Die bezaubernde Arabella
Coventry Street schwärmte und ein höchst knabenhaftes Verlangen zeigte, das große Schauspiel »Der Brand von Moskau« (einschließlich Seiltanz und Kunstreitervorführung) zu sehen, begriff sie, daß er noch jungenhaft genug war, raffinierteren und bei weitem gefährlicheren Vergnügungen, die es in London gab, auszuweichen. Als er aber dann mit Mr. Scunthorpe das Haus in der Park Street verließ, eröffnete er ihm vertrauensvoll, Frauenzimmer gäben sich oft den närrischsten Vorstellungen hin, und darum wäre es durchaus lächerlich gewesen, ihr zu sagen, daß er auch die Boxkämpfe im Fives-Court sehen wolle, im Daffy Klub mit den Dandies dort eine Pfeife zu rauchen gedächte, hinter die Geheimnisse des Royal Saloon zu kommen wünsche, ganz vom Peerless Pool und einer Aufführung in der Oper abgesehen – Gott behüte, nicht weil er Musik hören wolle, so versicherte er seinem Freund, sondern weil er von zuverlässiger Seite wisse, daß die Auffahrt in Fops’ Alley und das ganze Treiben dort eine Sensation wäre. Da er sich wohlweislich entschlossen hatte, in einem Gasthof abzusteigen, in dem er an der Table d’hôte ein erträgliches Essen zu billigem Preis bekam, durfte er hoffen, sich alle diese Zerstreuungen leisten zu können. Fürs erste aber war es seiner Ansicht nach unerläßlich, eine höher gewölbte Bibermütze mit keckerer Locke zu erstehen, ein Paar Reitstiefel mit Quasten, eine Uhrkette, vielleicht ein Petschaft und auf jeden Fall ein Paar gelbe Handschuhe. Ohne solches Zubehör müsse er ja wie ein Bauernlümmel aussehen. Mr. Scunthorpe war der gleichen Ansicht, fügte aber hinzu, daß ein Kutschiermantel mit bloß zwei Pelerinen in vorbildlich gekleideten Kreisen für eine schäbige Angelegenheit galt. Er erklärte sich bereit, Bertram zu seinem Schneider zu bringen, einem verdammt tüchtigen Burschen, dem nicht mehr viel fehlte, um den Ruhm eines Weston oder Stultz zu erlangen. Der Vorteil dieses Arrangements wäre jedenfalls, daß der aufstrebende Mann der Elle bereit sein würde, jeden Freund Mr. Scunthorpes prompt zu bedienen; nun hatte Bertram keinen Einwand mehr dagegen, in eine Mietdroschke zu springen und dem Kutscher zu befehlen, er solle so rasch wie möglich in die Clifford Street fahren. Mr. Scunthorpe nahm es auf seine Verantwortung, daß Swindons Kunst seinem Freund ein ganz anderes Air geben würde, und da Bertram dies für ein höchst erstrebenswertes Ziel hielt, meinte er, daß man sein Geld nicht vorteilhafter anlegen könne. Mr. Scunthorpe gab ihm noch ein paar nützliche Hinweise und warnte ihn vor Extravaganzen im Stil, die den Verdacht erregen konnten, er gehöre zu jenen Superdandies, über die der arbiter elegantiarum die Achseln zuckt. Fraglos war das Vorbild, das jeder Gentleman nachahmen mußte, der Nonpareil, der Gipfel der Eleganz. Das rief Bertram etwas in Erinnerung, was ihn seit einiger Zeit beschäftigte, und er sagte: »Hör einmal, Felix, bist du eigentlich der Ansicht, daß meine Schwester in der Stadt mit ihm ausfahren darf? Offen gesagt, mir paßt das gar nicht besonders.«
In diesem Punkte aber war Mr. Scunthorpe in der Lage, seine Besorgnisse zu zerstreuen. In einer Karriole oder einem Phaeton, mit einem Groom auf dem Rücktritt, auszufahren konnte jede Lady sich leisten. »Natürlich, in einem Tilbury, das wäre etwas anderes!«
Nachdem diese brüderlichen Bedenken beschwichtigt waren, wandte Bertram sich einer anderen Frage zu und bemerkte nur noch, daß es ihm einen Heidenspaß bereiten würde, seines Vaters Gesicht zu sehen, wenn er Bella in ihrer jetzigen Art und Aufmachung träfe.
So erreichten sie die Clifford Street, wurden unverzüglich von Mr. Swindon vorgelassen, und er erwies ihnen sogar die Höflichkeit, ihnen alsogleich die Stoffmusterkarte vorzulegen; dazu erteilte er seinem neuen Kunden wertvolle Hinweise auf die besonderen Vorzüge von Superfine und Bath Suiting. Für einen hellgrauen Kutschiermantel fand er sechs Pelerinen gerade ausreichend, eine Ansicht, in der ihn Mr. Scunthorpe ernst unterstützte; keineswegs wäre es schicklich, gewisse Gecken nachzuahmen, die auf einem Mantel nie genug Pelerinen haben konnten. War man nicht ein anerkannter Superdandy, der aus der Reihe tanzte, einer, der zollscharf um eine Ecke zu kutschieren verstand, oder einer von den Melton-Leuten, so war es ratsamer, mehr auf Korrektheit als auf extreme Mode zu gehen. Dann lenkte er die Aufmerksamkeit seines Kunden auf Tuche für einen Rock, und obwohl
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