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Die Bestimmung

Die Bestimmung

Titel: Die Bestimmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Kellen
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nicht so leise sein müssen. Nilah stieg die Treppe nach oben, zog die klammen Sachen aus, rubbelte sich kräftig mit einem dicken Handtuch ab, bis ihre Haut glühte, und legte sich ins Bett. Wo nur war Bran geblieben , fragte sie sich müde. Wo bist Du nur?
    Sie hatte gar nicht bemerkt, dass die verhängnisvolle Tür nicht mehr offen stand, dass die Truhe, mit der alles begonnen hatte, wieder auf ihrem alten Platz ruhte, als wäre nichts gewesen. Draußen schallte im Wind der Ruf einer Eule.
    Die Verdrängung begann bereits ihre Arbeit und zerrte die Ereignisse hinab in die Vergessenheit. Vorher zog der Verstand den Dingen erstmal schnell andere Klamotten über. Ganz stinknormale Sachen, die nicht weiter auffallen würden. Alles in Ordnung, nichts passiert. Wie gesagt: so eine Beerdigung, so ein schrulliges Landleben, der Alkohol obendrauf - alles halb so schlimm. Nilah mummelte sich fest ein und war nach ein paar Atemzügen eingeschlafen. Sie fiel in einen tiefen und traumlosen Schlaf.
     

Entscheidungen
    Tok stöhnte und spukte Blut in die Dunkelheit.
    Dann rieb er sich die Stirn, die schmerzhaft pochte, und stand wankend auf. Diese verfluchten Trolle. Irgendeiner von ihnen hatte ihn über den Haufen gerannt und dabei ausgeknockt.
    Er konnte immer noch nicht fassen, was heute Nacht passiert war. Was für ein Glück er gehabt hatte. Aber ein schaler, bitterer Geschmack blieb auf seinen Taten hocken und weigerte sich standhaft, an seinem Triumph teilzuhaben.
    War es klug gewesen, das Mädchen in solche Gefahr zu bringen? Als sie vor wenigen Tagen auf dem Hügel gestanden hatten und Tok beichten musste, dass der Wind bereits da gewesen war, um die Lebenszeit der Alten fortzuwehen, da hatte er eines nicht preisgeben können: Nämlich, dass das Haus dort unten in dem Tal auf jemanden zu warten schien. Er hatte es an kaum wahrnehmbaren Schwingungen gemerkt, die das Gebäude ausstrahlte. Das Wesen der Dinge konnte nicht jeder fühlen oder gar sehen. Tok konnte es. Das Haus wusste, dass es nicht allein war. Und so brauchte er nur zu warten, bis das Cottage wieder, sozusagen, gute Laune bekam.
    Als er das junge Mädchen dann auf der Totenfeier gesehen hatte, war etwas in ihm zum Klingen gebracht worden, ein heftiges Kribbeln hinter den Ohren, das die Rätselfinder immer dann beschlich, wenn sich ihnen etwas wirklich Wichtiges offenbaren wollte. Deshalb hatte er, als Junge getarnt, sie aus der Nähe sehen wollen. Deshalb hatte er in das Buch geschrieben, das in der Küche der toten alten Dame gelegen hatte.
    Ahh, wie sie dagestanden hatte, oben auf der Treppe. Und wie gefährlich hübsch sie auch noch war. Er hatte sie einfach sehen müssen. Natürlich hatte er gewusst, wo der Ausgang der ewigen Höhle im Wald lag. Sie waren schließlich Rätselfinder. Aber wie man hineingelangte, das war ihnen all die Zeit verborgen geblieben. Das Mädchen hatte es geschafft, also war es ihr auch bestimmt gewesen, folgerte er. Nur, was wäre passiert, wenn dieser blaue Krieger - offensichtlich so etwas wie ein Wächter - nicht aufgetaucht wäre? Nun , so dachte Tok sich, dann hätte eben irgend so ein Menschenkind sein Leben ausgehaucht, wäre auch nicht schlimmer gewesen, als das, was er durchmachen musste. Aber so hatte er ein Indiz mehr aufgedeckt, dass es sich wirklich um die von ihm Gesuchte handeln könnte.
    Es war gut gewesen, die Erinnerung daran zu vergraben und erst später wieder an sich zu nehmen. So hatte der Einzige keine Möglichkeit gefunden, ihn sofort zu den Fischen zu schicken. Er wusste, es war nicht schlau, auf beiden Seiten des Feuers zu hüpfen. Im Grunde genommen war es sogar ziemlich dumm. Sollte sein Gebieter davon Wind bekommen, würde sein restliches Dasein ein einziges Dahinschreien in endlosen Schmerzen sein. Abhängig allein davon, wann die Kreaturen die Langeweile überkam, ihn zu foltern, um ihn dann als Würmerfutter irgendwo in die Wälder zu werfen. Ein kalter Schauer überlief ihn.
    Noch immer waren seine Gedanken durcheinander. Alles war so unglaublich schnell gegangen. Er stapfte mühsam über das kleine Schlachtfeld. Hier hatten eben fünf Erdtrolle ihr Leben ausgehaucht. Er seufzte betrübt. Das würde Erklärungen nötig machen.
    Er fuhr sich ratsuchend über die wenigen Haare, als sein großer Zeh gegen einen Gegenstand stieß. Er schaute nach unten, wischte mit seinem Fuß die Überreste eines Trolls beiseite, als etwas Interessantes darin auftauchte. Tok bückte sich, hob es auf und pustete die

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