Die Bettgeschichten der Meisterköche: Roman (German Edition)
Schmerzen waren noch da, er konnte sie fühlen, aber sie taten ihm nicht weh, der Alkohol hatten ihnen den Stachel genommen. Fast schockiert stellte er fest, dass ihn hemmungslose Wut erfasst hatte. Auch früher schon hatte dieser junge Mann von eigentlich ausgeglichenem Temperament gelegentlich Anwandlungen solch hässlicher Emotionen verspürt, aber er hatte sich nie erlaubt, ihnen nachzugeben. Doch jetzt empfand Kibby seine verdrehte Bosheit als köstliche Befreiung.
Caroline. Trifft sich mit ihm.
Seine Schwester traf sich mit Skinner. Dieses schreckliche Bild wollte nicht aus seinem Kopf. Lange genug hatte allein sein einsames Siechtum seine Gedanken beherrscht, nun kreisten sie ganz um dieses neue Grauen. Brian Kibby sann wieder einmal verbiestert über seine Rivalität zu Skinner nach.
Skinner. Sie stehen unter seinem Bann. Sein Fluch …
Und kraft der schieren, heiligenden Intensität seiner hasserfüllten Gedanken senkte sich eine tiefe, bizarre Wahrheit in den Kern seiner Psyche.
Das war Skinner!
Er hat mir das angetan!
Es war irrational, aber darum seltsamerweise umso überzeugender, profunder und schwerwiegender. Ja, bestätigte er seinem nach dieser Lösung gierenden Verstand, es war Skinner.
SKINNER …
Und vielleicht war Brian Kibby auf gewisse Weise schon immer davon überzeugt gewesen. Auf einer rein emotionalen, intuitiven Ebene hatte er immer Danny Skinner verdächtigt, etwas mit seiner grausamen Heimsuchung zu tun zu haben. Ihm war aufgefallen, wie Skinner ihn ansah, ihn in dieser irritierenden Weise beobachtete, mit diesem süffisanten Ausdruck im Gesicht, als wüsste er alles. Eine Zeit lang hatte er gar geglaubt, dass Skinner ihn vergiftete. Er hatte eine Weile nichts gegessen oder getrunken, was Skinner in die Finger bekommen haben konnte, um es zu manipulieren. Doch der Verdacht hatte sich nicht bestätigt: seinen Verfall hatte es nicht aufgehalten. Und dennoch war ein Teil von ihm nach wie vor überzeugt gewesen, dass Skinner der Verantwortliche war.
Es war Skinner!
Und jetzt geht Caroline mit ihm aus, und meine Mutter könnte sich nicht mehr freuen! Sie ist davon so angetan, dass sie kaum noch über etwas anderes redet, wie ein dummes kleines Mädchen! Und jetzt ist der auch noch nächsten Mittwoch bei mir zu Hause zum Essen eingeladen! Er nistet sich ein, versucht, Teil meiner Fa milie zu werden!
Nur der Wink nach einer neuen Runde konnte Kibbys verbitterte Meditationen unterbrechen. – Noch mal dasselbe, sagte er in einem pampig hingerotzten Nuscheln.
Dass der Mann die Augenbrauen hochzog, entging ihm, er sah nur die Hand zu den Spirituosenspendern gehen. In seinem Schädel brannte der Whisky, vermischt mit Gewaltphantasien über Skinner.
Ich würd diesen … diesen Scheißkerl … wie gern würd ich sehen, wie sie ihn verprügeln und zusammentreten und zu Brei stamp fen …
Dann lief er mit seinem Gedankengang derart heftig vor einen psychischen Laternenpfahl, dass Kibby von der Wucht seiner Erleuchtung durchgerüttelt wurde. Er erinnerte sich, dass Skinner schon einmal zusammengeschlagen worden war, ganz schlimm, und dass das sogar in der Zeitung gestanden hatte.
Das Fußballspiel, und nachher hatte er nicht einen blauen Fleck gehabt!
Einige der Fenster in den angrenzenden Mietshäusern waren noch käsig-gelb erleuchtet, vereinzelte ungepflegte Zähne in einem großen, dunklen, gähnenden Schlund. Als seine schweren Augen, vom monotonen Pochen in seinem Schädel begleitet, langsam scharf stellten, konnte Skinner so gerade eben die verschiedenen Schattierungen von Dunkelheit ausmachen, um die herum er sein Leben zu navigieren gelernt hatte. Während seine zitternden Hände sich über die durchseichten Kippen im McEwans-Lager-Aschenbecher neben seinem Bett hermachten und Fitzel von unverbranntem Tabak auseinanderzupften und zerkrümelten, um sie zusammen in ein Blättchen zu rollen, sann er über die langen Stunden der Finsternis nach, die sich ins Unendliche auszudehnen schien.
Alkohol, überlegte er, als er seine Kippe an die Lippen führte, war das Einzige, was ihn davon abhielt, in die alles umschließende Dunkelheit zu rennen. An solchen frühen Morgen war es die Betrunkenheit der Nacht davor, die ihn verschlafen ließ und davon abhielt, zur Arbeit aufzustehen und in diese kalte, schneidende, trostlose Schwärze hinauszutreten. Und die einzigen Gelegenheiten, bei denen er dem Arbeitsplatz entkommen konnte, ehe die Nacht des Spätnachmittags sich um ihn herabsenkte,
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