Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Beutefrau

Die Beutefrau

Titel: Die Beutefrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
Vom Netzwerk:
eine Freude machen können. Und Pippins Sohn Bernhard ist dreizehn, bald alt genug, um die Nachfolge seines Vaters anzutreten und König von Italien zu werden.«
    Den letzten Satz hatte sie nur leise vor sich hingemurmelt – schließlich entstammte Bernhard einer nicht ehelichen Verbindung und war somit eigentlich von vornherein für eine klösterliche Laufbahn bestimmt. »Sonst könnte Ludwig womöglich auf den Gedanken kommen, sich dieses Land anzueignen«, flüsterte Gerswind.
    Karl fuhr auf.
    »Ludwig! Das darf auf keinen Fall geschehen!«
    »Er könnte unter Umständen sogar dein Nachfolger als Kaiser werden«, gab Gerswind zu bedenken. Sie sah Karl dabei nicht an.
    »Unmöglich«, erwiderte Karl. »Das werde ich zu verhindern wissen. Ich weiß, daß ihr euch nicht sonderlich schätzt, trotzdem liebe ich Ludwig, er ist mein Kind. Doch leider ist mein Sohn nicht aus dem Stoff gemacht, aus dem ein Kaiser bestehen sollte. Er ist zu schwach, zu eitel, zu leicht zu beeinflussen und nimmt die Heilige Schrift zu wörtlich, anstatt sich die Mühe zu geben, sie gründlich zu interpretieren. Es wäre nicht gut für das Reich, wenn er es führen würde.«
    »Dann bleibt nur noch Karl«, meinte Gerswind.
    Der Kaiser schnaubte.
    »Geeigneter als Ludwig ist er allemal«, erwiderte er, »aber mit achtunddreißig Jahren ist er immer noch ehelos und hat keine Kinder.« Karl warf Gerswind einen Seitenblick zu.
    »Ich hätte eurer Heirat damals zustimmen sollen. Doch dazu war ich zu selbstsüchtig. Der Gedanke, daß dich ein anderer Mann anrühren darf – und sei es mein Sohn –, war einfach unerträglich.« Er hielt einen Augenblick inne. Und daß er dich doch angerührt hat, ist meine Schuld. Hastig sprach er weiter: »Aber wenn du ihn geheiratet hättest, wäre heute die Nachfolge gesichert. Dann hätte ich Karl schon längst zum Mitkaiser gekrönt. Tut es dir leid, Gerswind?« Den letzten Satz sprach er flüsternd aus.
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Natürlich nicht«, antwortete sie schnell. »Leid tut mir nur, daß du das Reich sich selbst überläßt. Sind dir eigentlich die Gerüchte über Falschmünzerei zu Ohren gekommen? Und über die Auswüchse im Handelswesen? Neulich hat ein Reisender gestohlenen Schmuck sogar bei uns am Hof angeboten! Aber Hruodhaid hat ihn sofort erkannt. Es waren Ringe, Spangen und Ketten, die deiner Schwester Gisela gehört haben.«
    »Wieso weiß ich das nicht!«
    »Du willst doch niemanden sprechen.«
    »Damit ist jetzt Schluß!«
    Ohne ein weiteres Wort stürmte der Kaiser aus dem Zimmer, und Gerswind lächelte zufrieden in sich hinein.
    Der Küchenmeister hatte alle Hände voll zu tun, um das prächtigste Mahl vorzubereiten, das jemals am Aachener Hof aufgetischt worden war. Karl wollte sich nicht lumpen lassen, wenn es darum ging, den Gesandten des byzantinischen Kaisers zu bewirten. Schließlich hatte dieser sehr hochrangige Beamte ihm nach scheinbar unendlich langer Zeit zumindest ›brüderliche Grüße‹ von Nikephoros ausrichten lassen. Der erste Schritt zur vollständigen Anerkennung der fränkischen Kaiserwürde! Begeistert über diese frohe Botschaft, schenkte Karl dem Kaiser von Ostrom Venedig – die Stadt, die Sohn Pippin kurz vor seinem Tod endlich erobert hatte. Papst Leo, der fälschlicherweise auch diese Lagune der Konstantinischen beziehungsweise Pippinschen Schenkung zugeordnet hatte, würde wieder leer ausgehen und die Heiligen beschwören, Karl endlich den Schlag treffen zu lassen. Zweifellos würde er nach Karls Tod alles daransetzen, den frommen Ludwig zum Kaiser zu erheben, da er diesen mit Sicherheit gängeln könnte. Doch das kümmerte Karl wenig. Er hatte vor, noch lange zu leben.
    Der Pontifex war im Winter sechs Jahre zuvor tatsächlich über die Alpen nach Aachen geeilt und hatte Karls Bemühungen um freundschaftliche Bande mit Byzanz einen Riegel vorschieben wollen. Er feierte zwar mit dem Kaiser das Christfest, reiste aber nach acht Tagen verbittert, enttäuscht und unverrichteter Dinge wieder ab. Der Papst hatte einen Kaiser gemacht, aber dieser Kaiser machte mit dem Papst, was immer ihm beliebte! Und der Pontifex konnte überhaupt nichts dagegen unternehmen, da er sonst seine eigene Position wieder schwächte. Nach außen mußte es weiterhin so aussehen, als ob Karl die Hand über ihn hielte, denn bei den Römern war Leo noch stets nicht wohlgelitten – zumal er von seinen üblen Gewohnheiten immer noch nicht abgelassen hatte und weiter fröhlich

Weitere Kostenlose Bücher