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Die Bestimmung

Die Bestimmung

Titel: Die Bestimmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Kellen
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dröhnte, als würde man Popcorn in der Hölle machen.
    Hoffentlich! , dachte Daan, während das Garagentor hochfuhr und sie mit einem Speed losfuhren, der an einen Raketenstart erinnerte.
    Im Rückspiegel sah Daan zwei Scheinwerfer aufflammen und er wusste, Mohamed hatte sie auch gesehen.
     
    Als sie sich abstießen und in die Mitte des Fleets trieben, machte ihr Vater kurz ihr Zeichen. Krampfte zog sich Nilahs Magen zusammen. Sie kannte den Weg, auch wenn er bei Nacht ein völlig anderes Gewand trug. Leise tauchten die Ruder ins Wasser. Kurz überlegte sie, ob es überhaupt erlaubt war, zu dieser Tageszeit auf den Fleeten herumzupaddeln. Sie kamen an dem Haus der Rothmanns vorbei, das still und dunkel dalag. Rechts würde sie noch einige Zeit der Park begleiten und sie würden dutzende Brücken unterqueren. Einige hatten tatsächlich schon die ersten Weihnachtslichter in ihre Büsche gehängt und schufen damit kleine Lichtinseln in den dunklen Gärten.
    Jeden Augenblick erwartete sie, dass eines dieser Viecher zwischen den Bäumen hervorsprang und versuchte, sich auf ihr Kanu zu werfen. Hier in der Mitte waren sie sicher, aber es gab auch Passagen, da konnte man über das Fleet springen, so schmal war es, und dort waren sie ungeschützt.
    Die Strecke war nicht zu unterschätzen. Sie ging hauptsächlich nur geradeaus, aber es gab auch Abzweigungen und Plätze, an denen man wie auf einer Zielscheibe hockte. Bootsverleiher, Firmen, die bis spät in die Nacht erleuchtete Fenster hatten, immer wieder kleine Parks, in denen sich allerhand Leute herumtrieben.
    Das Wasser roch muffig und kalt. Manchmal knackte es zwischen den dunklen Stämmen, und wenn sie unter einer der Überführungen waren, klangen die Geräusche des Kanus, als müsse die ganze Stadt sie hören. Jeder Ton hallte nach, und darüber klang das nasse Rauschen der Autoreifen. Langsam und stetig ruderten sie. Nilah taten bereits die Schultern weh. Die immerwährende Anspannung machte sie müde. Hinter ihr paddelte der Krieger schweigend und stetig. Er war der Fixstern in dieser Nacht und irgendwie auch in ihrem ganzen veränderten Leben.
    Als sie unter einer weiteren Brücke hindurchfuhren, sah Nilah nach hinten auf den sich beugenden Körper von Liran, der kurz den Kopf sinken ließ. Der Krieger kam wieder hoch, den Kopf langsam und abschätzend zu den beiden Ufern schwenkend. Keiner der beiden sah das Wesen auf der Brücke stehen, wie es sie mit kalten, versteinerten Augen musterte. Keiner von beiden sah, wie sich das Ungetüm herumdrehte, langsam die Straße überquerte, mit festem Griff das gegenüberliegende Geländer umfasste und ihnen nachsah.
     
    Herbstlaub und Zweige schwammen auf dem Wasser. Manchmal trieben sie gegen das Boot oder blieben daran hängen, als wollten sie sich ein Stück mitnehmen lassen. Leise war ihr Dasein und doch laut mitten in der Nacht.
    Die Schmerzen waren mittlerweile nicht mehr zu leugnen. Liran ließ den Kopf nur für einen Moment hängen, aber es reichte aus, um sich erbärmlich zu fühlen. Etwas kroch seine Beine empor und zwang ihn gleichzeitig hinab. Er sah auf seine Hände. Sie waren viel zu weit weg, um zu ihm zu gehören. Er ballte die Fäuste. Dann fuhr er sich mit dem Ärmel über die Stirn. Er fing an zu schwitzen und suchte das Ufer mit wachsamen Augen ab. Etwas stimmte nicht, denn sein Blick war seltsam unscharf.
    Dieser Fluss war so unstet, so aus dem eigenen Sein gerissen und in eine Stadt gepresst worden, dass er ihm nicht traute. So viele Dinge glitten lautlos an beiden Ufern an ihm vorbei, dass er nicht mehr sicher war, auf was er eigentlich achten sollte. Manchmal verengte sich der Fluss, so dass man nur das Ruder ausstrecken musste, um das Ufer zu berühren, dann wieder wurde er so breit, dass man darauf ein Schiff wenden konnte. Überall war Licht und doch schien keines natürlicher Art. Überall waren Laute, die so schnell von Nähe zu Ferne und wieder zurück huschten, dass ihm dabei sämtliche Sinne versagten. Gebäude, hoch wie stumme Türme, säumten den Wasserweg, dann wieder schien die Stadt nur aus Wald zu bestehen, und einige Paddelstöße weiter war ihm, als umschlossen graue, kalte Mauern ihren Weg.
     
    Man hätte glauben können, die Pentere schwebe auf den Wellen. Lautlos drangen die vielen Ruder in den breiten Hafen der nächtlichen Elbe. Der Bug wühlte sich durchs Wasser, langsam, wie ein Raubtier. Sie schwenkten nach Backbord – mitten auf die Innenstadt zu. Nur eineinhalb Meter

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