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Die Bestimmung

Die Bestimmung

Titel: Die Bestimmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Kellen
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Erde fort, die es bedeckte.
    Eine Figur in einem Steinboot kam zum Vorschein. Auf einer Seite befanden sich wundervolle Verzierungen. Ein weiteres Puzzlestückchen in seiner Sammlung. Und ein wichtiges dazu. Die Götter warfen ihm und seiner Zunft ein wohlwollendes Grinsen zu. Nun, dann war es vielleicht an der Zeit, sich endgültig Gewissheit zu verschaffen. Nur ein letzter Test noch.
    Doch eine Sache würde er aus dem Weg schaffen müssen. Wenn der blaue Krieger das war, wofür er ihn hielt – und Tok war sich dessen ziemlich sicher – dann war er ein schwer zu umgehendes Hindernis. Er musste diesen Kerl loswerden, koste es was es wolle. Er würde die verlorene Ehre in Rachegelüste umwandeln und die Trolle erneut für seine Zwecke einspannen. Ein paar abfällige Bemerkungen über die lasche Kampfmoral hier, ein paar gut gesetzte Drohungen dort und im Handumdrehen würde die ganze untertunnelte Insel auf diesen Wicht losgehen. Ein Kichern formte sich auf seinen schmalen Lippen, sodass die lange Nase wippte und den Klang stotternd über die Hügel trieb.
     

Sein und nicht sein wollen
    Nilah stand vor dem Badezimmerspiegel und betrachtete müde die Spuren der letzten Nacht. Dunkle Ringe, wie kleine graue Hufeisen, die Wangen ein wenig hohler als sonst, und in ihren Augen erkannte sie sich kaum wieder. Kein guter Anfang.
    Als sie aufgewacht war, hatte sie einige Minuten lang reglos auf der Bettkante gesessen und der Leere, die sie verspürte, gelauscht. Die Truhe stand da. Sie stand da, wo sie schon immer gestanden hatte, als sie ... der Gedanke war weg. Nur ein paar Kratzer auf den Dielen bemerkte sie. Irgendwann hatte man dieses schwere Ding mal verschoben. Sie schüttelte den Kopf. Graues Licht hüllte das Zimmer in eine passende Trübsinnigkeit. Nilah schlurfte in den Flur und ging ins Bad. Die andere Tür sah sie nicht einmal an.
    Steifbeinig ging sie die Treppe hinunter und spürte jeden Muskel. Der Duft von Kaffee und Schlaf waberte durch das Wohnzimmer. Der Schlafsack, ordentlich zusammengerollt, lag auf dem Sessel beim Fenster. In der Küche klapperte es und sie hörte ein fröhliches Summen. Den Song erkannte sie nicht, wollte es auch gar nicht.
    Alles war so aufgeräumt, obwohl erst vor einem Tag hier getanzt, geraucht und gesungen worden war. Für Nilah schien das irgendwie viel länger her, schlimmer noch, sie konnte sich gar nicht mehr richtig erinnern, als wäre es ebenfalls nur ein Traum gewesen und hätte niemals wirklich stattgefunden. Plötzlich überkam sie furchtbares Heimweh. Wie eine alte Frau setzte sie sich an den Tisch, weil sie nicht mehr die Kraft hatte zu stehen. Auch hier überall das graue Licht, das von der Welt nach innen getragen wurde. Was für ein Scheißwetter , dachte sie. Sie wollte nach Hause auf ihren Dachboden, die Tür abschließen und nie wieder aufmachen.
    Ihr Vater kam aus der Küche mit einem Tablett herein, hörte abrupt auf zu summen und stellte es auf dem Tisch ab. Seine Hand legte sich auf die Strebe der Rückenlehne, dann schob er den Stuhl zurück und setzte sich. Nilah mochte nicht aufschauen. Sie wollte es nicht. Trotzdem tat sie es und blickte in ein frisch rasiertes Gesicht, aus dem sich gerade die gute Laune verabschiedete, um sich den Sorgenmantel umzulegen.
    «Ich hab nur schlecht geschlafen», krächzte sie und starrte auf den Haufen Marmeladentoast, von dessen Geruch ihr plötzlich ganz übel wurde. Sie betete, dass ihr Vater es dabei belassen würde. Ein paar bange Augenblicke war es so still wie vor einem Sturm.
    «Ich denke», hob er an und Nilah duckte sich fast, «Du solltest vorläufig besser auf sämtliche Nationalgetränke dieses Landes verzichten», beendete er seine sehr kurze Predigt und biss geräuschvoll in seinen Toast.
    Nilah schaffte es gerade noch die Treppe hoch, konnte kaum richtig die Tür zuschlagen, dann keuchte sie auch schon ins Waschbecken, das Klo war zu weit. Aber es kam nichts, außer einem heftigen Rucken, das vom Magen bis zur Kehle schoss. Nur ein paar Speichelfäden rannen herunter. Ihr wurde schwindelig. Sie tastete nach dem Badewannenrand und setzte sich. Ich will nach Hause! , dachte sie verzweifelt, und es schien die Antwort auf all das zu sein, was sie nicht mehr wollte. Sie wollte nicht länger hier sein, sie wollte sich nicht länger so elend fühlen und eines wollte sie auf gar keinen Fall: Ihren Verstand verlieren.
    Ihr Papa hatte ihr Tee ans Bett gebracht. Morrin hatte ihn gemacht. Nilah bemerkte nach ein paar

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