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Die Beute - 2

Die Beute - 2

Titel: Die Beute - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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setzte ihn fast auf ihre Knie, küßte ihn im Schein des Feuers auf den Mund und sagte: »Wahrlich! Es wäre zu dumm, wenn wir uns jetzt noch irgendeinen Zwang auferlegten. Du weißt wohl nicht, daß ich, seit du gestern mit mir brechen wolltest, den Kopf verloren habe. Ich bin halb wahnsinnig. Heute abend auf dem Ball lag es mir wie ein Nebel vor den Augen. Denn ich brauche dich jetzt, um zu leben. Gehst du von mir, so ist es um mich geschehen … Lache nicht, ich sage dir, was ich fühle.«
    Sie blickte ihn mit unendlicher Zärtlichkeit an, als hätte sie ihn lange nicht gesehen.
    »Du hast das richtige Wort gefunden, ich war einfältig; dein Vater hätte mich heute Sterne am hellen Mittag sehen lassen können. Wie sollte ich denn eine Ahnung haben! Während er mir sein Märchen erzählte, hörte ich nichts als ein großes Summen, und ich war so vernichtet, daß er mich, wenn er gewollt hätte, auf die Knie hätte zwingen können, um seine Wische zu unterschreiben. Und dabei hatte ich noch Gewissensbisse! Wirklich, so weit ging meine Dummheit!«
    Sie brach in Lachen aus; in ihren Augen funkelte der Wahnsinn. Sie drückte den Geliebten noch fester an sich und fuhr fort: »Tun wir denn etwas Böses? Wir lieben einander und vergnügen uns, wie es uns gefällt. Alle Menschen tun das, nicht wahr? Sieh, dein Vater legt sich keinerlei Zwang auf. Er liebt das Geld und nimmt es, wo er es findet. Er hat recht damit, und das macht es mir leicht … Erstens werde ich nichts unterschreiben, und dann wirst du jetzt jeden Abend wiederkommen. Ich hatte Angst, du wolltest nicht mehr, du weißt doch, weil ich das gestern zu dir gesagt habe … Aber da du dir nichts daraus machst … Und im übrigen werde ich ihm, wie du begreifen wirst, jetzt meine Tür verschließen.«
    Sie erhob sich und zündete das Nachtlämpchen an. Maxime zögerte, er war verzweifelt. Er sah, was für eine Torheit er begangen hatte, er machte sich bittere Vorwürfe, daß er zuviel geschwatzt hatte. Wie sollte er ihr jetzt seine Vermählung mitteilen! Es war seine Schuld, der Bruch war geschehen, er hätte es nicht nötig gehabt, wieder in dieses Zimmer zu kommen, vor allen Dingen nicht, der jungen Frau zu beweisen, daß ihr Gatte sie betrog. Und daß er nicht einmal mehr wußte, welchem Gefühl er dabei gehorcht hatte, verdoppelte seinen Zorn gegen sich selber. Doch wenn er auch einen Augenblick lang die Absicht hatte, ein zweites Mal roh zu sein und fortzugehen, so bemächtigte sich seiner beim Anblick Renées, die ihre Pantoffeln abstreifte, eine unüberwindliche Feigheit. Angst ergriff ihn. Er blieb.
    Als Saccard am nächsten Morgen bei seiner Frau erschien, um ihr die Abtretungsurkunde zur Unterschrift vorzulegen, antwortete sie ihm in aller Ruhe, daß sie sich die Sache überlegt habe und nicht unterschreiben werde. Im übrigen erlaubte sie sich nicht einmal eine Andeutung; sie hatte sich fest vorgenommen, zu schweigen, um sich keinen Verdruß zu schaffen, da sie die Wiederauferstehung ihrer Liebesbeziehungen in Frieden genießen wollte. Aus der Charonner Sache mochte werden, was wollte; ihre Verweigerung der Unterschrift war nichts als Rache, alles weitere war ihr gleichgültig.
    Saccard war nahe daran, sich zu Unbedachtsamkeiten hinreißen zu lassen. Sein ganzer Traum zerrann. Mit seinen übrigen Geschäften wurde es immer bedenklicher. Er war am Ende aller Hilfsmittel angelangt, hielt sich nur noch durch ein wahres Wunder an Seiltänzerkunst aufrecht; an diesem Morgen hatte er nicht einmal seine Rechnung beim Bäcker bezahlen können. Das hinderte ihn freilich nicht, für den Mittfastendonnerstag ein glänzendes Fest vorzubereiten. Bei der Weigerung Renées empfand er den ohnmächtigen Zorn eines kraftvollen Mannes, der durch die Laune eines Kindes in seinem Werk behindert wird. Er hatte fest damit gerechnet, sich mit der Abtretungsurkunde in der Tasche bis zur Auszahlung der Entschädigung hinreichend Geld beschaffen zu können. Nachdem er sich etwas beruhigt und wieder einen klaren Kopf hatte, wunderte er sich über den plötzlichen Umschwung bei seiner Frau; sicher war sie von jemandem beraten worden. Er witterte einen Geliebten. Diese Vermutung drängte sich ihm so stark auf, daß er zu seiner Schwester lief, um sie auszuhorchen, sie zu fragen, ob sie nicht etwas über Renées intimes Leben wisse.
    Sidonie zeigte sich recht erbittert. Sie hatte ihrer Schwägerin den Schimpf nicht verziehen, den jene ihr durch die Weigerung, Herrn de Saffré zu

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