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Die Bestimmung

Die Bestimmung

Titel: Die Bestimmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Kellen
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der Troll und riss an der Schlinge, doch Liran hatte damit gerechnet und fiel nicht vor dessen Füße. Einen Moment starrten sich die beiden wütend an.
    «Wie ist dein Name, Mensch?», zischte der Troll.
    «Liran!» Der Troll ließ die Schlinge aus den Händen gleiten, als wäre sie plötzlich von einer Krankheit befallen. Einen Herzschlag lang starrte er den Krieger an, dann besann er sich, packte dessen Kehle und drückte ihn gegen die Wand.
    «Niemand hat mich bisher besiegt. Du hast Magie bei Dir. Gib es zu! Wo ist sie?»
    Liran röchelte. Dann spuckte er dem Troll mitten ins Gesicht. «Ist das Antwort genug?», würgte er hervor.
    Ein heftiger Schlag war die Erwiderung. Lirans Lippen platzten auf, in seiner Nase knirschte es. Blut schoss daraus hervor und floss warm in seinen Mund. Für einen Augenblick glaubte er, nie wieder sehen zu können. Dann lächelte er den Troll mit Blut verschmierten Zähnen an.
    «Und wie ist Dein Name?»
    «Orom!» Die Stimme war nicht länger wütend. Sie schien sogar zufrieden mit dem Schlag und der Erkenntnis, dass wohl doch keine Magie im Spiel war. Die Ehre war gerettet.
    «Sie werden Dich wegbringen und töten, Leibwächter. Fünf Krieger sind für immer fort, wieder zu Erde geworden.»
    «Ist das alles, Orom?», stieß Liran hervor. «Wer hat Euch auf seine Seite gezogen? Ihr habt damals nicht eingegriffen, warum jetzt?»
    «Der Rätselfinder kam zu uns. Er hatte nur zwei Angebote auf seiner Zunge: Kämpft oder vergeht!»
    Gleichmäßige Schritte wummerten plötzlich durch die Tunnelwände und ließen die Leuchtsäulen zittern. Orom blickte in Richtung einer der Gänge.
    «Stirb ehrenvoll!», sagte der Erdtroll.
    Liran sah ihn an. Ganz dicht waren ihre so unterschiedlichen Gesichter und Ansichten beieinander.
    «Das werde ich.», erwiderte Liran. «Und pass Du auf, auf wessen Seite Dein Ungestüm demnächst wütet. Es könnte jene sein, die Dich verschlingt!»
    Orom verschwand ohne sich umzudrehen in einem der Tunnel. Dafür kamen aus einem der anderen schwer bewaffnete Erdrolle. In ihren Blicken hatte sich bittere Genugtuung eingenistet. Sie trugen Eisen. Überreste von längst vergangenen Schlachten und Helden. Einer hatte einen verrosteten Helm auf, ein anderer trug eine einzelne Beinschiene, auf der noch Muster zu erkennen waren. Sie schienen stolz darauf zu sein. An der Hüfte des Anführers baumelte ein verwittertes Schwert, das sicher nicht einmal mehr einem trockenen Zweig hätte schaden können. Allesamt sahen sie zwar irgendwie zusammengewürfelt aus, hatten aber dennoch etwas Bedrohliches an sich. So sah man aus, wenn man Befehlen treu und blind folgte.
    Der Anführer trat vor Liran und musterte die Zugschlinge, indem er seinen erdigen Zeigefinger zwischen Hals und Wurzel zwängte und sich prüfend von deren Festigkeit und Enge überzeugte. Sein Atem stank wie verfaultes Wasser. Seine wulstigen Lippen schoben sich immerzu vor und zurück. Auf seiner Stirn war ein abgeschnittenes Wurzelhorn. Regenwürmer wanden sich neben seinem linken Auge.
    «Deine winselnden Schreie werden durch unser Erdreich hallen und ich werde ihnen freudig lauschen. Von ganz nah!» Dann wandte er sich den Waffen zu, die auf dem Tisch lagen. Er nahm das Schwert in die Hand und besah es sich. Gier lag in seinen bewundernden Bewegungen.
    Liran lächelte.
    Die Schlinge um seinen Hals qualmte kurz, färbte sich rußig und rieselte in kleinen Aschebröckchen zu Boden.
    «Magie!», schrie einer der Erdtrolle und aus seinem erdigen Gesicht verflog all die Ruhmesgewissheit. Angst stand nun in seinen Augen. Und als Liran seine Arme so mühelos nach vorn holte, als wären sie nie gefesselt gewesen und der Duft verbrannter Wurzeln in der Luft hing, da rannte schon ein Troll, Warnungen rufend, in einen der Tunnel.
    Das Gesicht des Kriegers veränderte sich und die Trolle starrten, wie gelähmt von der Magie, auf das, was dort wuchs. Ein weiterer Troll ließ seine Keule fallen und rannte ebenfalls in einen der dunklen Gänge. Die beiden übrig gebliebenen, offensichtlich zu wütend und kampferprobt, um kopflos zu fliehen, stürzten sich auf ihn. Mit zwei gewaltigen Schritten war der Anführer bei ihm und hob dabei Lirans Schwert weit ausholend über seinen mächtigen Schädel.
    «Du ehrenloser Sohn einer ...», weiter kam er nicht. Ein ellenbogenlanger Eiszapfen steckte in seinem Brustkorb. Der Troll blinzelte überrascht, öffnete den Mund, als wollte er noch einen letzten Fluch aussprechen, und sackte

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