Die Bibel nach Biff
bevor wir unseren Unterricht begannen. »Ihr müsst sie sprechen, um die Worte Gautama Buddhas zu verstehen, aber ihr werdet diese Sprache außerdem brauchen, wenn ihr eurem Dharma zu eurem nächsten Reiseziel folgt.«
Josua und ich sahen einander an. Es war lange her, seit wir zuletzt davon gesprochen hatten, das Kloster zu verlassen, und die bloße Erwähnung dieser Aussicht wühlte uns auf. Routine fördert eine Illusion von Sicherheit, und wenn es im Kloster von irgendetwas reichlich gab, dann war es die Routine.
»Wann sollen wir reisen, Meister?«, fragte ich.
»Wenn es Zeit wird«, sagte Kaspar.
»Und woher sollen wir wissen, wann es Zeit wird aufzubrechen?«
»Wenn die Zeit zu bleiben ein Ende hat.«
»Und das werden wir wissen, weil Ihr uns endlich eine offene und konkrete Antwort auf eine Frage gebt, statt den Begriffsstutzigen zu spielen und uns Angst einzujagen?«, fragte ich.
»Kennt die ungeschlüpfte Kaulquappe das Universum des ausgewachsenen Frosches?«
»Selbstverständlich nicht«, sagte Josua.
»Stimmt genau«, sagte der Meister. »Meditiert darüber.«
Als Josua und ich den Tempel betraten, um unsere Meditation zu beginnen, sagte ich: »Wenn die Zeit kommt, und wir wissen, dass für uns der Aufbruch naht, werde ich ihm seinen schimmernden, kleinen Schädel mit einem Knüppel einschlagen.«
»Meditiere darüber«, sagte Josh.
»Es ist mein Ernst. Er wird es noch bereuen, dass er mir beigebracht hat, wie man kämpft.«
»Da bin ich mir sicher. Ich bereue es jetzt schon.«
»Weißt du, vielleicht ist er nicht der Einzige, der einen vor den Latz kriegt, wenn die Zeit für Latzhosen gekommen ist.«
Josua sah mich an, als hätte ich ihn eben aus einem Nickerchen aufgeweckt. »Die ganze Zeit, die wir mit Meditieren verbringen ... was machst du da eigentlich wirklich, Biff?«
»Ich meditiere - manchmal - und lausche den Geräuschen des Universums und so.«
»Aber meistens sitzt du einfach nur da.«
»Ich habe gelernt, mit offenen Augen zu schlafen.«
»Das wird deiner Erleuchtung nichts nützen.«
»Hör zu, wenn ich ins Nirwana komme, will ich ordentlich ausgeruht sein.«
»Mach dir darum nicht zu viele Sorgen.«
»He, ich weiß, was Disziplin ist. Durch Übung habe ich gelernt, spontane, nächtliche Ergüsse auszulösen.«
»Das ist keine Leistung«, sagte der Messias sarkastisch.
»Okay, du kannst ja meinetwegen patzig sein, wenn du willst, aber wenn wir wieder in Galiläa sind, lauf du nur rum und versuch, diese >Liebe deinen Nächsten, denn er ist wie du<- Nummer an den Mann zu bringen, und ich biete das >Feuchte Träume nach Bedarf<-Programm an. Dann wollen wir doch mal sehen, wer mehr Anhänger findet.«
Josua grinste. »Ich denke, wir kommen beide besser zurecht als mein Vetter Johannes mit seiner >Halt sie unter Wasser, bis sie deiner Meinung sind<-Nummer.«
»An den habe ich seit Jahren nicht mehr gedacht. Glaubst du, er macht es immer noch?«
In diesem Moment stand Mönch Nummer Zwei auf, sehr ernst und unerleuchtet kam er durch den Tempel zu uns herüber, in der Hand sein Bambusrohr.
»Entschuldige, Josh, ich muss mal kurz ins Nicht-ich.« Ich ließ mich in den Lotussitz fallen, bildete mit meinen Fingern die Mudra des barmherzigen Buddha und war mir nichts, dir nichts auf dem Stillsitzweg im Einklang mit der Allesheit.
Trotz Kaspars verhüllter Warnung hinsichtlich unseres Aufbruchs ließen wir uns neuerlich auf eine Routine ein, zu der diesmal gehörte, dass wir lernten, wie man die Sutras auf Sanskrit lesen und schreiben konnte, doch auch Josuas Zeit mit dem Yeti gehörte zur Routine. Ich war in der Kampfkunst so gut geworden, dass ich eine handdicke Steinplatte mit dem Kopf zertrümmern konnte, und ich schaffte es, mich selbst an den wachsamsten Mönch anzuschleichen, ihm ans Ohr zu schnipsen und wieder im Lotussitz zu sein, bevor er herumfahren konnte, um mir das pochende Herz aus der Brust zu reißen. (In Wahrheit war niemand wirklich sicher, ob irgendwer es konnte. Oft genug erklärte Mönch Nummer Drei, es sei an der Zeit, das »Rausreißen des pochenden Herzens aus der Brust« zu üben, und jeden Tag erkundigte er sich nach Freiwilligen. Nach kurzem Warten, wenn sich niemand gemeldet hatte, fuhren wir mit der nächsten Übung fort, normalerweise die »Jemanden mit einem Fächer zum Krüppel schlagen«-Übung. Alle fragten sich, ob Nummer Drei es wirklich tun konnte, aber keiner wollte ihn darauf ansprechen. Wir wussten, wie gern Buddhistenmönche
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