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Die Bestien von Belfast

Die Bestien von Belfast

Titel: Die Bestien von Belfast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Millar
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gezwungenes Grinsen auf, dessen Sieben-Uhr-Schatten sich über das breite, schrammige Gesicht ausbreitete. Aus der Innentasche holte er einen Umschlag, den er auf Karls Schreibtisch legte. Der Umschlag wirkte nicht gerade prall, aber Karl wusste, dass sich in schmalen Kuverts manchmal die fetteste Beute verbarg.
    »Hier drin sind fünfhundert, Mister Kane. Sie bekommen noch mal so viel, wenn Sie mir die Informationen beschaffen – diskret, natürlich.« Munday schob den Umschlag verlockend nahe an Karls juckende Finger.
    Ein Umschlag mit guten Nachrichten? Was kam als Nächstes? Zwei-, nein einhundert für die Schleimbeutel Dick & Dick; einer für die undankbare Naomi; einer für die raffgierige Telefongesellschaft, der Rest für das Pokerspiel am Abend …
    »Ich sichere Ihnen Diskretion zu«, verkündete Karl und ließ den Umschlag hastig in der Tasche verschwinden.
    »Gut. Ich melde mich«, sagte Munday und stand auf.
    »Haben Sie eine Telefonnummer, falls ich mich mit Ihnen in Verbindung setzen muss?«
    »Ich weiß, wo ich Sie finde«, entgegnete Munday und zog behutsam die Tür hinter sich zu.
    Sekunden nach Mundays Abgang ging die Tür erneut auf. »Und?«, fragte eine strahlende Naomi und betrat mit ausgestreckter Hand das Zimmer. »Mein Gehalt, bitte schön, und herzlichen Dank auch.«
    Karl schüttelte angewidert den Kopf. »Ich habe dir gesagt, du sollst meine geschäftlichen Transaktionen nicht belauschen. Du kriegst einhundert und machst mir eine Tasse Kaffee.«
    »Ich krieg zwei, und du lädst mich zu einem netten Essen in Nick’s Warehouse ein.«
    »Gibt es denn gar keine Treue mehr unter den Menschen?«, fragte Karl und überreichte Naomi ihr ausstehendes Gehalt.
    Als Antwort gab Naomi Karl einen der Küsse, die für später noch sehr viel mehr Spaß verhießen. »Ich hole unsere Mäntel. Ich bin am Verhungern.«
    Karl griff wieder zur Zeitung und suchte nach weiteren Einzelheiten über den Leichnam. Die Informationen über das Opfer waren bestenfalls lückenhaft, was hinreichend Raum für Spekulationen ließ. Ein wichtiges Detail fehlte jedoch ganz: das Geschlecht.
    Karls Hintern fing wieder an zu jucken.

[zurück]
    Kapitel  Zwei
    Ein Winter-Schauermärchen, 1966
    »Wer wie ich die bösesten Dömonen, die unvollkommen gebändigt in einer menschlichen Brust wohnen, aufweckt, um sie zu bekämpfen, muss darauf gefasst sein, dass er in diesem Ringen selbst nicht unbeschädigt bleibt.« Sigmund Freud,
Bruchstücke einer Hysterie-Analyse
    Der Junge glitt in seinem mit bis auf die Haut durchnässtem Pyjama aus dem Bett. Ganze zehn Sekunden blieb er verlegen und breitbeinig so stehen, dann streifte er die nassen Kleidungsstücke ab; Gänsehaut breitete sich wie ein Ausschlag auf seinem nackten Körper aus.
    Der Uringestank in dem Zimmer wurde beißender, während der Junge verzweifelt überlegte, was er tun sollte. Wie konnte er das Bettzeug loswerden, ohne dass seine Eltern von dem beschämenden Missgeschick erfuhren?
    Nicht wegen seines Vaters machte er sich Sorgen, sondern wegen seiner Mutter. Sie duldete keine Ausreden, war der festen Überzeugung, dass Ausreden nur zu weiteren Ausreden und weiterer Schande führten. Wenn nur sein Vater – sein größter Verbündeter – zu Hause wäre, und nicht die nächsten zwei Wochen auf See …
    Natürlich hätte er nicht so gierig sein und am Abend die ganze Limonade aus dem Kühlschrank stibitzen sollen. Jetzt bestrafte Gott ihn für seine Gier. Die vielen armen Kinder in Afrika, deren aufgeblähte Bäuche nicht nach denen Verhungernder aussahen. Seine Mutter ließ ihn ständig diese grässlichen Dokumentarfilme sehen, während er versuchte, sein Essen zu sich zu nehmen, und zog ihn verbal wie körperlich am Ohr.
Siehst du? Wie gut du es hast? Wenn du weiterhin sündigst, lässt Gott dich als eines dieser bedauernswerten Kinder zurückkehren. Denk an meine Worte …
    Im Schrank in der Abstellkammer befanden sich frische Bettlaken, doch die lag einen Stock höher, direkt gegenüber dem Schlafzimmer seiner Eltern. Er dachte darüber nach, wägte Risiko und Chancen gegeneinander ab. Sollte er mit dieser schlimmen Sünde ungestraft davonkommen, dann würde er nie wieder gierig sein, sich nie wieder nassmachen wie der faule, schmutzige Junge, der er laut seiner Mutter war, das versprach er Gott; er würde versuchen, seine Mutter so sehr zu lieben wie seinen Vater. Ehrlich.
    Behutsam öffnete er die Tür seines Zimmers. Die Scharniere gaben ein kurzes, aber

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