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Die bezaubernde Arabella

Die bezaubernde Arabella

Titel: Die bezaubernde Arabella Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
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die Equipage eines Edelmannes gewesen, seither aber arg in Verfall geraten war. Die Bezüge der Sitze und Kissen waren zerschlissen und schmutzig. Das Vehikel roch stark nach Bier und altem Leder. Arabella bemerkte diese Unerfreulichkeiten kaum, so groß war ihre Verwirrung. Sie mußte alle ihre Kraft aufbieten, die Sinne beisammenzuhalten, war jeden Augenblick nahe daran, zusammenzusinken, und vermochte vor Erregung keinen Plan zu Bertrams Hilfe auszudenken. Die einzige Lösung, die sich ihr sogleich dargeboten hatte, war ein instinktiver Impuls, eine Expreßbotschaft nach Heythram zu senden. Doch verwarf sie diesen Gedanken sofort wieder. Mr. Scunthorpes Vorschlag, sich an Lady Bridlington zu wenden, war sicher aussichtslos, auch ertrug ihr Stolz den Gedanken nicht, sich der Patin noch mehr zu verpflichten. Verzweiflungseinfälle wie der, Mamas Diamanten und Großmama Tallants Perlenhalsband zu verkaufen, waren verfehlt, denn diese Schätze waren ja nicht ihr Eigentum.
    Mr. Scunthorpe mochte die vage Vorstellung haben, daß man ihrer Gemütsverfassung aufhelfen müsse, und so suchte er sie zu unterhalten, indem er ihr die verschiedenen Sehenswürdigkeiten, an denen die Mietdroschke vorüberrollte, erklärte. Sie achtete kaum darauf, begann aber ein wenig umherzublicken, als sie sich Westminster näherten, denn das respektable Äußere flößte ihr unbewußt Mut ein. Doch der Wagen rumpelte weiter, und in erstaunlich kurzer Zeit war es schwer, sich vorzustellen, daß man nur auf Steinwurfweite von der Abbey entfernt war, so verkommen und schmutzig war die Umgebung. Als Mr. Scunthorpe einen unglücklichen Versuch unternahm, sie zu zerstreuen, indem er ihr einen häßlichen Ziegelbau zeigte und darauf hinwies, dies wäre Tothill-Fields Bridewell, begann sie entsetzlich zu zittern. Er mußte sie in aller Eile beschwichtigen und betonen, der Kasten wäre so vollgestopft mit Dieben und Einbrechern, daß dort kein Mensch mehr Platz fände. Eine Zeile trister Armenhäuser waren der nächste Gegenstand, der verdiente, gezeigt zu werden. Dann folgte eine Armenschule. Das ganze Quartier war, wie Arabella schien, eine Räuberhöhle, eine Anhäufung von Bruchbuden mit unzähligen Kneipen darin. Unsaubere Frauen standen in Hauseingängen, halbnackte Kinder zogen Wägelchen über das Katzenkopfpflaster und schienen nur darauf zu warten, daß irgendwelche halbwegs gutgekleidete Personen in Mietdroschken angefahren kamen, um sich, Almosen heischend, auf sie zu stürzen; an einer Straßenecke hockte eine fette Frauensperson hinter einem Kessel und schenkte einer seltsam durcheinandergewürfelten Gruppe von Personen, in der Ziegelschupfer neben herausgeputzten jungen Frauenzimmern standen, Tee aus; die engen Straßen hallten vom Geschrei der Ausrufer, die Kohlen feilboten oder Alteisen aufkaufen wollten; die männliche Bevölkerung schien ausschließlich aus Straßenkehrern, Kaminfegern, unbestimmbaren Gestalten mit blau angelaufenen Wangen, die statt der Kragen Tücher um den Hals geschlungen hatten, zu bestehen.
    Nachdem der Wagen an mehreren lärmerfüllten Höfen vorbeigefahren war, bog er in den Willow Walk ein und hielt vor einem Haus, dessen mit Wäschestücken bunt verhangene Fenster fast nur zerbrochene Scheiben zeigten. Im Hauseingang saß ein altes Weib in einem Korbstuhl, sog an einer Tonpfeife und schwatzte mit einem jüngeren Frauenzimmer, das ein quäkendes Kind im Arm hielt; zuweilen schüttelte sie das Kleine oder gab ihm aus einer schwarzen Flasche zu trinken, aus der sie selbst kräftige Züge nahm. Arabella wußte nicht genau, was sich in dieser schwarzen Flasche befand, bezweifelte aber nicht, daß es Schnaps war. Für einen Augenblick war der Gedanke an Bertram aus ihrem Kopf verscheucht; als Mr. Scunthorpe sie aus dem Wagen hob und sorglich die Strohhalme abklopfte, die an ihrem einfachen Stoffkleid hafteten, öffnete sie ihr Retikül, zog einen Shilling heraus, drückte ihn der erstaunten Mutter in die Hand und sagte ernst: »Bitte, kaufen Sie dem Kind doch Milch! Aber geben Sie ihm doch nicht von diesem schrecklichen Zeug!«
    Die beiden Frauen starrten sie mit offenem Munde an. Dann gewann die alte Irländerin die Gewalt über ihre Sinne, brach in ein schallendes Gelächter aus und gab Arabella zu verstehen, daß sie mit niemand Geringerem als der Quartern Sue spreche. Das bedeutete Arabella wenig, aber während sie sich noch über diesen Namen wunderte, hatte die Quartern Sue sich von ihrer Verblüffung

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