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Die Bettgeschichten der Meisterköche: Roman (German Edition)

Die Bettgeschichten der Meisterköche: Roman (German Edition)

Titel: Die Bettgeschichten der Meisterköche: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
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und kipp mir auf die Schnelle sechs Pints und drei doppelte JD s hinter die Binde. Der Spritkick trifft mich wie ein Dampfhammer. Als ich zurück in die Wohnung komme, ist Kay da und heult mal wieder. Sie erzählt ir gendwas von Tanzen, ihrer Karriere, ihren Zielen, ich hätte dafür kein Verständnis, sie wären mir scheißegal, und will gehen. Alles ist wie in Watte gepackt, wie ein Autounfall, und ich will etwas sagen, doch sie sieht durch mich hindurch, und ich sehe durch einen Alkoholnebel. Wir sind uns kein bisschen nahe, auch wenn wir im Doppelpack durch unsere auseinanderfallenden Leben stolpern.
    She came to dance …
    Ihre Gegenwart habe ich nicht spüren können, aber ihre Abwesenheit spüre ich nur zu deutlich. Ich kann nicht alleine hierbleiben, deswegen zisch ich wieder los, vorbei an der Pinte auf der Duke Street, wo ich kurz reinlinse und den großen Brocken sehe, der jetzt in einer nicht existenten Brise schwankt, und den kleinen Busby, der in verbitterter Unzufriedenheit an der Theke hockt.
    Am liebsten würd ich da wieder rein und …
    Jetzt geh schon die verfickte Straße rauf …
    Ich weiß gar nicht mehr, wie ich zur Wohnung meiner Ma gekommen bin, sie mir die Tür aufgemacht hat und ich reingegangen bin, ich hör mich nur zu ihr sagen: – Soso, er war also Koch … mein Dad war ein verfickter Küchenchef … ein Koch …
    Wir schreien uns an, und ich weiß noch, wie ich immer wieder brülle: – Koch, Koch, Koch …
    Dann sehe ich etwas in ihren Augen, keine Wut, sondern etwas Bissiges und Höhnisches. Ich verstumme, und sie sagt: – Aye, mein Sohn, und wie oft hat er für dich gekocht?
    Ich stürme raus und nehm mir vor, nie wieder mit dieser sturköpfigen miesen alten Nutte zu reden, bevor sie mir nicht die verdammte Wahrheit erzählt …
    Als ich dann wieder bei meiner Wohnung bin, die Treppen hoch und in meine Wohnung gehe, sehe ich ihn auf dem Kaminsims und bleibe stocksteif stehen vor Schreck.
    Es ist der Ring. Der Ring, den ich Kay geschenkt habe.
    Ich bin noch nicht bereit dafür. Ist man dafür je bereit?
    Mein Vater, mein armer alter Vater. Er hat nie irgendwem ein Haar gekrümmt, er war so ein grundanständiger Mann. Warum musste es so enden? Warum? Aber jetzt ist es Mums Trauer in ihrer schieren Wucht und Heftigkeit; sie ist ebenso entsetzlich wie der Tod meines Vaters. Ich war auf nichts von beidem vorbereitet, es ist einfach geschehen, und ich habe es nicht verkraftet. Ich weiß nicht, was tun, und Caz will nicht einmal darüber reden, sie sagt kein Wort.
    Es nieselt leise, als wir die Kapelle betreten. Ich schaue mich um und stelle fest, dass kaum jemand gekommen ist. Mein Dad war ein Familienmensch, und seine Familie war sehr klein. Er hatte keine älteren Verwandten mehr, daher sind außer uns und ein paar Leuten aus der Kirchengemeinde nur einige Nachbarn und ehemalige Arbeitskollegen von der Bahn da.
    Es ist so traurig und macht mich wütend, dass ein so guter Mensch einfach wegstirbt und von so wenigen betrauert wird, während zur Beerdigung von einem Wichtigtuer aus dem Fernsehen wie diesem De Fretais sicher Tausende kämen, um zu weinen und sich gegenseitig zu erzählen, wie toll er angeblich war. Aber es wären Krokodilstränen und nicht dieselbe tiefe Trauer wie bei uns: entsetzliche, stumme Verzweiflung und Lähmung, die Menschen zerreißen kann.
    Dads alte Freunde von der Bahn sagen alle das Gleiche über ihn. Er war ein anständiger, besonnener Mann, der zwar herzlich und freundlich war, aber doch weitgehend für sich blieb. Die Männer, die in dem Stellwerk an dem alten Eisenbahnknotenpunkt in Thornton, Fife, gearbeitet haben, erzählen mir von einer Seite meines Vater, die mysteriös für mich ist: ein Mann, der seine freien Stunden mit Lesen und Schreiben verbrachte und ganze Notizbücher vollkritzelte. Das schien, neben seiner Familie, seine große Leidenschaft gewesen zu sein. Als er Lokführer wurde, schien Dad tatsächlich seine Berufung gefunden zu haben. Allein vorne im Lokführerstand auf der Westhighland-Strecke.
    Ein ranghöherer Bahnbeamter, ein Mr Garriock, tritt zu uns und sagt zu mir und Mum: – Männer wie Keith gibt es heute nicht mehr. Sie können alle sehr stolz sein, und wirkt dabei aufrichtig bewegt.
    Der Gottesdienst ist wunderbar. Ich hatte mir geschworen, ich würde nicht weinen, doch ich kann nicht anders, als Mr Godfrey, der Pfarrer, von meinem Dad spricht, wie gut er ihn über die Gemeindeaktivitäten kannte, was für ein anständiger

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