Die Bettgeschichten der Meisterköche: Roman (German Edition)
tippte ihr sanft auf die Schulter, worauf Shannon Skinner einen raschen »Setzen-wir-uns-woandershin«-Blick zuwarf, bevor sie sich ihrem selbst ernannten Gastgeber zuwandte.
– Shannon, sagte sie höflich, aber reserviert, während Skinner seinen Hocker hinter sie zog, um einen Kreis zu bilden, in den sie sich notgedrungen fügen musste.
– Der majestätische Strom des alten Erin, schwärmte Cunningham-Blyth, wobei etwas Speichel auf seinen Bart sabberte, und deklamierte, – »No more he will hear the seagull’s cry, over the bubbling Shannon tide …« Stammt Ihre Familie von der Grünen Insel?
– Nee, sie haben mir den Namen wegen Del Shannon gegeben. Mein Dad war ein großer Fan von dem; er hat in einer Rockabillyband gespielt, erklärte sie mit Stolz.
Sandy Cunningham-Blyth war offenbar von dieser Neuigkeit etwas irritiert und ließ seine breiten Schultern nach vorne sacken. Dann hellte sich seine Miene wieder auf, und er sagte: – Na dann eben, where do you stay, my little runaway?
– Meadowbank, sagte Shannon, die sich mittlerweile ein wenig für den komischen Kerl erwärmte. Schließlich war er nur ein harmloser alter Betrunkener.
Skinner hatte derweilen Sandy Cunningham-Blyth genau in Augenschein genommen.
Runtergekommen, aber vermutlich noch keine sechzig; jung ge nug, um sich vor vierundzwanzig Jahren meine Mutter vorgenom men und sie geschwängert zu haben. Versoffen wie ein Loch, ganz offensichtlich, und immer noch gut dabei. Wenn er mein Alter sein sollte, kann ich nur hoffen, ich hab seine Konstitution geerbt!
– Ich bin Danny, Skinner streckte seine Hand aus und verspürte einen festen Griff. Er grübelte, ob der zum Mann gehörte oder dem Alkohol zu verdanken war. – Das ist ein interessanter Pub hier, was?, sagte er, einen Blick in die Runde werfend.
– Das war er mal, schnarrte Cunningham-Blyth mit rauer Stimme. – Früher war es ein Lokal, in dem lebenshungrige Menschen aßen, tranken und maßgebliche Fragen diskutierten, fuhr er mit vorwurfsvollem Blick auf die derzeitige Klientel fort. – Heute ist es bloß eine x-beliebige Kneipe.
– Haben Sie damals hier verkehrt?, fragte Skinner.
– Ja, das habe ich, erklärte Sandy Cunningham-Blyth stolz und machte dann große Augen: – Manchmal habe ich hier sogar gearbeitet.
– Hinter der Theke?
– Gütiger Himmel, nein, lachte der alte Chefkoch.
– Im Restaurant?
– Schon wärmer, lockte Cunningham-Blyth.
– Sie sehen mir eher wie ein kreativer Mensch aus … jemand mit jeder Menge Flair … ich wette, Sie waren Koch.
Cunningham-Blyth war entzückt. – Das war ich tatsächlich, mein scharfsinniger junger Freund, sagte er, und nun war es an Skinner, der Schmeichelei des älteren Mannes zu erliegen. Sein Lächeln war Cunningham-Blyth Anlass genug, seine Lebensgeschichte zu erzählen. – Ich hatte keine Ausbildung im klassischen Sinne, ich habe es einfach immer schon geliebt zu kochen, Gäste zu bewirten. Ursprünglich hatte ich eine Karriere als Rechtsanwalt im Auge gehabt, da hätte ich mich am Richtertisch statt an der Theke festgehalten, sagte der alte Koch und gestikulierte missbilligend Richtung High Street. – Aber das kotzte mich an. Ich dachte mir, die Stadt braucht nicht noch einen weiteren zweitklassigen Drecksanwalt, aber einen anständigen Koch konnte sie damals bestimmt vertragen!
– Schon komisch, meine Mutter hat hier in den späten Siebzigern gekellnert, sagte Skinner, vorsichtig vorfühlend, als er sah, dass Shannon nun im Gespräch mit einem anderen Pärchen neben ihnen war.
– Ah, jetzt wird’s interessant! Das waren tolle Zeiten damals hier. Wie hieß sie denn?
– Beverly. Beverly Skinner.
Sandy Cunningham-Blyth legte die Stirn kraus und sann nach, doch anscheinend konnte er sich wirklich nicht an Beverly erinnern. Er schüttelte den Kopf und seufzte. – Damals wechselten die so oft.
– Sie hatte grüne Haare, ziemlich ungewöhnlich damals. Sie war so eine Art Punk. Na gut, nicht so eine Art, sie war ein Punk.
– Aber ja! Ein prima Mädchen, wenn ich mich recht entsinne, jubilierte der alte Küchenchef, – obwohl man wohl kaum noch von Mädchen reden konnte, denk ich.
– Stimmt, meinte Skinner, während Cunningham-Blyth das Stichwort aufgriff, um sich wieder Geschichten aus der Glanzzeit des Restaurants zuzuwenden. Es war nur so allgemeines Zeug, doch Skinner war bereit, es langsam anzugehen und erst eine Beziehung zu dem Ex-Chefkoch aufzubauen, während die Biere
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