Die bezaubernde Rivalin
Nachmittag zu verbringen.“
„Das beantwortet aber nicht meine Frage.“
„Vielleicht will ich nur herausfinden, was eigentlich so toll daran ist, ein Warenhaus zu leiten“, sagte er, und India dachte: Dass ich keine direkte Antwort auf meine Frage bekomme, hätte ich mir auch gleich denken können.
„Nachdem wir die Sache mit der Wäscherei so zügig abgewickelt haben, könnten wir uns doch den Rest des Nachmittags freinehmen und ein bisschen bummeln gehen.“
„Bummeln?“
„Warum nicht? Es ist ein schöner, sonniger Tag, und du hast doch selbst gesagt, dass du eine Stunde früher fertig geworden bist. Außerdem hast du heute keinen anderen Termin mehr.“ Noch bevor India etwas Dringendes erfinden konnte, fügte Jordan hinzu: „Zumindest nicht nach deinem Terminplaner zu urteilen.“
„Du hast dir meinen Planer angesehen?“, fragte sie empört.
„Als ob ich so etwas tun würde!“ Gespielt betroffen griff sich Jordan ans Herz, sodass India beinah gelacht hätte. „Nein, heute Morgen beim Abholen der Umbaupläne habe ich die Termine mit Sally abgeglichen. Also, was hältst du davon, in den Park zu gehen und Enten zu füttern? Vielleicht könnten wir auch noch ein Eis essen.“
Sich Jordan vorzustellen, wie er an einer Eistüte leckte, war so abwegig, dass India beinah Ja gesagt hätte. Doch dann machte sie ein ernstes Gesicht und erklärte: „Ich soll dir doch beweisen, dass ich eine schwer arbeitende Vorstandsvorsitzende bin.“
„Mach dir keine Sorgen! Das hast du längst. Ich würde dir auch den Geschäftsführerposten anbieten, wenn ich nicht wüsste, dass du ablehnst. Wir wären bestimmt ein großartiges Team.“
„Bei dem du die Anweisungen gibst und ich sie ausführe?“
„Das probieren wir doch gleich mal“, erwiderte Jordan. „Also, Miss Claibourne, Sie nehmen sich heute Nachmittag frei!“
„Nein, Mr Farraday, Sie verlassen jetzt sofort mein Büro!“
8. KAPITEL
Jordan versuchte erst gar nicht, Indias Meinung zu ändern. „Bis später, dann“, sagte er, stand auf und gab ihr einen Kuss auf die Wange, bevor er das Büro verließ.
Unwillkürlich dachte India: So wörtlich hätte er es jetzt auch nicht zu nehmen brauchen. Und was hieß eigentlich „bis später“? Bis heute Abend, bis morgen früh? Aber dann zwang sie sich, an etwas anderes zu denken.
Die „schattenfreie“ Zeit am Morgen hatte sie genutzt, um zum Apartment ihres Vaters zu fahren und sich dort ein bisschen umzusehen. Dass ihr der ominöse Brief, von dem in der vergilbten Notiz die Rede war, einfach so in die Hände fallen würde, hatte sie nicht wirklich erwartet. Aber sie hatte doch gehofft, irgendeinen Hinweis zu finden, der ihr weiterhalf. Beim Durchsehen der Post auf dem Schreibtisch ihres Vaters hatte sie dann eine Ansichtskarte aus Pakistan entdeckt, die an seine Putzfrau gerichtet war. Pakistan? Was, um alles in der Welt, wollte er denn da? Vertrug er nach der Herzoperation überhaupt das Klima dort?
Da der Besuch im Apartment ihres Vaters India nicht weitergebracht hatte, wandte sie sich jetzt an Maureen Derbyshire. Die Frau arbeitete nicht nur seit fünfzig Jahren im Warenhaus, sondern leitete auch seit dreißig Jahren das Archiv. Vielleicht kannte sie die Schrift auf dem Notizzettel.
„Sie suchen also nach dem Brief, von dem hier die Rede ist, Miss India?“, fragte Maureen, nachdem sie die Notiz gelesen hatte.
India nickte. „Ich hatte gehofft, Sie würden vielleicht die Handschrift wiedererkennen.“
„Nicht aus dem Stegreif, aber ich könnte die Notiz mit alten Briefen vergleichen.“ Dann fügte sie hinzu: „Wissen Sie, Kindchen, etwas zu verstecken ist ja gut und schön, aber wenn es kein anderer findet, kann man es auch gleich wegwerfen.“
„Was wollen Sie denn damit sagen?“
„Wenn der Brief noch existieren würde, hätte Ihr Vater doch jemandem davon erzählt, als er so krank war.“
„Von dem goldenen Aktienanteil hat er mir auch nichts erzählt.“
„Das beweist doch nur, was ich sage. Wahrscheinlich hat er auch davon nichts gewusst. Sie sind immer sein Liebling gewesen, Miss India. Wenn er den Brief gehabt hätte, hätte er ihn doch verwendet. Genauso wie die Farradays ihn vor dreißig Jahren benutzt hätten.“
Irgendwo hatte die Frau ja recht, aber … India machte eine Kopie von der vergilbten Notiz, schnitt eine nichtssagende Passage heraus und überließ sie Maureen.
„Ich melde mich bei Ihnen, Kindchen, sobald ich eine Übereinstimmung
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