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Die Bestimmung - Toedliche Wahrheit - Band 2

Die Bestimmung - Toedliche Wahrheit - Band 2

Titel: Die Bestimmung - Toedliche Wahrheit - Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Roth
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in einen nasskalten Raum. In dem flackernden Licht einer Laterne entdecke ich… Menschen.
    Menschen, die neben Rollen von Bettzeug sitzen. Menschen, die Konservendosen öffnen. Menschen, die Wasser aus Flaschen trinken. Und Kinder, die zwischen den Erwachsenen hin und her laufen und deren Kleider alle möglichen Farben haben– fraktionslose Kinder.
    Wir sind in einem Lagerhaus, und die Fraktionslosen, von denen wir immer glaubten, sie lebten weit verstreut, allein und ohne jegliche Gesellschaft… sind alle da. Sind zusammen, wie in einer Fraktion.
    Ich weiß nicht, was ich erwartet habe, aber ich bin überrascht, wie normal sie wirken. Sie kämpfen nicht miteinander, sie gehen einander nicht aus dem Weg. Manche erzählen Witze, andere unterhalten sich leise. Allmählich aber scheinen sie zu bemerken, dass wir nicht hierher gehören.
    » Kommt mit«, sagt Edward und winkt uns zu sich. » Sie ist dort hinten.«
    Blicke und Schweigen folgen uns, als wir mit Edward weiter in das Gebäude hineingehen, das von außen völlig verlassen aussieht. Schließlich kann ich meine Frage nicht länger zurückhalten.
    » Was geht hier vor? Warum habt ihr euch alle hier versammelt?«
    » Hast du gedacht, sie– wir– wären in alle Winde verstreut?«, fragt Edward über die Schulter. » Tja, das sind sie auch gewesen, jedenfalls eine Zeit lang. Sie haben zu viel Hunger gehabt, um sich um etwas anderes als ums Essen zu kümmern. Aber dann haben die Stiff angefangen, sie mit Lebensmitteln, Kleidung, Werkzeugen, einfach allem zu versorgen. Auf diese Weise sind sie allmählich immer stärker geworden und sie haben gewartet. Genau so habe ich sie angetroffen, als ich zu ihnen gestoßen bin, und sie haben mich freundlich aufgenommen.«
    Wir betreten einen düsteren Gang. In dunklen und stillen Gängen fühle ich mich wie zu Hause, denn sie erinnern mich an die Tunnel im Hauptquartier der Ferox. Tobias hingegen wickelt sich einen losen Faden um den Finger, wickelt ihn ab, wickelt ihn wieder um den Finger und wieder ab. Er weiß genau, wen wir treffen werden, nur ich habe keinen blassen Schimmer. Wie kommt es, dass ich so wenig von dem Jungen weiß, der behauptet, dass er mich liebt– von dem Jungen, dessen Name genügt, damit wir in einem Zug voller Feinde dennoch mit dem Leben davonkommen?
    Edward bleibt vor einer Eisentür stehen und schlägt mit der Faust dagegen.
    » Moment mal, hast du gesagt, sie warten?«, fragt Caleb. » Und worauf genau warten sie?«
    » Darauf, dass die Welt in Stücke fällt«, sagt Edward. » Und genau das ist jetzt passiert.«
    Die Tür geht auf und eine Frau mit ernstem Blick steht vor uns. Sie schielt auf dem einen Auge und mit dem anderen mustert sie uns.
    » Heimatlose?«, fragt sie.
    » Wohl kaum, Therese.« Edward deutet mit dem Daumen auf Tobias. » Das ist Tobias Eaton.«
    Therese starrt Tobias mehrere Sekunden lang an, dann nickt sie. » Das ist er wirklich. Wartet hier.«
    Sie schließt die Tür wieder. Tobias schluckt, sein Adamsapfel hüpft.
    » Du weißt, wen sie holt, stimmt’s?«, sagt Caleb zu Tobias.
    » Caleb«, knurrt Tobias, » bitte, halt den Mund.«
    Zu meiner Überraschung zügelt mein Bruder seine Ken-Neugier.
    Die Tür schwingt wieder auf und Therese macht einen Schritt zur Seite, um uns eintreten zu lassen. Wir gelangen in einen alten Heizungsraum; die Heizkessel tauchen so plötzlich aus der Dunkelheit auf, dass ich mich mit meinen Knien und Ellbogen daran stoße. Therese führt uns durch ein Gewirr aus Maschinen in den hinteren Teil des Raums, wo über einem Tisch mehrere Glühbirnen baumeln.
    Dahinter steht eine Frau mittleren Alters. Sie hat lockiges schwarzes Haar und olivfarbene Haut. Ihre Miene ist ernst, und ihre Gesichtszüge sind so kantig, dass sie beinahe unattraktiv wirkt, aber nur beinahe.
    Tobias greift nach meiner Hand. In diesem Moment fällt mir auf, dass er und die Frau die gleiche Nase haben– krumm, ein wenig zu groß für ihr Gesicht, in seinem jedoch gerade richtig. Sie haben auch die gleiche ausgeprägte Kieferpartie, ein hervorspringendes Kinn, eine dünne Oberlippe und leicht abstehende Ohren. Nur die Augen sind verschieden– statt blau sind ihre so dunkel, dass sie beinahe schwarz aussehen.
    » Evelyn«, sagt er und seine Stimme zittert leicht.
    Die Frau von Marcus und Tobias’ Mutter hieß Evelyn. Erst vor ein paar Tagen noch habe ich an ihre Beerdigung gedacht. Ihre Beerdigung. Und jetzt steht sie vor mir. Ihre Augen sind kalt. Ich bin noch nie

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