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Die Bestimmung

Die Bestimmung

Titel: Die Bestimmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Kellen
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beiseite und warf eine weiße Plastiktüte mit einem großen roten "A" auf das Sofa. Dann setzte er sich neben sie und seufzte.
    «Ich weiß nicht, was Peter sich dabei gedacht hat», schnauzte er leise, während er die Tüte ausschüttete. Zum Vorschein kamen zwei unterschiedlich große und farbige Packungen. Die eine drehte er nachdenklich in der Hand herum. «Ein Breitbandantibiotikum, 20 Kapseln N2 und ...», er nahm die andere Schachtel zur Hand, «… Zäpfchen gegen das Fieber. Kann mir 'mal einer sagen, wie wir das einem offenbar Bewusstlosen verabreichen sollen?» Wieder seufzte er. Der Drei-Tage-Bart ließ ihn älter wirken. «Ich denke, wir warten noch bis morgen. Vielleicht hat unser Herr Doktor dann ja stabilere Nadeln dabei.»
    «Stabilere Nadeln?», hakte Nilah nach.
    «Kannst Du mir vielleicht erst einmal sagen, wer da auf unserem Sofa liegt? Ich meine, der Typ sieht aus wie aus 'nem Film. All diese komischen blauen Tätowierungen, diese Spiralen und Zeichen auf seiner Haut. Ach, übrigens habe ich Peter gesagt, er sei ein Maori. Aus Neuseeland und hier in Hamburg für eines meiner Projekte. Den Grund der Verletzung habe ich übersprungen! Geglaubt hat er mir sicher kein Wort. Also Nili, wer ist das?»
    Nilah setzte sich auf und sah lange Liran an, der da lag und sich bisher nicht einen Millimeter gerührt hatte. Sie fing tausend Sätze in ihrem Kopf an, doch schon bald wusste sie weder wo hinten noch vorne war. Also begann sie einfach mit der eben gestellten Frage.
    «Sein Name ist Liran. Ich habe ihn schon einmal getroffen. In der Nähe von Oma Eddas Haus. Er sagte, er sei gekommen, um mich zu beschützen.»
    Dass er das schon längst getan hatte, ließ sie zunächst ungesagt, zunächst. Ganz langsam rantasten , dachte sie.
    Ihr Vater stand auf und ging zu den Kleidern, die sie dem Krieger vom Leib geschnitten hatten, um an seine Wunden zu kommen. Er hob das Wams hoch und starrte ihn an.
    «Das sieht aber nicht gerade aus wie ein typisch irischer Wollpulli. Hat er noch etwas gesagt?» Er kam zurück und setzte sich wieder. Nilah sah ihm an, dass er jetzt gerne eine rauchen würde.
    «Das hört sich jetzt vielleicht etwas eigenartig an, aber er sagte, dass er nicht wisse, in welcher Zeit er sei. Dann sagte er noch etwas von Cäsar und von einer Schlacht bei Alesia und ich sagte ihm, dass Cäsar seit über 2000 Jahren tot sei und ich nichts mit ihm zu tun haben will. Da ist er fast umgekippt, hat geguckt, als hätte man ihm das Herz aus dem Leib gerissen»
    «Meine Tochter», stieß er aus und klatschte die Hände vors Gesicht. «Trifft in der Einöde einen Irren … oder was weiß ich und sagt mir nichts davon? Oh, Nili.»
    «Du hast seine Augen nicht gesehen, Papa», verteidigte sie sich. «Und er sagte noch, er sei mein Anam Ċara …»
    «Halt!», rief ihr Vater. «Sag das noch 'mal und zwar ganz deutlich, bitte.»
    «Er sei mein Anam Ċara ... was ist los, Papa, Du bist bleich wie eine Wand.» Nilah stand auf, setzte sich neben ihn und nahm seine Hände in die ihren. Sie waren ganz kalt. Er sprach mehr zu dem Mann auf dem Sofa als zu ihr.
    «An dem Abend, als wir wiedergekommen sind, habe ich später noch mit Morrin telefoniert. Sie hat die Stimmung auf dem Weg zum Flughafen ja mitbekommen und dass Du so plötzlich nach Hause wolltest. Sie hat wohl gemerkt, dass mir Dein Schweigen zugesetzt hat. Sie hat mir erzählt, dass Dir so etwas wie Magie widerfahren sei, in Irland. Sie hat wirres Zeug erzählt, wollte nicht alles ausplaudern. Kurz bevor mein Akku leer war, sagte sie noch, dass, wenn Du jemanden treffen würdest, der sich als Dein Anam Ċara bezeichnet, wir das ernst nehmen sollten, sehr ernst sogar. Oma Edda hätte es ihr gesagt. Ich hab' Dir nichts davon erzählt, weil alles so unwirklich klang.» Er stieß den Atmen laut aus. «Was bedeutet Anam Ċara?»
    «Seelenfreund!»
    «Mmh.»
    Eine Zeit lang saßen sie schweigend da. Sie Sahen auf den Mann, der unter den Wolldecken lag, jeder in seine Gedanken vertieft. Irgendwann konnte Nilah nicht mehr anders, und während Liran leise und flach atmete und lebte, erzählte sie ihrem Vater alles. Es war, als ob sie einen Schritt über eine Hürde machte. Es war, als ließe sie etwas in sich los. Und somit ließ sie es auch wahr werden. Angst und Unglaube zogen sich immer weiter zurück und überließen, nur widerwillig, einem anderen Mächtigen das Feld. Als sie es beschrieb, schien sie zum ersten Mal selbst zu akzeptieren, dass das, was ihr

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