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Die Bestien von Belfast

Die Bestien von Belfast

Titel: Die Bestien von Belfast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Millar
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du uns, witterst du uns? Dreckskerl … wo zum Teufel bist du …?
    Völlig unvermittelt griff der Eber an; seine Muskeln ließen ihn mit unglaublicher Geschwindigkeit vorwärts schnellen.
    Der völlig überraschte Sean tastete wie ein Amateur nach seinem Gewehr, das noch gesichert war.
    Verdammt!
    Das Wildschwein hatte ihn auserkoren. Den Gefährlicheren zuerst erledigen, sich dann um den Rest kümmern.
    Sean gelang es endlich, das Gewehr zu entsichern; er zielte aus der Hüfte, spürte jedoch gleichzeitig, wie das Wildschwein grinsend und grunzend mit ihm zusammenstieß. Er kam nie dazu, den Abzug zu drücken. Das Tier rammte ihn nieder wie ein Güterzug.
    »Neiiin!«
     
    »Dad! Dad!«, schluchzte Robert und schüttelte seinen reglosen Vater.
    Der benommene Sean tauchte wie aus einem schwammigen Nebel auf. Sein sonst rosiges Gesicht war kalkweiß. »Robert …? Alles … in Ordnung? Wie lange war ich weg …?«
    »Ich … ich hab ihn, Dad! Ich hab ihn …«
    »Was? Gott …« Zu Seans Füßen lag der Eber, starrte mit trüben Augen zu ihm empor und grinste nicht mehr. »Du … hast es geschafft … du hast es geschafft, Robert! Mein Gott … du hast es geschafft …«
    »Ich hab ihn getötet, Dad! Mein erstes Wildschwein. Ich hab ihn getötet!«
    »Und was für ein Wildschwein!« Sean wischte hastig Rotz und Blut von seinem und Tränen von Roberts Gesicht. »Jetzt möchte ich, dass du etwas Feuerholz holst. Ich weide das Biest hier und jetzt aus. Es wäre schließlich dumm, wenn wir seine Scheiße und Pisse mit nach Hause schleppten, oder?«
    »Aber … willst du nicht, dass ich ihn ausweide? Gestern Abend hast du gesagt, dass ich das machen muss.«
    Sean lächelte. Es tat weh. »Diesmal mache ich es für dich. Du hast es dir verdient. Wirklich. Geh jetzt, aber sei vorsichtig. Halt die Ohren offen.«
    Robert stieß Luft aus. Die Erleichterung stand ihm im Gesicht geschrieben, als er Holz holen lief.
    Im tiefsten Inneren wusste Sean, dass er es nicht persönlich nehmen sollte, aber er konnte nicht anders. Der Eber atmete flach. Wieder stand Trotz in seinen Augen.
    »Normalerweise würde ich dich von deinem Elend erlösen, Freund, und dir einfach sauber die Kehle aufschlitzen.« Sean zückte ein gezacktes Messer, betrachtete sich darin und erschrak über das, was er sah. »Aber du sollst leiden.« Er hielt dem Eber das Messer direkt unter die Kehle und setzte den Schnitt langsam und bewusst an.
    Balzende Ringeltauben flatterten von einem Baum hoch und erschreckten ihn, was ihn nur noch zorniger machte.
    »Warum schreist du nicht? Schrei, dann mache ich schnell.«
    Das Tier sah ihn nur an und gab keinen Laut von sich.
    »Schrei, du Drecksvieh, wie du mich gezwungen hast, vor meinem Sohn zu schreien. Schrei!« Sean hieb so heftig mit dem Messer auf den Eber ein, dass das Blut auf ihn spritzte. »Schrei, verdammt … verdammt …«
    Sekunden wurden zu Minuten. Die Wut verrauchte.
    Erschöpft sah Sean zu, wie die Eingeweide aus dem Eber herausquollen wie der Jackpot aus einem einarmigen Banditen in Las Vegas. Er erinnerte sich, wie er einmal ein ganzes Wespennest im Magen eines Ebers gefunden hatte – und einige Wespen hatten noch gelebt.
    Er beugte sich vor, betrachtete das Erste, das aus dem Magen des Ebers fiel, und stocherte es mit dem Messer aus den blutigen Gedärmen hervor. Der Kadaver eines toten Vogels schwamm in der blutigen
soupe du jour
. Der Rest des Menüs bestand überwiegend aus halb verdauten Pflanzen: Wurzeln, Beeren und Tomaten. Eine wilde, arg zerkaute Rübe sorgte für Würze.
    »Diese Fernsehköche könnten von dir noch was lernen, Freund«, sagte Sean lächelnd, während ihm die Erleichterung im Gesicht geschrieben stand. Dann verschwand das Lächeln so plötzlich, wie es gekommen war.
    Plötzlich grinste der Eber abermals trotzig, Heiterkeit stand in seinen Augen. Die Augen des Tieres bildeten einen starken Kontrast zu den Augen der vermeintlichen Rübe.

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    Kapitel  Zweiundzwanzig
    Dienstag, 27 .Februar (Nachmittag)
    »Falls Sie einen schönen, frischen Leichnam haben, bringen Sie ihn her!« Mark Twain,
Die Arglosen im Ausland
    Zwei Tage später betrat Karl das Labor von Tom Hicks. Der Gerichtsmediziner stand über einem Metalltisch und wirkte gedankenverloren in seiner Welt der Toten. Vor ihm lagen Fleischbrocken wie in der Auslage eines Metzgers.
    Der Gestank im Raum war unerträglich. Selbst Oberflächen, denen normalerweise kein Geruch anhaftete, schienen abstoßende

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