Die Bettgeschichten der Meisterköche: Roman (German Edition)
schüttelt den Kopf, als sie mir eine Tasse hinstellt.
– Joyce, Brian hat Schweres durchgemacht. Da ist es nur zu gut verständlich, dass er etwas verwirrt ist, bringe ich ganz versöhnlich vor. Der Tee ist in einer albernen kleinen Porzellantasse, in die nichts reingeht, und der Henkel ist so winzig, dass man sie kaum hochheben kann.
– Ja, stimmt Joyce Kibby mir energisch zu und sabbelt mich weiter mit tausend Entschuldigungen im Namen ihres Sohns voll. Aber das Einzige, woran ich im Moment denke, ist ihre Tochter. Sie ist hinreißend und übercool, ein Scheiß-Megababe; alles, was Brian Kibby und seine dämliche Mutter nicht sind.
Caroline Kibby. Brian Kibby. Und dann kommt mir ein Geistesblitz, der mich beinahe blendet! Es gibt einen Weg, wie ich Brians Fortschritte überwachen kann, einen legitimen Grund, die Kibbys weiterhin zu besuchen! Ich würde zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen beziehungsweise mit einer Liebesmühe. Und ich würde außerdem aller Wahrscheinlichkeit nach dem armen Brian tierisch auf den Wecker fallen.
– Er zeigt sich dadurch in so einem schlechten Licht, aber er ist kein böser Mensch, Mr Skinner, er ist ein anständiger junger Mann …
Caroline.
Dieses göttliche und treffliche Präfix, das für meinen hungrigen, rastlosen Geist nun die Toxizität dieses ehedem widerwärtigen Wortes »Kibby« total neutralisiert. Es ist kein Zucker im Tee, aber ein süßeres Elixier habe ich nie gekostet. Wenn ich Caroline Kibby träfe, mit ihr gehen würde, könnte ich herkommen, wann immer ich wollte, und Brian könnte einen Scheiß dagegen tun. Ich könnte mich um ihn kümmern, zumindest bis er wieder auf dem Damm war. Gesund essen, viel Ruhe und ein gesundes Liebesleben, und zusehen, wie er aufblühte. Und währenddessen könnte ich lernen, ihn zu verstehen, herausfinden, warum ich diese seltsame und schreckliche Macht über ihn habe!
– … hat mir und meinem Ehemann, Gott hab ihn selig, keinen Tag lang Kummer gemacht …
Caroline Kibby.
Nein, es war gar kein Unwort. Eigentlich geradezu schön: Kibby, Caroline Kibby. Ja, ich konnte Brian stark machen, ehe ich nach Haus zurückkehrte, nach San Francisco …
Dorothy.
In mancher Hinsicht erscheint es mir nun schon so weit weg,
aber es war so real, so gut.
– … und wie er sich Ihnen gegenüber aufführt … ich kann es nicht erklären … schon wenn er wüsste, dass Sie hier sind …
– Schon gut, sage ich zu Joyce, Schwamm drüber. Brian ist immer noch sehr krank, und das Letzte, was ich will, ist, ihn aufzuregen. Ich gehe jetzt mal, und ich werde von Krankenhausbesuchen absehen. Vorausgesetzt natürlich, Sie halten mich über seine Fortschritte auf dem Laufenden.
– Das mache ich auf jeden Fall, Mr – Danny, und noch einmal vielen Dank, dass Sie so viel Verständnis hatten. Joyce sieht mich mit diesem flehenden Blick an. Und zum ersten Mal kommt mir den Gedanke, hinter diesem eigenartigen Fluch könnte sich irgendein wunderbarer göttlicher Plan verbergen. Ich trinke meinen Tee aus, und als ich mich verabschiede, bleibe ich kurz stehen, um meinen Kopf durch die Tür des Wohnzimmers zu stecken und Caroline ein fröhliches: – Bye! zuzurufen und sie noch einmal anzulächeln.
– Tschüs dann, sagt sie und dreht sich vom Tisch um, an dem sie gesessen hat – zuerst etwas überrascht, aber dann erwidert sie mein Lächeln, und ich denke, wow, das Mädchen ist was ganz Besonderes!
Ich schwebe derart euphorisiert bei Kibbys raus, dass ich das Glucken und Gurren von Joyce kaum mitbekomme. Dann ist mir, als würde ich tausend Fuß durch meinen eigenen Körper fallen, als ich wieder an Dorothy drüben in San Francisco denke. Scheiße, ich weiß echt nicht, was ich machen werde.
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35
Der schiefe Turm
Seine Freunde waren ganz schön überrascht; nicht nur, dass Danny Skinner so bald zurückgekommen war, vor allem darüber, dass er in Edinburgh rumhing und immer noch keinen Tropfen Alkohol anrührte. Er schrieb regelmäßig E-Mails an Dorothy, aber mit Joyce telefonierte er jeden zweiten Tag, um sich nach Brian Kibbys Fortschritten zu erkundigen. Die gelegentliche Tasse Kaffee mit Shannon McDowall war seine einzige andere nennenswerte gesellschaftliche Aktivität. Shannon war auf seine alte Stelle befördert worden, aber nur mit einem Zeitvertrag, was sie ärgerte, weil alles nun von einer weiteren Mitarbeiterbeurteilung abhängig war. Abgesehen von ihrer Gifterei über die – wie sie es sah – diskriminierende
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