Die Bestien von Belfast
Ausdünstungen abzusondern. Karls Fantasie beschwor Bilder herauf, die er lieber nicht gesehen hätte.
Widerwillig trat er näher an Hicks heran und verbarg seinen Ekel.
»Ich sage nicht gern etwas Schlechtes über Tote, aber der da ist wirklich hässlich, Tom.«
»Ein Schwein«, sagte Hicks, ohne Karl anzusehen. »Ein wilder Eber, wie es aussieht.«
»Ich wusste gar nicht, dass du auch Tiere sezierst.«
»Normalerweise nicht. Das hier haben Jäger vor zwei Tagen erschossen. Vater und Sohn. Als der Vater es ausweiden wollte, stieß er auf eine Überraschung.«
Tom nickte zu einer blutigen, unvollständigen Kugel auf dem anderen Tisch.
Karl wich vorsichtig einen Schritt zurück. »Das ist doch nicht, wofür ich es halte?«, fragte er.
»Ein stark verwester, abgehackter Kopf?«
»Ja …«
»Falsch. Ganz falsch. Es ist ein stark verwester,
halb abgekauter
Kopf«, verbesserte Tom. »Nebst zwei Händen und einem linken Fuß.«
»Was ist passiert? Hat sich das Schwein auf einem Friedhof über die Toten hergemacht?«
Tom schüttelte den Kopf. »Wohl kaum. Keine Friedhöfe in einem Umkreis von drei Meilen um das Jagdrevier. Es ist noch früh, aber ich wage die Prognose, dass diese Burschen eines gewaltsamen Todes gestorben sind.«
Karl runzelte die Stirn. »Burschen?«
»Die Hände. Sie passen nicht zusammen. Beide wurden fachmännisch abgetrennt.«
Plötzlich fühlte sich Karls Magen wie ein Eimer voll Ratten an.
»Ich hoffe, wir haben es nicht mit einem Irren zu tun, der da draußen einen auf Burke & Hare macht, Tom.«
»Mich überrascht nichts mehr. Die Menschen sind schon lange keine Menschen mehr.«
»Die Hände gehören Männern? Definitiv?«
»Aufgrund der Größe, den Haaren auf den Fingern und so weiter, bin ich zu neunundneunzig Prozent sicher. Das restliche Prozent habe ich in zwei Stunden geklärt.«
»Das mag ich so an dir: deine Bescheidenheit und Unsicherheit. Was ist das für ein halb zerbissenes Metallding?«, fragte Karl und zeigte auf den anderen Tisch.
»Daran arbeite ich noch. Bisher konnte ich mich noch nicht groß damit beschäftigen. Mein Assistent ist heute Morgen nicht aufgekreuzt. Krank, behauptet er. Der weiß gar nicht, was krank heißt. Hier stapeln sich die Toten, die untersucht werden müssen, und er jammert, weil ihm die Nase läuft. Zweifellos macht er da draußen Party. Mit dem werde ich ein Hühnchen rupfen, wenn er wieder da ist.«
»Mach mal eine Pause. Du siehst überarbeitet aus. Willst du einen Kaffee?«, fragte Karl.
»Die Maschine ist kaputt. Braucht einen neuen Heizstab oder so. Dieser Assistent ist wirklich zu nichts zu gebrauchen – wenn er überhaupt mal aufkreuzt.«
»Ich geh in die Cafeteria. Dauert nicht lang. Was willst du dazu essen?«
»Ha! Ich esse nie etwas von da, und wenn ich dir einen guten Rat geben darf, das solltest du auch nicht.« Tom seufzte. »Die haben ein blondes Haar und ein Schamhaar gefunden …«
Karl verzog das Gesicht. »Das ist widerlich. Ich habe immer gesagt, dass die Art, wie die da oben Mahlzeiten zubereiten, zu wünschen übrig lässt. Warum tragen die nicht einfach überall Haarnetze?«
»Red keinen Blödsinn«, sagte Tom sichtlich verärgert. »Die Haare wurden am Schauplatz von Kerrs Ermordung gefunden.«
»Ich hatte es heute Morgen im Urin, dass es ein verdammt produktiver Tag werden würde. Ich habe gehofft …«
»Leider …«
»Ich hasse es, wenn du das sagst.«
»… hat das Schamhaar keine Wurzel und keinen Follikel. Ich bezweifle stark, dass es ausreichend DNA für einen schlüssigen Abgleich enthält.«
»Ich wusste es. Gerade, wenn man denkt, das ist der Durchbruch …«
»Aber …«
»Aber …?«
»P-Phenylendiamine und Tetrahydro- 6 -Nitroquinoxaline.«
Karl setzte eine erstaunte Miene auf. »Tatsächlich? Bist du sicher?«
»Lass den Unsinn.«
»Ich? Du bist doch derjenige, der hier redet wie Mary Poppins auf LSD . Was ist das, für uns Laien verständlich ausgedrückt?«
»P-Phenylendiamine und Tetrahydro- 6 -Nitroquinoxaline sind zwei Komponenten von Färbemitteln – für Haare und Perücken. Dieses spezielle blonde Haar gehörte zu einer Perücke.«
»Hübsch.« Karl lächelte.
»Hübsch ist ein Wort, das ich im Zusammenhang mit Mord nicht gebrauchen würde.«
»Nein, natürlich nicht. Ich meinte, das gibt mir einen Ansatz. Es war keine zufällige Tat. Sie war geplant. Vermutlich kannte sie ihn – wusste von ihm. Wilson dagegen glaubt, dass es eine Zufallsbegegnung war –
Weitere Kostenlose Bücher