Die Bibel nach Biff
das sich anhörte, als versuchte die gesamte römische Armee Sardellen aus dem Mittelmeer zu schlürfen. Kaum die Augen aufgeschlagen, sah ich den Urheber des Lärms und stürzte beinah ab, als ich zurückweichen wollte. Ein riesengroßes, pelziges Wesen, anderthalb Mal so groß wie der größte Mensch, dem ich je begegnet war, versuchte, den Tee aus einem der Bambusrohre zu schlürfen. Doch der Tee war zu Matsch gefroren, und dieses Wesen sah aus, als würde es gleich seinen halben Kopf in den Bambus hineinsaugen, wenn es so weitermachte. Ja, irgendwie sah es wie ein Mensch aus, nur war sein ganzer Körper von langem, weißem Pelz bewachsen. Seine Augen waren so groß wie die einer Kuh, mit leuchtend blauer Iris und stecknadelkopfkleinen Pupillen. Schwere, schwarze Wimpern griffen bei jedem Zwinkern ineinander. Es hatte lange, schwarze Nägel an den Händen, ähnlich wie ein Mensch, nur doppelt so lang, und seine Kleidung bestand einzig aus einem Paar Stiefeln, die nach Yakfell aussahen.
Das eindrucksvoll baumelnde Gemächt zwischen den Beinen dieser Kreatur deutete darauf hin, dass es sich um ein Männchen handelte.
Ich sah mich nach dem Kreis aus Mönchen um, weil ich wissen wollte, ob jemand bemerkt hatte, dass unsere Vorräte von einem Pelztier geplündert wurden, doch sie waren allesamt in tiefer Trance. Wieder schlürfte das Geschöpf aus dem Rohr, dann schlug es mit der Hand daran, als wollte es den Inhalt losklopfen, und sah mich an, als bäte es um Hilfe. Was ich an Entsetzen empfunden haben mochte, schmolz dahin, sobald ich dem Wesen in die Augen sah. Nicht der leiseste Hauch von Aggression sprach daraus, keine Spur von Gewalt oder Bedrohung. Ich hob das Teerohr an, das ich auf dem Kopf von Nummer Drei angewärmt hatte. Es schwappte in meiner Hand, was darauf hinwies, dass der Tee während meines Nickerchens nicht gefroren war, und so hielt ich ihn dem Wesen hin. Es griff über Josuas Kopf hinweg, nahm das Rohr, zog den Korken und trank gierig.
Ich nutzte den Moment, meinem Freund in die Nieren zu treten. »Josh, komm hoch. Das musst du dir ansehen.« Er reagierte nicht, also beugte ich mich vor und kniff meinem Freund die Nasenlöcher zu. Will er die Meditation beherrschen, muss ein Schüler zuerst seine Atmung beherrschen. Der Heiland gab ein Schnauben von sich und wachte aus seiner Trance auf, schnaufte und wand sich unter meinem Griff. Er sah mich an, als ich ihn endlich losließ.
»Was?«, sagte Josh.
Ich deutete hinter ihn, und Josua drehte sich um, wobei er den großen, pelzigen, weißen Burschen in seiner ganzen Pracht musterte. »Heiliger Bimbam!«
Meister Zottig schreckte zurück, klammerte sich wie ein erschrecktes Kind an seinen Tee und gab ein paar Laute von sich, die nicht wirklich eine Sprache waren. (Aber wäre es eine gewesen, hätte es übersetzt vermutlich ebenfalls »Heiliger Bimbam!« geheißen.)
Josua entglitt seine meisterliche Kontrolle, seine Fassungslosigkeit gefiel mir. »Was ... Ich meine, wer ... Ich meine: Was ist das?«
»Kein Jude«, sagte ich hilfreich und deutete auf gut einen Meter Vorhaut.
»Na, ich sehe wohl, dass es kein Jude ist, aber das schränkt die Möglichkeiten nicht sonderlich ein, oder?«
Seltsamerweise schien ich mich mehr zu amüsieren als meine beiden halbwegs entsetzten Gefährten. »Weißt du noch, wie uns Kaspar die Klosterregeln erklärt hat und wir uns über die eine gewundert haben, die besagte, wir dürften weder einen Menschen, noch einen Menschengleichen töten?«
»Ja?«
»Na, ich schätze, er ist wohl in gewisser Weise wie ein Mensch.«
»Okay.« Josua kam auf die Beine und sah sich Meister Zottig an. Der richtete sich auf und betrachtete Josua eingehend, wobei er seinen Kopf hin und her neigte.
Josua lächelte.
Meister Zottig lächelte zurück. Schwarze Lippen, richtig lange, scharfe Reißer.
»Große Zähne«, sagte ich. »Sehr große Zähne.« Der Messias hielt dem Wesen seine Hand hin. Es beugte sich zu Josua vor und nahm dessen Hand in seine mächtige Pfote ... und riss ihn von den Beinen, schloss ihn in die Arme und drückte ihn so fest, dass seine glückseligen Augen herausquollen.
»Hilfe«, quiekte Josua.
Das Geschöpf leckte mit einer langen, blauen Zunge an Josuas Kopf herum.
»Er mag dich«, sagte ich.
»Er kostet mich«, sagte Josua.
Ich dachte daran, wie mein Freund furchtlos am Schwanz des Dämons Catch gerissen hatte, wie er sich so vielen Gefahren schon mit völliger Gelassenheit gestellt hatte. Ich dachte
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