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Die Bestien von Belfast

Die Bestien von Belfast

Titel: Die Bestien von Belfast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Millar
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quittiert wurde. »Weg von der Scheißtür, bevor ich den Hund auf dich hetze, du elender Spanner!«
    »Ich wollte Ihnen nur ein paar Fragen über Ihren Nachbarn stellen«, antwortete Karl.
    »Na gut! Es reicht! Sagen Sie nicht, ich hätte Sie nicht gewarnt.«
    Karl zog sich hastig aus dem kleinen Garten zurück, ging zum nächsten Haus und klopfte ebenfalls.
    Zu seiner Erleichterung ging die Tür auf.
    »Ja?«, fragte ein Mann in schmutzigem Hemd und Jeans, der eine Zeitung wie einen Schlagstock unter den Arm geklemmt hatte. Der Geruch von gekochtem Rosenkohl schlug Karl entgegen.
    »Ich frage mich, ob Sie mir wohl helfen könnten?«
    »Kommt drauf an, nicht? Haben Sie sich verlaufen?«, fragte der Mann und beäugte Karl misstrauisch.
    »Nein, ich habe mich nicht verlaufen. Eigentlich geht es um Ihren Nachbarn, Chris Brown.«
    »Chris Brown?« Das Gesicht des Mannes erblühte zu einer Fleischknospe. »Nannte sich Jim Cusack, der Dreckskerl. Niemand hier wusste, dass er ein verfluchter Polizeispitzel war. Wer hätte gedacht, dass wir ein Rattenproblem haben. Sind Sie etwa ein Freund von ihm?«
    »Äh, nein. An sich nicht.« Im Geiste hörte Karl einen Hahn dreimal krähen. »Ich frage mich, ob Sie in der Nacht, als er ermordet wurde, etwas Ungewöhnliches gehört haben?«
    Ein »Verpiss dich!«, das von Herzen kam, wurde Karl ins Gesicht gebrüllt, worauf der Mann ihm die Tür vor der Nase zuschlug, die er nur um Millimeter verfehlte.
    Einen ähnlichen Empfang bereitete man ihm an zwei weiteren Türen, und überall bekam Karl den Zorn darüber zu spüren, dass ein Asozialer die Stirn besessen hatte, sich hier in der Gegend niederzulassen.
    »Er hat bekommen, was er verdiente«, murmelte eine alte Dame in Nummer achtzehn, die wie eine Heilige aussah: frisch frisiertes, weißes Haar wie explodierte Zuckerwatte. »Und seinen Freunden sollte das Gleiche zuteil werden«, fuhr sie weise fort und lächelte wie ein frisch geschliffenes Messer. Ihre falschen Zähne wirkten als Einziges echt an ihr.
    Sie sah Karl nach, der ihre Blicke im Rücken spürte, als er sich Chris’ Haus näherte.
    Überreste von Polizeiklebeband mit der Aufschrift »Betreten verboten« verunzierten die Eingangstür. Karl riss das Plastikband weg.
    Mit zitternder Hand führte er den gestohlenen Schlüssel zum Schloss und betete inbrünstig zu Gott, dass er passen würde.
    Er passte.
    Im Inneren schloss Karl hastig die Tür, lehnte sich dagegen und ließ die in den Lungen gestaute Luft entweichen. Er zitterte.
Einbruch und unbefugtes Betreten? Was ist nur in dich gefahren? Für Wilson wäre es ein Fest, wenn er dich hier erwischen würde. Was, wenn er ahnt, was du vorhast, und draußen wartet? Scheiße, red dich da mal irgendwie raus, Karl, mein lieber Freund und Kupferstecher …
    Das Haus war klinisch rein. Keine Pflanzen. Keine Bilder. Keine Hindernisse. Nichts Handfestes, das auf einen Bewohner hingedeutet hätte; buchstäblich ein Gefängnis in einem Gefängnis. Die wenigen Möbelstücke in dem Haus wirkten wie wahllos und unpassend zusammengestückelt.
    Einige Flecken auf dem ansonsten makellosen Linoleum erweckten Karls Aufmerksamkeit. Er bückte sich. Die Flecken waren rund und hatten Größe und Form von Fischaugen.
Blut? Rost?
    Hastig nahm er ein Messer aus einer Küchenschublade, schnitt ein tränenförmiges Stück aus dem Linoleum und wickelte es in ein Blatt Küchenrolle.
    Etwas weiter verunzierte verschmierter Kot mit Fußabdrücken darin den Boden. Karl folgte den Abdrücken hinaus in den Garten. Das kleine Grundstück war mit Hundescheiße gesprenkelt, auf der sich Februarfliegen tummelten. Eine Blutspur führte zu einem offenen Gully. Die Linie glich der Wachsmalstiftzeichnung eines Kindes.
    In einer Ecke des Gartens war ein platt getretener Hundehaufen von tiefen Furchen durchzogen. Karl bückte sich und betrachtete die Furchen. Fußabdrücke.
    »Du bist in Paisleys Scheiße und Blut getreten, wer immer du auch gewesen sein magst, und hast beides ins Haus geschleppt.« Die Abdrücke mit all ihren vermeintlichen Antworten hinterließen nichts als Fragen in Karls Kopf.
    Er drehte sich hastig um und kehrte ins Haus zurück, da er wusste, dass die Zeit gegen ihn arbeitete. Als er wieder in der Diele stand, fragte er sich, ob er etwas übersehen hatte. Er sah zur Spüle in der offenen Küche. Sein Hals war trocken.
Ich sterbe vor Durst
, dachte er sich, dann korrigierte er die unglückliche Formulierung zu einem knapperen:
Ich

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