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Die Beutefrau

Die Beutefrau

Titel: Die Beutefrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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Pippin in Verona einer heimtückischen Krankheit zum Opfer gefallen. »Wassersucht«, befand ein Medicus, »ein entzündetes Gehirn«, ein anderer. Als zudem noch die Nachricht aus Chelles eintraf, daß seine Schwester Gisela überraschend gestorben war, zog sich Karl gänzlich zurück.
    Gerswind war die einzige, die er in dieser Zeit zu sich ließ, denn sie stellte keine Fragen, forderte ihn nicht auf, augenblicklich die Geschäfte zu übernehmen, sondern setzte sich schweigend mit einer Handarbeit auf eine Bank in der Ecke und war einfach nur da. Der gesamte Hof bestürmte sie, Karl zum Herauskommen zu bewegen. Tausend dringliche Angelegenheiten harrten der Bewältigung durch den Kaiser.
    Gut, das Dänenproblem hatte sich dadurch gelöst, daß König Göttrik noch vor Karls Abzug von einem seiner eigenen Gefolgsleute ermordet worden war. Sein Neffe und Nachfolger Hemming schloß eilig Frieden mit den Franken. Aber das Reich mußte nach Pippins Tod aufs neue geteilt werden, und ein überaus wichtiger Besucher aus Byzanz wartete auf eine Audienz.
    »Ach, Gerswind, der Tod von Abul Abbas hätte mich warnen sollen«, meldete sich der Kaiser eines Abends unvermittelt zu Wort. Gerswind schrak zusammen. Es war das erste Mal seit Tagen, daß der Kaiser zu ihr sprach. Den Elefanten hatte sie ganz vergessen; nur am Rande hatte sie mitbekommen, daß das großzügige Geschenk des Kalifen den Todesreigen angeführt hatte.
    »Der Tod eines weißen Elefanten bringt wohl tatsächlich Unheil«, sagte der König leise, »und meine Sterndeuter hatten auch recht. Sie warnten mich schon im Januar davor, daß sich Sonne und Mond in diesem Jahr viel öfter verfinstern würden als jemals zuvor. Das alles waren äußerst bedrohliche Zeichen.«
    Gerswind wagte einen Satz: »Hast du selbst nicht einmal gesagt, daß Zeichen nur durch ihre Deutung entstünden?«
    Karl lachte bitter. »Als Christenmensch sucht man eben nach allen möglichen Erklärungen, um die Restbestände des eigenen Aberglaubens auszurotten. Aber sag doch selbst, mein geliebtes Sachsenmädchen – so viele Todesfälle in so kurzer Zeit können doch kein Zufall sein! Oder die plötzliche Hungersnot, die jetzt nach Jahren zum ersten Mal wieder große Teile des Reichs getroffen hat, die Viehseuche, die meine Soldaten ihres Proviants und meine Bauern ihres Lebensunterhalts beraubt. Und dann bin ich selbst mit knapper Not dem Tod entronnen, als der Gang zwischen meinem Palatium und der Kirche eingestürzt ist! Die Rheinbrücke bei Mainz ist vor wenigen Wochen abgebrannt, und dann hat mich mein Pferd auf dem Weg nach Aachen auch noch abgeworfen. Berta ist ebenfalls krank geworden, und ihr Angilbert schwächelt. Andauernd frage ich mich, aus welcher Ecke der nächste Schlag kommen wird. Aber eigentlich möchte ich es gar nicht wissen.«
    Es durchfuhr Gerswind eiskalt, als sie an den Fluch dachte, mit dem ihre Mutter Karl belegt hatte. Glücklicherweise war dem Kaiser zumindest verschwiegen worden, daß beim letzten Unwetter der Blitz in den Reichsapfel auf dem Dach seiner geliebten Marienkirche gefahren war und diesen nach unten geschleudert hatte.
    Schnell sagte sie: »Ich fürchte aber, daß du einem solchen Schlag Vorschub leistest, wenn du dich weiter vor der Welt verkriechst, Karl. Was meinst du, wie viele Intrigen ohne dich am Hof gesponnen werden! Wie bestimmte Leute dein Reich neu unter sich aufteilen! Zudem wartet Arsaphios, der Gesandte des Kaisers von Byzanz, auf dich. Bestimmt überbringt er dir endlich die so lange ersehnten brüderlichen Grüße von Nikephoros.«
    Sie stand auf. Verderben konnte sie dem Kaiser durch ihre Offenbarung nichts mehr, ihm höchstens noch Hoffnung geben.
    »Bitte schau mich an, Karl«, bat sie leise.
    Er hob seine trüben Augen und sah, wie sie ihr weites Gewand so zusammenfaßte, daß ein kleiner Bauch sichtbar wurde.
    »Es gibt Tod, und es gibt Geburt. In etwa vier Monaten kommt unser Kind zur Welt, und ich zweifele nicht daran, daß dieses leben wird.«
    Karl trat auf sie zu. Sie nahm seine Hand und legte sie vorsichtig auf ihren Bauch. Ein schwaches Leuchten glomm in des Kaisers Augen.
    »Es bewegt sich, Gerswind«, sagte er beglückt. »Mein Sohn bewegt sich!«
    Sie nickte lächelnd und sagte: »Ja, Karl, dein Kind bewegt sich. Und das Leben auch. Überall. Zum Beispiel das halbe Schock Kinder deines Sohnes Pippin in Italien. Laß die fünf Mädchen doch herbringen, damit sie mit deinen kleineren Töchtern aufwachsen und dir im Alter

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