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Die Beutefrau

Die Beutefrau

Titel: Die Beutefrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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vorzubringen hat …«
    »… ihn eine Weile hier behalten, damit sich die Lage in Rom beruhigt, dann eine Abordnung ehrwürdiger Männer mit ihm nach Rom zurückschicken, die vor Ort die Vorwürfe zu prüfen haben«, fuhr Karl fort. »Und dann sehen wir weiter.«
    Er musterte seine alten Freunde nachdenklich. »Ihr wißt, daß euch ebenfalls der Prozeß gemacht werden muß. Man wird euch zum Tode verurteilen. Ich werde dafür sorgen, daß ihr begnadigt und ins Frankenland verbracht werdet. Darauf gebe ich euch mein Wort. Mehr kann ich für euch nicht tun.«
    Er stand auf. »Reitet sofort zurück. Ich gebe euch eine Scara mit«, sagte er. »Schließlich darf ich nicht zulassen, daß Gott ein zweites Mal einschreiten muß, um Blendung und Verstummung des Papstes rückgängig zu machen.«
    Reiterscharen in vorbildlich glänzenden Rüstungen, schmetternde Kriegshörner, bunte Fahnen und jubelnde Massen bereiteten dem Papst in Paderborn einen triumphalen Einzug. Die Festsäle prunkten in Gold und Purpur, die Tische bogen sich unter den edelsten Gerichten und Getränken, und in der neu hergerichteten, üppig ausgestatteten Kirche dankten Karl und Leo Gott für die wundersame Heilung des Papstes.
    Der König, der sich am liebsten an eine der zwanzig sprudelnden Quellen des Ortes zurückgezogen hätte, war in der Öffentlichkeit die Liebenswürdigkeit selbst.
    Doch als er dem Papst allein gegenübersaß, ließ er keinen Zweifel an seiner Mißbilligung und seinem Unbehagen, einen solch fragwürdigen Pontifex zu unterstützen. Er teilte dem Papst mit, daß er das in seiner Macht Stehende tun würde, ihm in Paderborn einen angenehmen Aufenthalt zu ermöglichen und ihn zu schützen, aber daß die ganze Angelegenheit mitnichten durch Leos Reise allein ausgestanden wäre. Zwei Erzbischöfe würden ihn nach Rom zurückgeleiten und dort die Vorwürfe gegen ihn prüfen.
    Leo war zwar äußerst fehlerhaft, aber kein Dummkopf. Er versprach, sich der Untersuchung in Rom zu stellen, und schlug sogar vor, sich einem Gottesurteil zu unterwerfen. Wie Leo erwartet hatte, lehnte Karl letzteres ab, da er genau gegen solche Verfahren schon seit Jahren zu Felde gezogen war. Leo jammerte über seine Feinde, die schon dafür sorgen würden, daß sich eine solche Untersuchung endlos hinzöge, was ihn möglicherweise monatelang daran hindern würde, sein Amt auszuüben. Vielleicht sei es sinnvoller, daß er in Anwesenheit des Frankenkönigs in Rom einfach einen Reinigungseid ablege.
    »Eine Untersuchung ist unumgänglich«, beschied ihm Karl scharf.
    Damit begannen die Verhandlungen, in deren Verlauf das Wort ›Kaiser‹ kein einziges Mal fiel. Dennoch glaubte Karl, seine unausgesprochene Bedingung durch unmißverständliche Andeutungen sehr deutlich gemacht zu haben: Gehe alles zu Leos Gunsten aus, werde den Papst nach einem Zeitraum, in dem er sich so tadellos zu verhalten habe, wie es dem Inhaber des Petristuhls gezieme, eine Mitteilung aus Aachen erreichen, die er dem römischen Volk zu verkünden habe. Die freudige Nachricht, daß sich der Frankenherrscher des westlichen Erdkreises in seiner Stadt Aachen dem Führer Ostroms gleichgestellt habe.
    »Ohne Krönung und Salbung durch Christi Stellvertreter …«, begann Leo entsetzt, doch Karl unterbrach ihn scharf: »Königskrönungen mag dieser weiter vornehmen. Die Einführung einer neuen Tradition bedeutet schließlich nicht, einer bewährten alten zu entsagen. Ich werde Ende nächsten Jahres mit meiner Familie nach Rom kommen, und da wünsche ich, daß Christi Stellvertreter meinem Sohn Karl am Weihnachtstag in aller Form die Krone Austriens aufs Haupt setzt und ihn zum König salbt.«
    Karl hatte endlich beschlossen, den jungen Karl wie seine Brüder ebenfalls zum König zu erheben. Weil er dies bisher unterlassen hatte, kursierten bereits Gerüchte, Karl plane, das Frankenland in ein unteilbares Kaiserreich zu verwandeln, das er dereinst seinem gleichnamigen Sohn vererben werde. Wenn der junge Karl seinen Brüdern gleichgestellt war, wurde diesen Gerüchten die Nahrung entzogen.
    Niemand zweifelte daran, daß die Macht des jetzigen Frankenherrschers, der eine solche Vielzahl von Ländern in seine Gewalt gebracht hatte, mindestens der eines Kaisers von Byzanz entsprach. Doch Karl wollte sich seinen Traum behutsam, besonnen und zum richtigen Zeitpunkt erfüllen. Mit der Würde, die er anstrebte, war es nicht vereinbar, sich die derzeitige Schwäche des Papstes zunutze zu machen. Davon

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