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Die Beute - 2

Die Beute - 2

Titel: Die Beute - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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empfangen, angetan hatte. Als sie den Fragen ihres Bruders entnahm, daß er seine Frau verdächtigte, einen Geliebten zu haben, rief sie, davon sei sie überzeugt. Und sie erbot sich von selber, »die Turteltäubchen« auszuspionieren. Die aufgeblasene Person werde dann schon sehen, mit wem sie es zu tun habe. Saccard war in der Regel nichts an unangenehmen Wahrheiten gelegen; einzig der Gedanke an seinen Vorteil zwang ihn, die Augen aufzumachen, die er sonst klüglich geschlossen hielt. Er nahm das Angebot seiner Schwester an.
    »Sei unbesorgt, ich werde alles in Erfahrung bringen«, sagte Sidonie mit mitleidsvoller Stimme. »Ach, mein armer Bruder, Angèle würde dich niemals betrogen haben! Einen so guten, so großzügigen Gatten! Diese Pariser Zierpuppen haben kein Herz … Und dabei gebe ich ihr unaufhörlich gute Ratschläge!«
     

Kapitel VI
    Am Mittfastendonnerstag sollte bei Saccard ein Maskenball stattfinden. Das große Ereignis dabei aber war »Die Liebe des schönen Narziß und der Nymphe Echo«, eine Dichtung in drei Bildern, dargestellt von den Damen. Der Verfasser dieser Dichtung, Herr Hupel de la Noue, reiste schon seit länger als einem Monat zwischen dem Sitz seiner Präfektur und dem Palais am Parc Monceau hin und her, um die Proben zu überwachen und Ratschläge für die Kostüme zu erteilen. Zuerst wollte er sein Werk in Versen schreiben, dann aber hatte er sich für lebende Bilder entschieden; das sei vornehmer, sagte er, komme dem antiken Schönheitsideal näher.
    Die Damen konnten schon gar nicht mehr schlafen. Einzelne von ihnen wählten dreimal ein anderes Kostüm. Es gab endlose Besprechungen, bei denen der Präfekt den Vorsitz führte. Zunächst stritt man lange darüber, wer den Narziß darstellen sollte, eine Dame oder ein Herr. Endlich wurde auf Renées dringende Bitten hin Maxime mit der Rolle betraut, doch sollte er der einzige männliche Darsteller bleiben, und dabei sagte Frau de Lauwerens noch, sie würde niemals ihre Einwilligung dazu geben, wenn »der kleine Maxime nicht wie ein wirkliches Mädchen aussähe«. Renée sollte die Nymphe Echo sein. Die Kostümfrage war bedeutend schwieriger. Maxime stand tapfer dem Präfekten bei, der einen schweren Stand bei den neun Frauen hatte, da ihre tolle Phantasie die reine Linie seines Werks ernstlich zu gefährden drohte. Wenn es nach ihnen gegangen wäre, hätte man sich im Olymp das Haar gepudert. Frau d’Espanet wollte unbedingt ein Schleppkleid tragen, um ihre etwas großen Füße zu verbergen; Frau Haffner hingegen träumte davon, sich in ein Tierfell zu hüllen.
    Herr Hupel de la Noue wurde schließlich energisch, einmal sogar böse, und erklärte, er habe nur deshalb auf Verse verzichtet, um sein Poem »aus kunstvoll zusammengestellten Stoffen und den ausgesucht schönsten Stellungen« dichten zu können.
    »Der Gesamteindruck, meine Damen«, wiederholte er bei jedem neuen Privatwunsch, »Sie vergessen den Gesamteindruck … Ich kann doch nicht mein ganzes Werk den Volants opfern, die Sie von mir zugestanden haben wollen.«
    Die Beratungen fanden im dotterblumengelben Salon statt. Ganze Nachmittage verbrachte man dort damit, sich über einen Rockschnitt schlüssig zu werden. Mehrmals wurde Worms hinzugezogen. Endlich war alles geordnet, waren die Kostüme bestimmt, die Stellungen einstudiert, und Herr Hupel de la Noue erklärte sich befriedigt. Mit der Wahl des Herrn de Mareuil hatte er nicht so viele Scherereien gehabt.
    »Die Liebe des schönen Narziß133 und der Nymphe Echo134« sollte um elf Uhr beginnen. Schon um halb elf war der große Saal voll, und da nachher getanzt wurde, saßen die Damen kostümiert auf den im Halbkreis angeordneten Sesseln vor der improvisierten Bühne, einer Estrade, die hinter zwei großen roten Samtvorhängen mit Goldfransen und Zugvorrichtung verborgen war. Hinter den Damen standen die Herren, oder sie gingen hin und her. Um zehn Uhr hatten die Tapezierer den letzten Hammerschlag getan. Die Estrade erhob sich im Hintergrund des Salons und nahm ein beträchtliches Stück der langen Galerie ein. Durch das Rauchzimmer, das als Künstlerzimmer diente, gelangte man auf die Bühne. Außerdem standen den Damen im ersten Stock mehrere Räume zur Verfügung, wo eine ganze Armee von Kammerzofen die Toiletten für die verschiedenen Bilder bereitlegte.
    Es war schon halb zwölf Uhr, und immer noch öffneten sich die Vorhänge nicht. Lebhaftes Stimmengemurmel erfüllte den Saal. Die Sesselreihen zeigten das

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