Die Bibel nach Biff
bringen und wäre dort in Sicherheit. Da rennen überall Leute rum und predigen die unterschiedlichsten Ideen ... sieh dir Bartholomäus und seine Zyniker an.«
»Als wir in Indien waren, haben wir ein Fest in der Stadt der Göttin Kali gesehen. Sie ist die Göttin der Zerstörung, Maggie. Es war das Blutigste, was ich je gesehen habe, Tausende von Tieren geschlachtet, Hunderte von Menschen geköpft. Die ganze Welt schien blutbesudelt. Josua und ich haben ein paar Kinder davor bewahrt, bei lebendigem Leib geschlachtet zu werden, aber als es vorbei war, sagte Josua immer wieder: Kein Blut mehr. Nie mehr.«
Maggie sah mich an, als wartete sie auf mehr. »Und? Es war grausam. Was sonst hätte er sagen sollen?«
»Er hat nicht mit mir gesprochen, Maggie. Es sprach zu Gott. Und ich glaube nicht, dass er es als Wunsch geäußert hat.«
»Willst du damit sagen, er glaubt, sein Vater wolle ihn töten, weil Josua etwas verändern möchte? Und er fügt sich, weil es Gottes Wille ist?«
»Nein, ich sage, er lässt zu, dass er getötet wird, um seinem Vater zu zeigen, dass sich etwas ändern muss. Er wird ganz und gar nicht versuchen, es zu vermeiden.«
Drei Monate lang bettelten wir, flehten, heulten und redeten auf ihn ein, doch konnten wir es Josua nicht ausreden, zum Passahfest nach Jerusalem zu gehen. Josef von Arimathäa hatte Nachricht gesandt, dass die Pharisäer und Sadduzäer noch immer gegen Josua intrigierten, und sich Jakan im Rat der Nichtjuden draußen vor dem Tempel gegen Josuas Anhänger geäußert hatte. Jedoch schienen die Drohungen Josuas Entschlossenheit nur noch zu stärken. Zweimal gelang es Maggie und mir, Josua zu fesseln und ihn im Boot festzuhalten, allerdings nur unter Verwendung mancher Knoten, die wir von den Seemannbrüdern Petrus und Andreas gelernt hatten, doch beide Male tauchte Josua wenige Minuten später mit seinen Fesseln in Händen wieder auf und sagte etwas wie: »Gute Knoten ... und doch nicht gut genug, was?«
Maggie und ich machten uns tagelang Sorgen, bevor wir nach Jerusalem zogen. »Er könnte sich irren, was die Hinrichtung angeht«, sagte ich.
»Ja, könnte sein«, gab Maggie mir Recht.
»Glaubst du? Dass er sich irrt, meine ich ...«
»Ich glaube, ich muss mich übergeben.«
»Ich wüsste nicht, wie ihn das aufhalten sollte.«
Wusste ich wirklich nicht. Am nächsten Tag brachen wir nach Jerusalem auf. Auf dem Weg machten wir an der Straße in einem Ort am Jordan Rast, der Bet-Schemesch hieß. Traurig und hilflos saßen wir dort und beobachteten die endlosen Reihen der Pilger entlang des Ufers, als sich eine alte Frau mit ihrem Gehstock einen Weg durch die verdutzten Apostel bahnte.
»Aus dem Weg, ich muss mit diesem Burschen reden. Aus dem Weg, du Flegel, du solltest dich mal waschen.« Sie gab Bartholomäus im Vorübergehen eins auf den Kopf, und seine Hundefreunde schnappten nach ihren Fersen. »Pass auf da, ich bin eine alte Frau. Ich muss diesen Josua von Nazareth sprechen.«
»O nein, Mutter«, heulte Johannes.
Jakobus erhob sich, um sie aufzuhalten, und sie drohte ihm mit dem Stock.
»Wie kann ich Euch helfen, Mütterchen?«, fragte Josua.
»Ich bin die Frau des Zebedäus, Mutter dieser beiden hier.«
Sie zeigte mit ihrem Stock auf Jakobus und Johannes. »Wie ich höre, zieht ihr bald ins Königreich.«
»So Gott will«, sagte Josua.
»Nun, mein verstorbener Gatte Zebedäus, Gott sei seiner Seele gnädig, hat diesen beiden Jungen ein gut gehendes Geschäft vermacht, aber seit sie dir nachlaufen, haben sie es in Grund und Boden gewirtschaftet.« Sie wandte sich zu ihren Jungen um. »In Grund und Boden!«
Josua legte ihr eine Hand auf den Arm, doch statt der üblichen Ruhe, die über die Menschen kam, wenn er sie berührte, wich Frau Zebedäus zurück und schlug mit ihrem Stock nach ihm, wobei sie seinen Kopf nur knapp verfehlte. »Versuch nicht, mich auszutricksen, Meister Engelszunge. Meine Jungen haben das Geschäft ihres Vaters für dich ruiniert, und dafür will ich dein Versprechen, dass sie im Reich Gottes links und rechts vom Thron sitzen. Das wäre nur gerecht. Sie sind gute Jungen.« Sie wandte sich Jakobus und Johannes zu. »Wenn euer Vater noch lebte, würde es ihn umbringen, mit ansehen zu müssen, was ihr zwei getan habt.«
»Aber Mütterchen, es ist nicht meine Entscheidung, wer neben dem Thron sitzen wird.«
»Wessen dann?«
»Nun, des Herrn, meines Vaters.«
»Na, dann geh und frag ihn.« Sie stützte sich auf ihren Stock und tappte
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