Die bezaubernde Arabella
sieht keiner darauf, ob Sie zwanzig Guineas oder hundert riskieren! Kommen Sie nur mit, das Glück ist wechselvoll, man muß nur zäh sein, dann fällt es einem zu – das hat mein alter Herr immer gesagt, und der muß es wohl wissen.«
Bertram war nicht ganz entschlossen, aber da er auf jeden Fall mit Lord Wivenhoe zum Dinner in Longs Hotel verabredet war, brauchte er keine endgültige Antwort zu geben, sondern konnte es sich noch überlegen. Seine Lordschaft sagte, er könne sich durchaus auf ihn verlassen, und dabei hatte es sein Bewenden.
Es läßt sich erraten, daß Bertrams verlängerter Aufenthalt in London seiner Schwester Sorgen bereitete. Arabella war zwar von ihm nicht ins Vertrauen gezogen worden, aber allein seine veränderte äußere Erscheinung mußte ihr sagen, daß er weit mehr Geld ausgab, als ein Lotteriegewinn von hundert Pfund rechtfertigte. Sie begegnete ihm selten, und wenn sie ihn sah, so hatte sie keinen guten Eindruck. Durchwachte Nächte, ungewohnter Trank und Sorgen forderten ihren Tribut. Sagte sie ihm aber, daß er erschöpft aussehe, und beschwor sie ihn, nach Yorkshire zurückzukehren, so konnte er ihr einigermaßen wahrheitsgetreu antworten, daß auch sie nicht gerade aufblühte. Das stimmte wohl. Ihre leuchtenden Farben waren etwas verblaßt, ihre Augen standen zu groß in ihrem Gesichtchen und waren umschattet. Lord Bridlington bemerkte es wohl, schrieb es den absurden Anforderungen zu, die eine Londoner Season an die Leute stellte, und hielt moralische Reden über die Narrheit von Frauen, die sich gesellschaftlichem Ehrgeiz hingaben. Seine Mutter hatte bemerkt, daß ihr Schützling nicht mehr so oft mit Mr. Beaumaris in den Park fuhr und auswich, wenn er im Hause vorsprach; sie zog daraus richtigere Schlüsse, konnte Arabella aber nicht bewegen, sich ihr vertrauensvoll aufzuschließen. Was immer Frederick sagen mochte, Lady Bridlington war jetzt überzeugt, daß der Nonpareil es doch ernst meinte, und sie konnte nicht verstehen, was Arabella zurückhielt, seine Bemühungen zu ermutigen. Arabella ihrerseits erriet, daß die gute Lady die wahren Gründe nicht verstehen würde, und zog sich auf sich selbst zurück.
Auch dem Nonpareil war es nicht entgangen, daß seine schwierige Freundin sich nicht ihres gewohnten Frohsinns erfreute; es war ihm auch nicht unbekannt, daß sie erst unlängst drei recht vorteilhafte Heiratsanträge abgelehnt hatte, denn die abgewiesenen Bewerber machten kein Hehl daraus, daß ihre Hoffnungen gescheitert waren. Arabella hatte sich bei Almack nicht von ihm zum Tanz auffordern lassen, aber im Laufe des Abends hatte er dreimal bemerkt, daß ihre Blicke ihm aufmerksam folgten.
Mr. Beaumaris zog Ulysses’ flatterndes Ohr in rhythmischer Bewegung durch seine Hand – eine Prozedur, die Ulysses in beseligten Stumpfsinn versetzte – und sagte versonnen: »Ist es nicht eine traurige Überlegung, daß ein Mann in meinem Alter solch ein Narr ist?«
Ulysses, die Augen halb geschlossen, in Ekstase vergehend, seufz, te tief: sein Herr mochte sich diesen Seufzer als Ausdruck seiner Sympathie deuten.
»Und wenn sich herausstellt, daß sie die Tochter eines Kaufmanns ist?« fuhr Mr. Beaumaris fort. »Etwas bin ich meinem Namen schließlich schuldig. Und ich bin zu alt, um für ein hübsches Lärvchen meinen Kopf zu verlieren!«
Da seine Hand zur Ruhe kam, stupste Ulysses ihn. Mr. Beaumaris nahm das Spiel mit dem Hundeohr wieder auf und sagte: »Du bist völlig im Recht: es geht gar nicht um ein hübsches Lärvchen. Glaubst du, daß ich ihr ganz gleichgültig bin? Oder hat sie wirklich nur Angst, mir die Wahrheit zu sagen? Das braucht sie doch nicht – nein, Ulysses, das braucht sie wirklich nicht! Betrachten wir die Sache von der Kehrseite! Ist sie auf einen Titel aus? Warum hat sie dann dem armen Charles einen Korb gegeben? Oder will sie höher hinaus? Nein, Ulysses, dieser Argwohn ist unbegründet.«
Der Hund Ulysses hörte den strengeren Ton aus der Stimme seines Herrn heraus und sah ihn beunruhigt an. Mr. Beaumaris nahm seine Schnauze in die Hand und beutelte sie zärtlich. »Was rätst du mir also? Mir scheint, ich habe den Punkt erreicht, wo es nicht weitergeht. Soll ich – » Er unterbrach sich, stand auf und machte eine Runde durch das Zimmer. »Was bin ich doch für ein Schwachkopf! Ulysses, dein Herr ist ein Narr!« Ulysses stemmte seine Vorderpfoten gegen die eleganten Pantalons und bellte zum Protest. Dieses Herumlaufen im Zimmer war nicht nach
Weitere Kostenlose Bücher