Die bezaubernde Arabella
ich habe nie eine prüdere Person gesehen als sie.«
»Wohl möglich, aber ich muß Sie doch bitten, das zu unterlassen, obwohl meine Tante, bei aller Empfindsamkeit, Ihnen gewiß gehorchen würde. Die gestickten Pantoffeln, die mich letzte Weihnachten erreichten, waren schlimm genug. Möchte wissen, was ich mit ihnen anfangen soll. Was dachte sie wohl?«
Die Herzogin ließ ein meckerndes Lachen hören. »Gott segne dich, mein Kind – denken – das tut sie nie! Du solltest ihr auch kerne hübschen Geschenke schicken.«
»Ich schicke auch Ihnen hübsche Geschenke«, murmelte Mr. Beaumaris, »aber Sie erwidern sie nie.«
»Werde ich auch nicht tun. Du hast schon zuviel bekommen. Was hast du mir mitgebracht?«
»Nichts – es wäre denn, daß Sie eine Vorliebe für rasselose Hunde haben.«
»Ich mag weder Hunde noch Katzen. Fünfzigtausend im Jahr, und du bringst mir nicht einmal eine Blume. Laß hören, Robert, warum bist du gekommen?«
»Ich wollte Sie fragen, ob Sie glauben, daß ich einen brauchbaren Ehemann abgeben würde.«
»Was?« Ihre Gnaden richtete sich im Stuhl auf. »Du willst dich doch nicht um dieses Dewsbury-Mädel bewerben?«
»Großer Gott, nein!«
»Also hat sich wieder eine Idiotin gefunden, die sich in dich verliebt hat?« fragte die Herzogin, die ihre eigene Art hatte, sich über die Ereignisse auf der Welt, von der sie sich zurückgezogen, auf dem laufenden zu halten. »Wer ist es diesmal? Einmal wirst du einen Schritt zu weit gehen, merke dir das!«
»Ich glaube, ich habe es schon getan«, gestand Mister Beaumaris.
Sie sah ihn prüfend an, aber bevor sie etwas sagen konnte, trat der Kammerdiener ein. Er schleppte die schwere herzogliche Platte, die dem gegenwärtigen Herzog zu überlassen Ihre Gnaden kategorisch abgelehnt hatte, mit der zweifachen Begründung, die Platte wäre ihr persönliches Eigentum, und er hätte nicht ein Frauenzimmer heiraten sollen, bei deren Anblick seine Mutter Bauchgrimmen bekäme. Diese gewichtige Platte setzte Hadleigh auf den Tisch und warf Mr. Beaumaris dabei einen sehr ausdrucksvollen Blick zu. Mr. Beaumaris nickte verständnisvoll, erhob sich und goß Wein ein. Er reichte seiner Großmutter ein halbgefülltes Glas, das sie empört zurückwies. War er etwa so unverschämt, sich einzubilden, daß sie keinen Wein vertrug?
»Ich bin überzeugt, daß Sie mich unter den Tisch trinken könnten«, antwortete Mr. Beaumaris, »aber Sie wissen wohl, daß er Ihnen sehr schlecht bekommt, und daß Sie mich nicht dazu bringen werden, Ihren schlimmen Wünschen Vorschub zu leisten.« Er hob ihre freie Hand an die Lippen und sagte herzlich: »Sie sind eine grobe und brutale alte Frau, aber ich hoffe, Sie werden noch hundert Jahre alt, denn Sie sind mir um so vieles lieber als alle meine anderen Verwandten.«
»Dazu gehört nicht viel«, bemerkte sie, von seiner vermessenen Rede eher eingenommen. »Setz dich und versuche nicht, mich mit deinen Albernheiten zu behelligen. Ich sehe wohl, daß du gerade einen Narren aus dir machen willst! Wickle das Schwarze nicht in weißes Linnen! Du bist hierhergekommen, um mir zu sagen, daß du diese rotbäckige Kokotte heiraten willst, die du ausgehalten hast, als ich dich das letzte Mal sah.«
»Nein.«
»Nun ja, eine spitzenverbrämte Hure möchte ich auch nicht gerade in der Familie haben! Nicht, daß ich dich für dumm genug halte…«
»Wo haben Sie eigentlich diese entsetzlichen Ausdrücke her?« erkundigte sich Mr. Beaumaris.
»Ich gehöre nicht zu eurer honigmäuligen Generation, Gott sei Dank. Wer ist sie?«
»Wenn ich nicht aus bitterer Erfahrung wüßte, daß nichts in London vorfällt, wovon Sie nicht sofort erfahren, würde ich sagen, daß Sie noch nie von ihr gehört haben. Sie ist – sie behauptet wenigstens es zu sein – sie ist die jüngste reiche Erbin.«
»Oh, meinst du das Ding, das die dumme Bridlington im Haus hat? Soll eine Schönheit sein.«
»Sie ist schön. Aber darum geht es nicht.«
»Worum geht es also?«
Er überlegte. »Sie ist das bezauberndste Geschöpf, dem ich je begegnet bin. Wenn sie mich bloß überzeugen will, daß sie im Gesellschaftsspiel jeden Trick kennt, dann unterscheidet sie sich kaum von irgendeinem anderen Frauenzimmer; wenn aber irgend etwas ihr Mitgefühl erregt, und das geschieht leider für mein Behagen viel zu oft, dann ist sie zu allem fähig! Wenn ich sie heirate, wird sie unweigerlich einen Feldzug zur Hebung des Standes der Kaminfegerjungen eröffnen und mein Haus
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