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Die Bestien von Belfast

Die Bestien von Belfast

Titel: Die Bestien von Belfast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Millar
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vorbei, die an Bäume genagelt waren. Weitere Schilder warnten vor Wachhunden und nächtlichen Patrouillen.
    Der Sturm und das Wüten der Elemente wirkte ernüchternd. Plötzlich war sich Karl nicht mehr so sicher, ob er richtig handelte. Er wartete lange, bis er sich zur riesigen Eingangstür wagte, die in ihren Abmessungen fast schon vulgär wirkte.
    Karl drückte auf den Knopf, der sich fast exakt in der Mitte der Tür befand, und horchte, ob sich im Inneren etwas tat. Das Läuten kam ihm viel zu laut vor. Und es schien fast eine Ewigkeit zu dauern. Er stellte sich vor, wie es kreischend durch die Diele, die Treppe hinauf und in jeden Winkel und jede Nische des Hauses hallte.
    Er war ganz sicher, dass sich am östlichen Fenster ein Vorhang bewegte. Der Wind? Er presste das Gesicht an das Glas und spürte die Kälte bis ins Zahnfleisch. Ein Licht ging an, überstrahlte ihn und entlarvte ihn als Spanner. Erschrocken wich er zurück und stolperte fast.
    Die Tür ging auf.
    Es überraschte ihn nicht im Geringsten, dass Jenny Lewis vor ihm stand. Aber die hässliche Bestie von Schrotflinte, die sie in der Hand hielt, kam einem Schock gleich. Mit ihr wirkte Jenny winzig. Und äußerst gefährlich.

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    Kapitel  Zweiunddreißig
    Samstag, 10 .März (später am Abend)
    »Es ist so schwer, Leute auf ordentliche Weise zu ermorden, mit denen man nicht freundschaftlich verkehrt.« Roy Horniman,
Israel Rank. Die Autobiografie eines Verbrechers
    »Das dürfte Ihnen mehr wehtun als mir«, sagte Jenny Lewis gelassen.
    »Geben Sie es mir«, murmelte Karl tapfer, obwohl ihm auf seinem Stuhl ziemlich mulmig war.
    Jenny beugte sich vor, bis sich ihr Busen auf der Höhe von Karls Augen befand. Er knirschte mit den Zähnen und wartete auf die unausweichlichen Schmerzen.
    »Scheiiiße!«
    »Ups … pardon, bin abgerutscht. Sie müssen still sitzen, Mister Kane. Diese provisorische Naht reicht, bis Sie in ein Krankenhaus können. Die Wunde sieht viel schlimmer aus, als sie in Wirklichkeit ist«, tröstete Jenny.
    Jedes Mal, wenn sich die Nadel in seine Haut bohrte, verzog Karl vor Schmerz das Gesicht.
    »Sie stecken voller Überraschungen, Jenny«, sagte Karl mit zusammengebissenen Zähnen. »Wo haben Sie so hübsche kleine Tricks wie diesen gelernt? Und sagen Sie jetzt nicht, weil Sie
Blue Peter
gesehen haben.«
    Sie lächelte. »Ich denke, ich hatte, wie die meisten Leute sagen würden, eine behütete Kindheit.
Blue Peter
durfte ich nicht sehen.«
    »Macht nichts. Ich habe es auch nie gesehen. Ich habe mir immer alles aus Fairy-Liquid-Flaschen gebastelt. Ehrlich gesagt, glaube ich, die haben das meiste von dem gekauft, was sie da angeblich selbst gefertigt haben wollten. Ich fand das immer höchst fragwürdig.«
    Ein leises Lachen kam über Jennys Lippen. »Sie waren schon als Kind misstrauisch, Mister Kane?«
    »Eine echte Gabe.«
    »Und heute? Misstrauen Sie immer noch allem und jedem?«
    »Kommt drauf an. Sagen wir, jemand hält mir eine Schrotflinte ins Gesicht, da hätte ich doch allen Grund, misstrauisch zu sein, finden Sie nicht?«
    »Das tut mir leid. Ich wollte Ihnen keine Angst machen.«
    »Angst? Ich hatte die Hosen gestrichen voll. Begrüßen Sie Gäste immer mit einer Flinte in der Hand?«
    »Wir bekommen in dieser Gegend hier nicht oft Besuch, schon gar nicht mitten in der Nacht und bei solchem Wetter. In so einer Nacht wäre ich bei jedem Gast argwöhnisch.«
    »Ehrlich gesagt, ich ebenfalls«, sagte Karl.
    »Wollen Sie den Mantel wirklich anbehalten? Sie sind tropfnass.«
    »Es geht schon, danke. Wenn ich ihn abnehme, dürfte es zu gemütlich werden. Vermutlich würde ich vor dem heimeligen Kaminfeuer in Ihrem Wohnzimmer einschlafen.«
    Jenny tupfte Karls Verletzung mit einem Wattebausch ab. »Fast fertig. Atmen Sie tief durch.«
    »Sollten Sie mir jetzt nicht Alkohol anbieten, wie man das in Cowboy-Filmen immer sieht?«
    »Das ist ein Mythos. Eigentlich möchten Sie in so einer Situation am besten gar keinen Alkohol im Blut haben. Dadurch schlägt das Herz schneller, und es fließt noch mehr Blut. Eine Riesenschweinerei«, antwortete Jenny und griff nach einer Schere, um die Fäden zu kürzen. »Na also! Gar nicht übel, wenn ich das sagen darf. Möchten Sie einen Spiegel und das Ergebnis bewundern?«
    »Nein danke. Ich glaube Ihnen auch so. Und sehen muss ich das nicht – die Nacht war schon schlimm genug.«
    »Kaffee?«
    »Nur, wenn die Milch bernsteinfarben und hochprozentig ist.«
    »Mal sehen, was ich

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