Die Bestimmung - Letzte Entscheidung: Band 3 (German Edition)
Wie bei Nita. Oder bei Evelyn. «
Und was ist mit dir?, frage ich mich selbst. Du wolltest ihn auch zu einem Mitläufer machen.
Nein, das wollte ich nicht, sage ich mir, aber ich bin mir nicht sicher, ob ich es selbst glaube.
Amar nickt.
Bilder aus der Zone kommen immer wieder in mir hoch, hartnäckig wie ein Schluckauf.
Ich sehe meine Mutter als Kind vor mir, wie sie in einer dieser Hütten kauert, wie sie versucht, an Waffen zu gelangen, die wenigstens ein kleines bisschen Sicherheit garantieren, wie sie im Winter Rauchschwaden einatmet und die Hustenanfälle für ein wenig Wärme in Kauf nimmt. Ich weiß nicht, warum sie diesem Ort nach ihrer Rettung so bereitwillig den Rücken zukehrte. Sie wuchs in die Welt der Leute vom Amt hinein und arbeitete den Rest ihres Lebens für diese Sache. Hat sie vergessen, woher sie kam?
Nein, das ist undenkbar. Sie hat ihr ganzes Leben damit zugebracht, den Fraktionslosen zu helfen. Vielleicht hat sie das nicht nur in Erfüllung ihrer Pflichten als Altruan getan – vielleicht kam es aus dem tiefen Bedürfnis, Menschen wie denen zu helfen, die sie hier zurückgelassen hatte.
Plötzlich ertrage ich die Erinnerung an sie oder an diesen Ort oder an die Dinge, die ich hier gesehen habe, nicht mehr. Ich klammere mich an den erstbesten Gedanken, der mir durch den Kopf schießt, um mich abzulenken.
» Du und Tobias, ihr wart gute Freunde? «
» Hat er überhaupt so etwas wie gute Freunde? « Amar schüttelt den Kopf. » Aber ich habe ihm seinen neuen Namen gegeben. Ich habe beobachtet, wie er sich seinen Ängsten stellt, und mir ist nicht entgangen, wie er von seinen Sorgen geplagt wurde, also dachte ich, er könnte einen Neuanfang gebrauchen, und begann ihn ›Four‹ zu nennen. Aber um deine Frage zu beantworten, nein, ich würde nicht sagen, dass wir besonders enge Freunde waren. Jedenfalls nicht so eng, wie ich es mir gewünscht hätte. «
Amar lehnt den Kopf an die Wand und schließt die Augen. Ein leichtes Lächeln umspielt seine Lippen.
» Oh « , murmle ich. » Hast du ihn … gemocht? «
» Warum fragst du das? «
Ich zucke mit den Schultern. » Es ist nur die Art, wie du von ihm sprichst … «
» Ich mag ihn nicht mehr auf diese Art, wenn es das ist, was du wissen willst. Ja, es hat eine Zeit gegeben, als ich Gefühle für ihn hatte, aber es war ziemlich offensichtlich, dass er diese spezielle Zuneigung nicht erwiderte, also habe ich mich zurückgezogen « , sagt Amar. » Ich wäre dir dankbar, wenn du das nicht weitererzählen würdest. «
» Tobias? Natürlich nicht. «
» Nein, ich meine, du sollst es für dich behalten. Und ich spreche nicht nur von der Sache mit Tobias. «
Er wirft einen Blick zu George, dessen Hinterkopf inzwischen über dem beträchtlich geschrumpften Ausrüstungsstapel zu sehen ist.
Es überrascht mich nicht, dass er und George sich zueinander hingezogen fühlen. Sie waren beide Unbestimmte, die ihren eigenen Tod vortäuschen mussten, um zu überleben. Sie sind beide Außenseiter in einer unvertrauten Welt.
» Die Sache ist die … « , fährt Amar fort. » Das Amt ist besessen von dem Gedanken der Fortpflanzung – der Weitergabe von Genen. Und George und ich sind beide GP s, daher wird jede Beziehung, die keine stärkeren Gen-Codes hervorbringt … Es wird nicht gern gesehen, das ist alles. «
» Ah. « Ich nicke. » Du brauchst dir meinetwegen keine Gedanken zu machen. Ich bin nicht auf die Produktion starker Gene versessen. « Ich lächle trocken.
» Danke « , sagt er.
Einige Sekunden sitzen wir schweigend da und sehen zu, wie die Ruinen hinter uns verschwimmen und der Truck das Tempo beschleunigt.
» Ich denke, du tust Four gut « , bemerkt er.
Ich starre auf meine Hände, die ich im Schoß gefaltet habe. Ich habe keine Lust, ihm zu erklären, dass wir vor dem Aus stehen – ich kenne ihn kaum, und selbst wenn es anders wäre, würde ich nicht darüber reden wollen. » Oh? « , ist alles, was ich herausbringe.
» Ja. Ich sehe, was du in ihm zum Vorschein bringst. Du kannst das nicht wissen, weil du ihn vorher nie erlebt hast, aber ohne dich ist Four ein ganz anderer Mensch. Er ist … zwanghaft, explosiv, unsicher … «
» Zwanghaft? «
» Wie sonst würdest du jemanden bezeichnen, der sich immer und immer wieder in seine Angstlandschaft stürzt? «
» Ich weiß nicht … entschlossen. « Ich zögere. » Mutig. «
» Ja, sicher. Aber auch ein bisschen übergeschnappt, oder? Ich meine, die meisten Ferox würden sich
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