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Die Bibel für Eilige

Titel: Die Bibel für Eilige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Schorlemmer
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Werk,
    den Mond und die Sterne, die du bereitet hast:
    was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst
    und des Menschen Kind, dass du dich seiner
    annimmst?
    Du hast ihn wenig niedriger gemacht als Gott,
    mit Ehre und Herrlichkeit hast du ihn gekrönt.
    |127| Du hast ihn zum Herrn gemacht über deiner Hände
    Werk,
    alles hast du unter seine Füße getan:
    Schafe und Rinder allzumal,
    dazu auch die wilden Tiere,
    die Vögel unter dem Himmel und die Fische im Meer
    und alles, was die Meere durchzieht.
    HERR, unser Herrscher,
    wie herrlich ist dein Name in allen Landen!
     
    Staunen und Verwunderung über die Weite des Firmamentes, über die Winzigkeit und gleichzeitig über die Größe des Menschen.
     Glanz und Elend seiner Existenz! Am Anfang und am Schluss der Ausruf: »Herr, unser Herrscher, wie herrlich ist dein Name in
     allen Landen.«
    Wer einmal unter dem Firmament stand – am besten fernab aller Zivilisation –, den Himmel gesehen hat, das Staunen über die
     Lichter der Nacht, diese wunderbare und erschreckende Unendlichkeit: Da stehst du kleiner Mensch und fragst, wieso interessiert
     sich Gott angesichts des Universums für die Staubkörnchen am Rande? »Wenig niedriger gemacht als ein Gott« erlebt er sich,
     wird Concreator in der Welt. Er ist Geschöpf, und er ist Mitschöpfer. Er, der Vergänglichkeit unterworfen, ist doch Herr über
     andere Schöpfung. Alles ist ihm anvertraut. Er ist Haushalter und Sachwalter der Dinge in der Welt, der Tiere auf der Erde,
     in der Luft, im Wasser. Von daher kommt das Bild von der »Krone der Schöpfung«, das Missverständnis seines Herrschens als
     Willkürakt. Es folgte und folgt jegliche Vernichtung. Es geht aber um Haushalterschaft, um Mitgeschöpflichkeit eines Mitschöpfers!
    Das Wichtigste: Die Gestirne werden entgöttert. Sie sind geschaffen wie alles Geschaffene. Der Mensch ist ihnen nicht unterworfen.
     Er kann nur staunen, dass Gott ihn adelt, ihn zu seinem Partner macht. Die Hybris wohnt nicht weit |128| weg. Er überhebt sich an seiner Macht, wird überheblich und verhebt sich, mit Folgen für das ganze Schöpfungsgefüge, den Oikos.
    Wie nah und wie fern ist das Pathos dieses Psalms dem Pathos des Sophokles: »Vieles Gewaltige lebt, aber nichts ist gewaltiger
     als der Mensch!«
    Und wie anders das Sturm-und-Drang-Gedicht, das zur ideologischen Schleuder gegen jeglichen Glauben, das Christentum zumal,
     gebraucht wurde: das goethische Prometheus-Gedicht. Der sich vergottende Mensch, der seine Zauberlehrlingsexistenz verleugnet.
     (Ganz anders als Goethe, der nicht zufällig diese beiden Gedichte nacheinander drucken ließ.) Herr sein heißt eben nicht (willkürlich)
     herrschen, sondern Verantwortung tragen für das, was einem anvertraut ist, worüber man Macht hat. Tiefe Ambivalenz. Die Macht
     muss sich Grenzen setzen. Um des Lebens willen. Klugheit, Weisheit, Besonnenheit. – Maßhalten eben.
    Schließlich noch einen Satz zur poetischen Leistung Martin Luthers. Psalm 8 ist ein Beispiel gelungenster Lautmalerei, die
     den Inhalt unterstützt. »Herr, unser Herrscher, wie herrlich« und fährt fort »dein Name in allen Landen«. Welche Erhabenheit
     nach dem dreimaligen Herr, herrlich, Herrscher. Markerschütternd, wie J. S. Bach seine Johannes-Passion mit Psalm 8 anheben
     lässt. Da gibt es doch tatsächlich Religionsdiener, die um der Verständlichkeit willen »in allen Ländern« lesen. (Wenn Protestanten
     das Sprachgefühl abgeht, sollten sie besser wieder katholisch werden; da gibt es wenigstens Gewänder, Gerüche und eine über
     jeden Zweifel erhabene Institution Kirche von Rom.)
    Gott zur Sprache zu bringen heißt, das Geheimnis der Welt auf eine wundervolle Weise zur Sprache zu bringen, bis in unseren
     Worten Gott selbst spricht:
    Ein Tag sagt’s dem andern,
    und eine Nacht tut’s kund der andern,
    |129| ohne Sprache und ohne Worte;
    unhörbar ist ihre Stimme.
    Ihr Schall geht aus in alle Lande
    und ihr Reden bis an die Enden der Welt.
    (Psalm 19,3–5)
    Das Beten wird zum »Gespräch meines Herzens vor DIR« (Psalm 19,15).
    Dieses Gespräch des Herzens ist von einem so unerschütterlichen wie schmerzhaft erschütterbaren Grundvertrauen geprägt. Dies
     geht von folgenden Voraussetzungen aus: 
dass Gott selbst zur Sache des gerechten und lauteren Gottesfürchtigen steht, ihn bewahrt, errettet, erhebt, empfängt,
dass die Frevler zur Rechenschaft gezogen werden im Gericht und schon spüren werden, was sie davon haben; es gibt einen

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