gefauchte Entgegnung. Und auf dem Rückweg zur Ortschaft sagte der Große Trottel mit gepreßter Stimme: »Man hat mir mitgeteilt, daß du dich mit Devlin unterhalten hast, Pendrake. Du ...« Er brach ab. Die Wut erstarb in ihm, als ob er sie mit einem Skalpell sauber herausgeschnitten hätte. Als Pendrake voller Verwunderung die Transformation vonstatten gehen sah, breitete sich ein Grinsen über das affenähnliche Gesicht aus. »Ich bin wütend geworden!« sagte der Große Trottel. »Ein Kerl, der eine Million Jahre gelebt hat und eine weitere Million Jahre vor sich hat, wenn er seine Karten richtig ausspielt!«
Pendrake schwieg; er fühlte die Augen des anderen auf sich. Die Worte des Affenmenschen gaben ihm zu denken. Mehr denn je erwies sich der Große Trottel als ein außerordentlich gefährlicher »Kerl«.
»Ich habe alle Asse in meiner Hand, Pendrake«, ertönte die Stimme des Großen Trottels, »und einen Royal Flush in meinem Ärmel. Ich kann nicht getötet werden – es sei denn, ein Felsblock fällt von der Decke ...« Er warf einen Blick in die Höhe und sah dann Pendrake an, während sein Grinsen breiter wurde. »Es ist mal mit einem Kerl passiert.«
Sie waren stehengeblieben. Sie befanden sich in einer kleinen Talsenke unter einer Gruppe von Bäumen. Die Ortschaft befand sich hinter dem Hügel vor ihnen, der alle Lebenszeichen abschirmte. Man hörte weder Lachen, noch Stimmen. Allein in einem seltsamen,
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