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Die Bettgeschichten der Meisterköche: Roman (German Edition)

Die Bettgeschichten der Meisterköche: Roman (German Edition)

Titel: Die Bettgeschichten der Meisterköche: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
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waren die, bei denen sein Bedürfnis nach einem Drink ihn dazu trieb, sich früher zu verpissen.
    Was gab es denn sonst schon in diesem arschkalten, verregneten Ort?, überlegte er sarkastisch und fühlte den Rauch des billigen, muffigen Tabaks in seine Lungen dringen. Das Wetter hat uns alle zu depressiven Alkis gemacht, die sich griesgrämig unter dem erstickenden Mantel der Dunkelheit ducken. Wo winkte denn die wohlverdiente Pause? Wo sonst gab es das kameradschaftliche, derbe Lachen und, wenn man Glück hatte, das einladende Lächeln eines hübschen Mädchens? Alles unter einem kranken, nikotinvergilbten, alkoholgeschwängerten Dach. Der Ort, an dem selbst das höhnische Grinsen des Widersachers dir immerhin die Gewissheit gab, am Leben zu sein: Alles spielte sich im Public House ab.
    Er hatte seit Langem kein solches Lokal mehr aufgesucht. Aber heute hatte sich Danny Skinner beim Aufwachen gefühlt wie seit Ewigkeiten nicht mehr: Ihm war schlecht, und er fühlte sich erschlagen, zittrig, müde und klebrig. Er fühlte es in seinem Körper, seine degenerative, zersetzende Einwirkung. Es musste ein Virus sein. Aber nein, für all das hatte er doch sicher Brian Kibby.
    Er zog die Bettdecke weg und gestattete es den Ausdünstungen seines alkoholgeschädigten Körpers aufzusteigen. Ein Zittern setzte in seinem Kreuz ein, als ihm kurz das Bild eines leidenden Brian Kibby durch den Kopf schoss. Es war wie das Blitzlicht des Polizeifotografen am Schauplatz eines Mordes in einem alten Hollywoodfilm.
    Nee … das kann doch nicht … Fuck …
    Konnte es bedeuten, dass Brian Kibby am Ende doch gestorben war … tot wie der Morgen draußen; dass sein schwerer Körper und seine gequälte Psyche schließlich doch an der Belastung zugrunde gingen und er sein Leben aushauchte …?
    Nein … immer mit der Ruhe … Caroline oder Joyce hätten dann sicher angerufen, um es mir zu sagen .
    Durch seinen säuerlichen, pappigen Mund sog Skinner, die Zigarette ausdrückend, einen dünnen, eisigen Atemzug ein, der in seiner heiseren Kehle brannte und seinen blubbernden Mageninhalt revoltieren ließ. Als sein Puls dann zu rasen begann und irgendeinen Zapfhahn öffnete, damit die entsprechenden Drüsen ihn mit kaltem Schweiß überfluten konnten, kam ihm die Erkenntnis wie ein einschießender Schmerz.
    Kibby. Die dreckige kleine Fotze … schlägt zurück .
    Ja, Danny Skinner hatte einen Kater. Waren die Kräfte dann also nicht wechselseitiger Natur? Er spürte die Muskeln in seinem müden, aber immer noch trainierten Arm. Sie hatten ganz schön zugelegt, damals, als Kibby sich im Fitnessstudio abrackerte. Er hatte es lachend abgetan und als alterstypische Entwicklung verbucht. Aber nein, es war alles andere als vergebliche Mühe gewesen, Brian Kibby hatte Danny Skinner aktiv aufgepumpt! Jetzt fing Kibby das Saufen an, und er musste leiden! Es war so einleuchtend, wie es nur die Binnenlogik dieses bizarren Verhältnisses möglich machte, und Skinner musste sich eingestehen, dass es sehr für Kibbys tugendhaftes Abstinenzlertum sprach; andere hätte sich schon vor Ewigkeiten dem Alk ergeben.
    Skinner bewegte sich zitternd den Walk hoch in die Stadt und setzte sich ins Internetcafé auf der Rose Street, wo er E-Mails schrieb und darum kämpfte, die schmierigen Dämonen zu ignorieren, die ihm Kopf und Körper benagten. Zwischendurch versuchte er, anhand seines Zustands abzuschätzen, wie viel Kibby so weggestellt hatte.
    Es hatte keinen Zweck. Er konnte Dorothy nicht schreiben. Skinner fand sich in der alten Situation, in der er auf der Arbeit oft gewesen war: dass er sich um Aufgaben herumdrückte, einfach nur, weil sein nervöses, verkatertes Ich nicht die mentale Stärke aufbrachte, sich auch nur auf die klitzekleinste soziale Interaktion einzulassen. Es überforderte ihn schon, sich Wechselgeld für den Münzeinwurf geben zu lassen, als seine Internetzeit abgelaufen war. Und davor hatte er das gemacht, was er auch bei der Stadt gemacht hätte: sich den ganzen Tag lang an Papier schneiden und sengend heiße Kaffebecher aufheben, um damit zum Schreibtisch zu tänzeln. Eine dominierende Emotion konnte sich gegen seine allgemeine Abgewracktheit durchsetzen: Wenn Kibby sich mit mir anlegen will – das kann er haben.
    Vom Kampfgeist bestärkt, verließ Skinner das Café und beschritt die North Bridge, die ihn zu den Pubs der Royal Mile führte. Als er den ersten davon verließ, konnte man schon kaum noch zwischen dem Frühabendhimmel und den

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