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Die Bestimmung

Die Bestimmung

Titel: Die Bestimmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Kellen
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Treppe. Ihr seltsames Grün schimmerte bedrohlich. Genauso wie der zweite Aufgang, der direkt neben dem Tor von Europa endete. Wie sollte sie da 'rüberkommen? Ihr Instinkt sagte ständig etwas von Verstecken und Nilah hatte auch das entsprechende Bild im Kopf. Es war ganz nah. Ein Klacks an einem normalen Tag, doch jetzt war es weit weg. Sehnsüchtig blickte sie hinüber zu dem Ort, an dem sie sich sicherer fühlen würde, und entschied, dass sie es nicht wagen würde. Plötzlich war hinter ihr ein Klacken zu hören, das schnell näher kam. Ein letztes Mal pumpte Nilah Luft in ihre Lungen, erhob sich und lief auf Socken über den glatten Boden, vorbei an den beiden Treppen unter den Booten hindurch und war Bruchteile später im Europa-Trakt .
    Es war so einfach, dass sie fast lachen musste, bis sie gegen eine drei Meter große Metallskulptur lief, die den Teufel darstellen sollte. Mit einem erstickten Schrei und instinktiven Reflexen fing sie die hohle Blechfigur auf, bevor sie scheppernd auf den Boden schlagen konnte. Sie schwankte, aber sie blieb stehen. Nilah rannte weiter zu ihrem Lieblingsort in diesem Museum, der weißen, in einer abgetrennten Nische stehenden Jurte, einem Zelt der nomadischen Völker der Mongolei. Das große, von dunklen Stricken umschnürte Rundzelt stand da wie ein alter Freund. Der Eingang, der aus orangefarbigem und mit Zeichen verziertem Holz bestand, war einladend. Sich geborgen fühlen, beschützt und umsorgt.
     
    Die Magie senkte sich herab wie eine Wolke, die ihren heftigen Regen verteilt hatte und dann scheinbar sorglos weiterzog. Doch da war nichts Sorgloses mehr in ihm. Liran hatte etwas miterlebt, hatte etwas getan, das sich bis in seine Seele geschwemmt hatte. Völlig erschöpft lehnte er sich gegen die Wand und ließ den Kopf sinken. Strähnen hingen ihm ins Gesicht, die noch Sekunden vorher aus Holz gewesen waren. Mit halb geschlossenen Augen sah er, wie Akkosh sich zurückzog in seinen Körper, wie die Äste, die den Boden zersprengt hatten, in seine Füße zurückkehrten.
    Wer bin ich noch , dachte er, als er wieder auftauchte und in seinem eigenem Kopf ankam. Bin ich nur noch ein Gefäß? Bin ich nur noch Hülle? Nur noch Wut und Zorn, von denen ich nicht weiß, woher sie ihren Weg in mich gefunden haben? Er hob eine Hand vor die Augen und betrachtete sie. War das seine Hand? Sie war so weit fort.
    Er blickte auf und sah den Schmerzbringer , der mit einem Grinsen den Abzug der Armbrust niederdrückte. Er hörte sogar noch, wie der Dam ´Daru in seine linke Brust einschlug, ohne die schützende Rinde von Akkosh.
    Liran packte den Schaft des Pfeils, dessen triefendes, schwarz verschmiertes Blatt aussah, als habe man es eintausend Tage in eintausend Flüche gehalten. Er hielt ihn in der Hand wie etwas, das er nicht wirklich wahrnahm. Dann erhob er sich, ging auf den verdutzten Schmerzbringer zu, als existiere dieser nicht einmal. Diesmal war da kein Zorn. Nur Kälte. Gnadenlose Kälte.
    Der Schmerzbringer trat einige hastige Schritte durch die Trümmer zurück in die Eingangshalle. Ein zweiter Schmerzbringer kam aus dem gegenüberliegenden Gang mit einem Schwert bewaffnet. Dann ein Dritter!
     
    Hoffnungsvoll ließ sich Nilah durch den Zelteingang gleiten und trat in das Innere. Dicke dunkelrote Teppiche mit wilden Mustern breiteten sich unter ihren Socken aus. In der Mitte stand eine Museumsfeuerstelle, über der ein Kessel baumelte. Eine hölzerne Truhe stand dort, eine Art Schrank mit Geschirr. Langsam bewegte sich Nilah an den hinteren Rand des Zeltes. Eine abgetrennte Schlafstelle, vor der ein Baldachin hing und hinter die man schlüpfen konnte. Blitzschnell war sie hinter dem Wandvorhang verschwunden. Vorsichtig setzte sie sich hin.
    Sie beruhigte sich etwas. Das Adrenalin machte sich auf den Rückweg, die Muskeln ließen etwas locker und der Atem brannte nicht mehr. Dann hörte sie Hufgeräusche.
    Wie war der so schnell hierher gekommen? Der Schmerzbringer stand nun vor dem Zelt! Sie hörte, wie er seinen Rücken schnaufend beugte, seinen Kopf hereinschob, und an den seltsamen klackenden Lauten konnte Nilah hören, dass er das Zeltinnere genau in Augenschein nahm. Das Blut rauschte in ihrem erstarrtem Körper.
    Sein Atem rasselte seltsam. Er sog die Luft so heftig ein, als rieche er etwas, doch dann schien er plötzlich anderer Meinung zu sein, zog den Kopf wieder aus dem Eingang und Nilah glaubte, ein Kichern zu hören.
    Gleichzeitig atmete sie erleichtert auf, ganz

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