Die Bettgeschichte (T-FLAC) (German Edition)
loslaufen, schnell und möglichst weit weg. Sie wollte den Wind im Gesicht spüren. Sie wollte an einen warmen, dunklen Ort, wo keiner sie finden würde und sie sich ein für alle Mal das Herz aus dem Leib weinen konnte. Um Jake weinen, um Großmama und um sich selbst. Die Trauer brodelte wie Lava unter ihrer Haut, und ihre Haut war nasskalt vor Erschöpfung.
»Fertig«, sagte sie. Und ich habe mich noch nicht einmal übergeben.
Er schaute hoch und lächelte sie an. »Ordentliche Arbeit.«
Sie packte die blutigen Gazestreifen zusammen, die Schüssel und den Erste-Hilfe-Kasten und stieg über sein Bein.
»Ich hätte ja Duchess gefragt, aber sie geht mit Verbandsstoff nicht so geschickt um wie ich.«
Duchess, die jeden Handgriff ihres Frauchens besorgt beobachtet hatte, gab Jake einen liebevollen Stups ans Knie. Er kraulte die Dogge hinter den Ohren, aber er schaute seine Krankenschwester an. »Und wie geht es dir, Florence?«
»Ganz prima!«
Und dann wurde alles schwarz.
Jake hörte den Ausführungen am anderen Ende der Leitung zu. »Hör zu, Leon«, sagte er dann. »Wenn du zu feige bist, es selber zu machen, dann suche mir wenigstens jemand anderen, der es macht. Mir ist das egal. Ich zahle hundert Riesen. Bar auf die Hand.«
Das interessiert dich jetzt , Leon , dachte er zufrieden. Sein Herz klopfte bis zum Hals, als er den Handel unter Dach und Fach brachte. Er machte alle notwendigen Angaben und gab dem Piloten eine Telefonnummer, damit er ihm die Landezeit durchgeben konnte.
Ticktack, ticktack. Die Zeitbombe wartete darauf hochzugehen.
Er legte auf und stellte das Telefon auf die Truhe. Marnies Puls flatterte unter seinen Fingern. Er sah sie prüfend an. Marnie machte die Augen auf.
»Wie fühlst du dich?«
»Wie eine Idiotin, danke.« Ihre blasse Gesichtsfarbe ließ ihre Augen ungewöhnlich blau leuchten. Sie schenkte ihm ein kleinlautes Lächeln. »Ich habe dir doch gesagt, ich kann kein Blut sehen.«
Jake konnte nicht anders. Er nahm ihr Gesicht in die Hände und streichelte mit dem Daumen ihre zarten, weichen Wangen. Er hätte sie am liebsten in Watte gepackt und in ein Regal verstaut.
»Du hast mir einen höllischen Schreck eingejagt. Ich habe gedacht -« Er hatte gedacht, sie habe eine Herzattacke. Es war so plötzlich und unerwartet passiert. Sicher, sie war sehr blass gewesen, aber das war ihm nicht ungewöhnlich erschienen. Sie hatte höchstwahrscheinlich noch nie eine Schusswunde gesehen, ganz zu schweigen, eine versorgt. Sie war munter, gesprächig und zum Philosophieren aufgelegt gewesen. Ganz sie selbst. Als sie zusammengebrochen war, hätte er selbst fast einen Herzinfarkt bekommen.
Er hatte sein Leben lang nicht so schnell reagiert. Trotzdem war sie zu Boden gegangen. Das Wasser war in alle Himmelsrichtungen gespritzt, die Dogge war herumgeschossen, er hatte jeden Fluch, den er kannte, benutzt, und Marnie war wie eine Kerze im Wind ausgegangen.
Dass er seine Wunde aufgerissen hatte, spielte keine Rolle. Marnie war bewusstlos.
Jetzt flackerte ihr Blick von seinem Gesicht zum Verband und wieder zurück. Sie ächzte und versuchte, sich aufzusetzen. »Jetzt sieh dir an, was du gemacht hast. Du blutest wieder.«
»Das macht nichts«, sagte Jake schnell. »Schau einfach nicht hin.«
Duchess, die um die Couch gekreist war, seit Jake ihr Frauchen auf die Polster gelegt hatte, legte ihren Kopf auf die Rücklehne.
Marnie setzte sich auf und lehnte sich mit dem Rücken an die Armlehne. Sie kraulte die Dogge hinter dem Ohr und schaute Jake an.
»Entschuldige, bitte. Für deine Unterlagen: Nicht bluten, nicht kotzen, nicht weinen«, sagte sie erschöpft. »Ich falle sonst entweder in Ohnmacht oder ich mache mit. Das ist diese Empathiegeschichte. Ich wäre bestimmt eine tolle Krankenschwester, wenn ich das nicht hätte.«
»Ich werde daran denken.« Seine Finger wollten ihr die Locken aus dem Gesicht streichen, ihre weiche Haut berühren und ihr immer wieder den Puls fühlen.
Jake war, trotz Marnies Ohnmacht, zu einer erstaunlichen Erkenntnis gekommen: Unter der zarten Oberfläche dieser Frau schlummerte eine unglaubliche Kraft.
»Erst bewahrst du mich davor, einen Kopfsprung vom Wasserfall zu machen, dann flickst du mich zusammen wie ein Profi. Du steckst voller Überraschungen, weißt du das?«
Marnie schaute ihn mit seltsamem Blick an. »Ich konnte dich wohl kaum fallen lassen.« Sie sah den Fußboden und zog die Nasenspitze kraus. »Ich räume besser auf.«
»Du bleibst, wo du
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