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Die Beute - 2

Die Beute - 2

Titel: Die Beute - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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die Personen bereits ihre endgültigen Namen erhalten, und im Mai 1870 korrigiert er nach zusätzlichen Studien zur finanztechnischen Seite seines Romans den Gesamtaufbau, indem er die ursprünglich geplanten letzten sechs Kapitel auf drei zusammenstreicht.
    Im Mai 1870, also ebenfalls noch im Kaiserreich, beginnt er mit der Niederschrift. Als im August 1870 die Feuilletonveröffentlichung des »Glücks« wegen der Kriegsereignisse eingestellt werden mußte, war der größte Teil des Manuskripts der »Beute« fertiggestellt. Ungefähr ein Viertel blieb aber noch zu schreiben. Doch zunächst verhinderten die Umstände die Weiterarbeit. Zola, als Sohn einer Witwe vom Kriegsdienst befreit, verließ mit seiner Familie wegen der näher rückenden Front die Hauptstadt und ging mit seiner Frau und seiner Mutter nach Südfrankreich; zunächst nach Marseille und ab Dezember als Parlamentsberichterstatter der »Cloche« nach Bordeaux. März 1871, noch vor dem Ausbruch der Commune, kehrte er mit Verlegung der Nationalversammlung nach Versailles seinerseits wieder nach Paris zurück. Doch an ein konzentriertes Weiterschreiben seines neuen Romans war noch immer nicht zu denken.
    Am 18. März 1871 beginnt der Aufstand der Pariser Arbeiter gegen den nationalen Verrat der Versailler Regierung, die berühmte Pariser Commune. Die bürgerliche französische Republik, unterstützt von den preußischen Truppen Bismarcks, liquidierte sie nach einer Woche fürchterlicher blutiger Kämpfe am 28. Mai mit der Erschießung der letzten Gefangenen auf dem Friedhof PèreLachaise.
    Die politische Unsicherheit dauerte an. Und auch Zolas persönliche Arbeitssituation ist nach wie vor angespannt, denn er ist noch immer politischer Korrespondent von »La Cloche« in Versailles. Wahrscheinlich hat er die Fertigstellung des Manuskripts der »Beute« erst mit Beginn ihrer Feuilletonveröffentlichung in »La Cloche« am 29. September 1871 in Angriff genommen. Sicher ist, daß er das Manuskript vor dem 15. November 1871 abgeschlossen haben muß, denn an diesem Tage signierte er die Vorrede zur ersten Auflage der Buchausgabe.
    Die Verteilung der Jagdbeute, zu diesem Bild scheinen sich für Zola während der langen Zeit, in der er sich mit seinem Stoff beschäftigte, seine Eindrücke von den Zuständen in diesem sinkenden Kaiserreich verdichtet zu haben. Barbier, der bekannte Jambendichter, hatte dieses Bild schon einmal in seinem gleichnamigen Gedicht zur Kennzeichnung der politischen Situation nach der Julirevolution gebraucht, und Zola hatte zwei Verse daraus als Motto über sein Manuskript gesetzt:
    »An warmem Blut und Fleisch wolln wir uns weidlich atzen
    und uns nach Herzenlust damit den Bauch vollschlagen.«
    Auf Barbiers Gedicht bezieht sich Zola auch in dem vorgenannten Brief vom Mai 1870 an seinen Verleger Ulbach, worin er nicht nur von dem erhofften Erfolg, sondern auch von der Titelwahl »Die Beute« spricht, die sich ihm nach dem Titel des ersten Romans als logische Konsequenz aufgedrängt habe.
    Tatsächlich kommt dieses Wort »Die Beute« Zola in diesen Jahren mehrfach bei verschiedenen Gelegenheiten wie ein Fahnenwort unter die Feder. Im Juli 1869 schreibt er in einer Literaturkritik: »Seit einigen zwanzig Jahren sind wir Zeugen der wildesten Beuteverteilung, die man sehen kann.« Und im nächsten Jahr kommt in einem Artikel über die Ausschweifungen in den Tuilerien das gleiche Bild wieder: »Was für eine Beuteverteilung, dieses Zweite Kaiserreich!« Und auch in seinem großen Aufsatz über Balzac vom Mai 1870 vergleicht er dessen Bourgeois mit »Tieren, die auf die Beute scharf sind«. Mit dem gleichen Bild wird auch vom ersten Roman, dem »Glück«, bereits die Brücke zum zweiten geschlagen – eine Technik, die Zola auch in späteren Bänden der Reihe noch öfter angewandt hat: Eugène, der »große Sohn« der Rougons, »wirft seinen Eltern einen Fetzen der Beute zu, zur Stunde, da sie verteilt wird«. Aristide, auf dem Sprunge, sich seinen Anteil an dem »Glück« (das französische Wort fortune heißt zugleich auch Vermögen!) der Rougons zu sichern, wittert eine Katastrophe, bereit, »die erste beste Beute zu erwürgen«, und auch Macquart, der illegitime Sproß der Familie, begrüßt das Kaiserreich wie ein »Jagdhund, der die Beute wittert«.
    In den ersten unmittelbaren Vorarbeiten zum Roman selbst wird dann die schmutzige Promiskuität zwischen Saccard und Maxime, ja das ganze Familienleben der Saccards als Ausfluß der

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