Die bezaubernde Arabella
der ganz in seinem Element war. Lady Bridlington bemerkte zuerst die hochgewachsene Gestalt, die auf sie zukam, denn sie hatte die Antiquitätensammlung einmal in Lord Elgins Haus in Park Lane und dann in Burlington House gesehen und fühlte sich jetzt nicht mehr verpflichtet, sie noch ein drittes Mal zu betrachten; ihre Augen waren vorteilhafter damit beschäftigt, nach Bekannten auszuspähen, die sich allenfalls an diesem Morgen im Britischen Museum zeigen würden. Kaum hatte sie Mr. Beaumaris bemerkt, als sie auch schon entzückt ausrief: »Mr. Beaumaris! Das ist eine Freude! Wie geht es? Warum sind Sie nicht gestern zum venezianischen Frühstück der Kirkmichaels gekommen? Es war bezaubernd! Sie hätten sich vortrefflich amüsiert! Sechshundert Gäste – stellen Sie sich nur vor!«
»Sehr schmeichelhaft, M’am, daß Ihnen in einer solchen Menge meine Abwesenheit auffiel«, erwiderte Mr. Beaumaris mit einem Händedruck. »Ich war einige Tage auf dem Lande und bin erst heute morgen zurückgekommen. Miss Tallant! Ihr Diener, Bridlington!«
Arabella, die bei Nennung seines Namens heftig aufgeschreckt war, antwortete ihm mit einem etwas krampfhaften Händedruck und richtete einen gespannten, fragenden Blick auf ihn. Er lächelte ihr ermutigend zu, während er Lady Bridlington ein freundliches Ohr lieh; sie versicherte ihm, daß sie eigentlich nur gekommen wäre, die griechischen Schätze Arabella zu zeigen, die ja bei der ersten Ausstellung noch nicht hier gewesen war. Lord Bridlington empfand die Erweiterung seines Auditoriums keineswegs unangenehm und begann seine Ansichten über den mutmaßlichen künstlerischen Wert der Fragmente auseinanderzusetzen. Dieses Vergnügen hätte ihn gewiß eine geraume Weile beschäftigt, hätte Mr. Beaumaris ihm nicht die Rede abgeschnitten: »Über den ästhetischen Wert dieser Altertümer haben sich, scheint mir, West und Thomas Lawrence hinreichend ausgesprochen. Ob die Art, wie sie in unseren Besitz gebracht wurden, einwandfrei war, bleibt der Meinung jedes einzelnen überlassen.«
»Mr. Beaumaris«, unterbrach ihn Lady Bridlington, »wollen Sie Somerset House mit uns besuchen? Ich weiß nicht, wie das möglich war, daß wir die Eröffnung versäumt haben, aber in diesem Trubel der Verabredungen kommt man ja zu gar nichts mehr. Arabella, mein Liebes, du bist gewiß schon müde, all diese so jammervoll beschädigten Dinge zu betrachten, diese Friese oder wie man das nennt – ich könnte mich zwar immer wieder daran ergötzen – aber zur Abwechslung werden dir Bilder wohltun.«
Arabella willigte ein, nachdem sie Mr. Beaumaris mit einem flehenden Blick dazu bewogen hatte, einen Sitz im Wagen anzunehmen.
Während der Fahrt nach dem Strand war Lady Bridlington viel zu beschäftigt, nach Bekannten auszuschauen und durch Kopfnicken und Winken die Aufmerksamkeit auf sich und ihren hochangesehenen Gast zu lenken, als daß sie am Gespräch teilgenommen hätte. Arabella hielt den Blick gesenkt, und ihre Hand spielte mit den Bändern, die vom Griff ihres Sonnenschirmchens herabhingen; Mister Beaumaris begnügte sich damit, sie zu betrachten, ihre Blässe und die dunklen Schatten unter ihren Augen zu studieren. So blieb es Lord Bridlington überlassen, die Gesellschaft zu unterhalten, und er unterzog sich dieser Aufgabe willig und schwatzte unermüdlich, bis der Wagen in die Einfahrt von Somerset House einbog.
Erst einmal am Ziel, nahm Lady Bridlington, die seit einiger Zeit ihre Gedanken auf eine Verbindung Arabellas mit dem Nonpareil gerichtet hatte, die erste dargebotene Gelegenheit wahr, Frederick von dem Paar wegzulocken. Sie äußerte das brennende Verlangen, die letzte Probe von Sir Thomas Lawrences Kunst zu bewundern, und zog ihn von dem modischen Riesengemälde des Präsidenten, in dessen Betrachtung er versunken war, weg, um dieses Meisterwerk zu suchen.
»Wie kann ich Ihnen dienen, Miss Tallant?« fragte Mister Beaumaris ruhig.
»Sie… Sie haben meinen Brief erhalten?« stammelte Arabella und blickte ihm unsicher in die Augen.
»Heute morgen. Ich lief unverzüglich in die Park Street und bin Ihnen dann, da die Sache dringend schien, nach Bloomsbury gefolgt.«
»Wie gütig Sie sind! Wirklich sehr freundlich«, brachte Arabella hervor, und dabei hätten ihre Worte kaum kummervoller klingen können, wenn sie ihn ein grausames Ungeheuer geheißen hätte.
»Und was gibt’s, Miss Tallant?«
Sie wahrte den Anschein, in tiefste Bewunderung des Gemäldes versunken zu sein,
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