Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Beute - 2

Die Beute - 2

Titel: Die Beute - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
Vom Netzwerk:
zuckte mit den Achseln.
    »Ja, du hast recht! Ich war ein Tor! Darum eben spreche ich aus eigener Erfahrung zu dir … Aber wir haben uns miteinander versöhnt, oh, vollkommen. Jetzt sind es schon fast sechs Wochen. Wenn ich nicht gar zu spät nach Hause komme, bin ich jeden Abend bei ihr. Heute nacht wird sich mein armer Engel wohl ohne mich behelfen müssen, ich habe bis zum Morgen zu arbeiten. Sie ist doch wirklich schön gebaut!«
    Als ihm Maxime die Hand reichte, hielt er ihn fest und fügte ganz leise, in vertraulichem Ton hinzu: »Du kennst doch die Taille der Blanche Muller? Nun, ungefähr so, nur zehnmal biegsamer. Und erst die Hüften. Die haben eine Linie, eine Zartheit …«
    Und abschließend sagte er, als sich der junge Mann zum Gehen wandte: »Du bist ganz wie ich, du hast Gemüt, deine Frau wird glücklich werden … Auf Wiedersehen, mein Kleiner!«
    Als sich Maxime endlich von seinem Vater losgemacht hatte, ging er eilig durch den Park. Was er soeben vernommen, hatte ihn derart überrascht, daß er ein unwiderstehliches Bedürfnis empfand, Renée zu sehen. Er wollte sie wegen seiner Roheit um Verzeihung bitten, wollte wissen, warum sie gelogen und ihm Herrn de Saffré genannt hatte und welche Bewandtnis es mit der Zärtlichkeit ihres Gatten habe. Doch all das nur verworren, mit dem einzigen deutlichen Wunsch, eine Zigarre bei ihr zu rauchen und ihre gegenseitige Kameradschaft zu erneuern. Sollte er sie in guter Verfassung antreffen, so wollte er ihr sogar seine Vermählung ankündigen, um ihr zu verstehen zu geben, daß ihre Liebe tot und begraben sein müsse. Als er die kleine Tür aufgeschlossen, zu der er glücklicherweise noch den Schlüssel behalten hatte, sagte er sich, daß nach dem vertraulichen Gespräch mit seinem Vater sein Besuch notwendig und durchaus schicklich sei.
    Im Treibhaus pfiff er wie am Vorabend, aber diesmal brauchte er nicht zu warten. Renée öffnete die Glastür zum kleinen Salon und ging, ohne ein Wort zu sagen, vor ihm die Treppe hinauf. Sie war gerade erst von einem Ball im Hôtel de Ville zurückgekehrt. Sie trug noch ein weißes Kleid aus gerüschtem Tüll, über und über mit Atlasschleifen verziert; die Schöße der seidenen Korsage waren mit einer breiten weißen Spitze aus Schmelzperlen eingefaßt, die im Licht der Kandelaber ins Blaue und Rosenfarbene spielten.
    Als Maxime oben angelangt war und Renée ansah, war er ergriffen von ihrer Blässe und von der tiefen Erregung, die sie am Sprechen hinderte. Sie hatte ihn wohl nicht erwartet und zitterte am ganzen Leibe, als sie ihn, ruhig wie gewöhnlich, mit seiner Schmeichelmiene ankommen sah. Céleste kehrte gerade aus dem Ankleidezimmer zurück, wo sie ein Nachthemd geholt hatte, und die beiden Liebenden warteten, immer noch schweigend, darauf, daß das Mädchen wegginge. Gewöhnlich taten sie sich in deren Gegenwart keinerlei Zwang an; doch heute waren sie befangen durch all das, was sie einander zu sagen hatten. Renée wollte im Schlafzimmer, wo ein großes Feuer brannte, von Céleste ausgekleidet werden. Die Kammerzofe entfernte die Stecknadeln, zog ihr die Kleidungsstücke aus, eins nach dem anderen, ohne sich zu beeilen. Und Maxime, der sich langweilte, griff ganz mechanisch nach dem Nachthemd, das neben ihm auf einem Stuhl lag, und wärmte es, mit weit ausgebreiteten Armen gebückt vor dem Kaminfeuer stehend. In den Tagen ihres Glücks hatte er Renée oft diesen kleinen Dienst erwiesen. Rührung überkam sie, als sie sah, wie er behutsam das Hemd vor das Feuer hielt. Da Céleste immer noch nicht fertig war, fragte er: »Hast du dich gut unterhalten auf dem Ball?«
    »Ach nein, du weißt ja, immer dasselbe« antwortete sie. »Viel zu viele Menschen, die reine Volksversammlung!«
    Er drehte das Hemd um, das auf der einen Seite schon warm war.
    »Was hat denn Adeline angehabt?«
    »Eine malvenfarbene Toilette, recht wenig vorteilhaft … Sie ist klein und dabei auf Volants versessen.«
    Sie sprachen von den anderen Frauen. Maxime verbrannte sich jetzt fast die Finger mit dem Hemd.
    »Du wirst es noch versengen«, sagte Renée mit mütterlicher Zärtlichkeit in der Stimme.
    Nun nahm Céleste das Hemd aus den Händen des jungen Mannes. Er stand auf, ging zu dem großen grau und rosafarbenen Bett und betrachtete eines der gewirkten Buketts der Wandbespannung, um den Kopf abzuwenden und nicht Renées nackte Brüste zu sehen. Er tat das ganz instinktiv. Er hielt sich nicht mehr für ihren Geliebten, hatte nicht mehr

Weitere Kostenlose Bücher