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Die Betäubung: Roman (German Edition)

Die Betäubung: Roman (German Edition)

Titel: Die Betäubung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Enquist
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ich dich mitnehmen?«
    Kronenburg. Er drückt sich einen breitkrempigen Hut auf den Kopf. Das geht schief, denkt sie, der Hut landet gleich auf dem Straßenpflaster. Kronenburg steht zu nah, sie riecht seinen Atem. Alkohol. Wie soll sie das jetzt wieder abwimmeln?
    »Mein Mann holt mich ab. Aber danke.«
    »Bist du sicher?« Er wirkt beleidigt. Sie weiß, dass er ein sehr schönes Auto hat.
    »Was für ein grässlicher Abend übrigens. Die Infantilität unserer Abteilung kennt keine Grenzen, bislang. Tschüs, und komm gut nach Hause.«
    Du solltest nicht mehr fahren, will sie ihm nachrufen, als er mit der Hand auf dem Hut davongeht. Sie tut es nicht.
    Was jetzt? Ein Taxi rufen? Sie greift zu ihrem Handy und sucht in der Namensliste nach dem Taxiunternehmen. Bevor sie es gefunden hat, klingelt das Telefon.
    »Ja?«
    »Suus? Peter. Ich hol dich ab. Taselaar rief gerade an. Simone ist eingeliefert worden. Sie liegt auf der Intensivstation.«

II. Durchführung

11
    Jetzt, im Sommer, treffen sich Peter und Drik jeden Montagmorgen um halb neun auf dem Tennisplatz. Eine Stunde lang schlagen sie sich mit größtmöglicher Wucht scharfe Bälle zu, anfangs, um in Fahrt zu kommen, dann, um zu punkten. Ein Pappelhain umgibt den Tennisplatz, die Bäume stehen voll im Laub. Die Luft ist frisch und duftet von den benachbarten Fußballplätzen her nach Gras.
    Sie keuchen und schwitzen. Beide holen alles aus sich heraus, um auch schwierige Bälle noch zu erreichen. Peter ist gelenkig, Drik entschlossen. Das Geräusch von gut getroffenen Bällen erfüllt sie mit Zufriedenheit, es signalisiert Ruhe, lässige Kompetenz. Nichts geht über einen schönen, mit der Mitte des Rackets geführten Schlag gegen einen neuen Tennisball.
    Drik folgt dem gelben Punkt, wenn dieser sich von Peters Racket löst. Er antizipiert die Flugkurve des Balls, läuft an die Stelle, von der er den optimalen Return schlagen kann. Herrlich, wenn das gelingt. Es ist keine Zeit dafür, die Freude mit Peter zu teilen, er muss den Ball im Auge behalten, das Netz, aber er weiß sich mit dem Mann auf der gegenüberliegenden Seite verbunden. Ansonsten keine Gedanken. Die melden sich erst zurück, wenn er unter der Dusche steht, wenn die Freunde sich in die frühe Sonne hinaussetzen und einen Kaffee bestellen.
    Dort sitzen sie jetzt, mit nassen Haaren und angenehm müden Muskeln. Auf dem Platz spielen inzwischen vier Frauen. Kinder zur Schule gebracht und dann schnell mit den Freundinnen los, denkt Drik. Arbeiten, nein danke. Kostspieliges Studium absolvieren, um sich nun hier die Zeit beim Ballspielen und Herumalbern zu vertreiben. Aber ich sitze auch hier. Vielleicht haben sie ja schwere Nachtschichten als Krankenschwestern oder Polizistinnen hinter sich. Ich sollte nicht immer gleich das Schlechteste annehmen.
    Trotz des munteren sportlichen Intermezzos sieht Peter bedrückt aus. Das Croissant, das Drik ihm anbietet, lässt er liegen. Sie unterhalten sich über die Arbeit. Dort drückt Peter der Schuh nicht, denn er ist damit zufrieden, wie es in seiner Klinik läuft, und lebt richtig auf, als er Driks Fragen beantworten und von seinem Alltag erzählen kann. Roos also? Ist etwas mit Roos nicht in Ordnung? Sie habe vielleicht einen Freund, meint Peter, obwohl sie es nicht so eindeutig sage. Sie rede schon seit einer Weile von einem Jungen, mit dem sie manchmal in Konzerte gehe. Mit dem sie sich am Wochenende verabrede. Dann komme sie nicht zum Essen nach Hause.
    »Er arbeitet also«, sagt Drik, »wenn er nur an den Wochenenden Zeit hat. Das ist gut.«
    »Wir würden sie natürlich gern alles Mögliche fragen«, sagt Peter. »Wie alt er ist, ob sie richtig zusammen sind oder noch in der Annäherungsphase, wie sie sich mit ihm fühlt und so weiter. Aber sowie man etwas fragt, wechselt sie das Thema. Sie hat ihn im Orchester kennengelernt, wie sie mir einmal aus Versehen verraten hat. Er hat ihr wohl am Anfang ein bisschen geholfen. Er spielt Cello. Das sind meistens angenehme Menschen, Cellisten. Mir ist es eigentlich sympathisch, dass sie es so für sich behält, aber Suus kann das nur schwer ertragen. Die will Klarheit. Sie würde ihn am liebsten zum Essen einladen. Und am Küchentisch verhören. Damit darf man Roos aber nicht kommen.«
    »Gibt das Orchester nicht mal Konzerte oder so? Da könntest du dir doch die Cellogruppe anschauen. Wahrscheinlich siehst du es auf Anhieb.«
    »Gute Idee. Werde ich mal anregen. Ist dir übrigens etwas an Suzan aufgefallen in letzter

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