Die bezaubernde Arabella
Erwägungen höchstens ein- oder zweimal, und auch dann nur in der Abgeschlossenheit ihres Salons und keineswegs in verdrossener Laune; im Gegenteil, es tat ihr wohl, eine gutgesinnte und freundliche Person zu sein; Visiten zu machen, Einkäufe zu erledigen und Theater zu besuchen bereitete ihr Vergnügen; es war ihr eine Freude, viele Gäste in ihrem Haus zu sehen; selbst in der ödesten Gesellschaft langweilte sie sich kaum jemals. Natürlich beklagte sie sich, weil ja jede Dame von Welt so tat, über quälende Verpflichtungen und trostlose Geselligkeiten, aber niemand, der sie dabei beobachtete, wie sie ihren Bekannten zunickte, die neuesten on-dits austauschte, die allerletzten Moden besprach oder an einem Rubber Whist teilnahm, konnte bezweifeln, daß dies alles ihr ein echtes und einfaches Vergnügen verschaffte.
Die Verpflichtung, einer jungen Lady zu ihrem Debüt zu verhelfen, sie auf Bälle, Routs, Militärrevuen, zu Baiionaufstiegen und sonstigen Sensationen zu begleiten, entsprach durchaus ihren Neigungen. So verbrachte sie denn den größten Teil des ersten Abends, den Arabella in der Park Street verlebte, damit, Pläne für allerlei Zerstreuungen zu schmieden; und sie konnte es kaum erwarten, daß Miss Blackburn sich am nächsten Morgen verabschiedete, dann nahm sie Arabella auf eine Rundfahrt durch die smartesten Läden Londons mit.
Diese Läden stellten nun alles in Schatten, was High Harrowgate zu bieten hatte. Arabella mußte größte Selbstbeherrschung üben, als sie all die in den Schaufenstern ausgestellten Wunder bestaunte. Ihre nordenglische Durchtriebenheit half ihr ein wenig dabei, sie merkte sofort, welche Dinge fünffach über ihren wirklichen Wert ausgezeichnet waren, und ihre Begleiterin, die ein Leben lang über hinreichende Mittel verfügt hatte, alles zu kaufen, wonach ihr der Sinn stand, begriff nicht recht, warum Arabella nicht sofort nach einem bronzefarbenen Samthut griff, der üppig mit Federn und Spitzen garniert war und dessen Preis genügt hätte, die Kosten aller Hüte zu decken, die je aus Mamas und Sophias gewandten Händen hervorgegangen waren. Auch Lady Bridlington gab zu, daß der Hut nicht gerade billig war, aber zu kaufen, was einem gut stand, war in ihren Augen keine Extravaganz. Doch Arabella schob den Hut entschlossen beiseite, erklärte, sie habe genug Hüte, und gestand offen ein, daß sie mit dem Gelde nicht sehr gedankenlos umspringen dürfe, da Papa und Mama ihr keines nachsenden konnten. Lady Bridlington fand es höchst betrüblich, daß ein hübsches Mädchen darin behindert sein sollte, ihre Schönheit aufs beste zur Geltung zu bringen. So traurig war sie darüber, daß sie einen zierlichen Geldstrumpf und ein Bukett künstlicher Blumen erstand, Arabella damit zu beschenken. Sie stand sogar zögernd vor einem hübschen Schal aus Norwichseide, aber es wurden zwanzig Guineas dafür gefordert und, obwohl das kein angemessener Preis war, fiel ihr doch rechtzeitig ein, daß sie selbst einen viel schöneren Schal besaß, für den sie fünfzig Guineas gegeben, und den sie Arabella leihen konnte, sooft sie ihn nicht selbst trug. Überdies würde die Season selbst noch beträchtliche Kosten für Arabellas Vorstellung bei Hofe erfordern, und wenn sich auch mancherlei in ihrer eigenen Garderobe vorfinden mochte, womit man Arabella herausstaffieren konnte, würden immer noch ansehnliche Aufwendungen nötig sein. So ergab eine neuerliche Prüfung des Schals, daß er eigentlich von minderer Qualität und keineswegs das war, was sie ihrem jungen Schützling anbieten wollte, und man verließ den Laden, ohne das Stück zu kaufen. Arabella atmete auf, denn obwohl sie den Schal natürlich gern besessen hätte, war es ihr doch wieder lästig, ihrer Gastgeberin allzu schwer auf der Tasche zu liegen.
Die Offenheit, mit der sie über ihre Geldverhältnisse sprach, stimmte Lady Bridlington ein wenig nachdenklich. Sie kam nicht sofort auf die Sache zu sprechen, aber als die beiden Ladies dann am Abend im kleinen Salon am Kamin saßen und ihren Tee schlürften, verlieh sie den Gedanken, die ihr durch den Kopf gingen, Ausdruck.
»Du verstehst, liebes Kind«, sagte sie, »daß ich über die beste Art, wie wir alles ins Werk setzen sollen, nachgedacht habe. Sobald du dich also einigermaßen in London eingewöhnt hast – und das wird gewiß nicht lange dauern, denn du bist ein gescheites kleines Ding! –, werde ich dich in die großen Häuser einführen, in aller Stille,
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