Die Bibel nach Biff
lieben, als ich zu ihr ging. Nicht mal einen Kuss hatte ich mir erhofft. Ich denke an Maggie, weil ich in meinem Herzen stets einen Platz für sie hatte, doch der ist nun leer. Und er wird es immer sein. Und war es immer schon. Sie hat dich geliebt.«
»Tut mir Leid, Biff. Ich weiß nicht, wie so etwas zu heilen ist. Wenn ich könnte, würde ich es tun.«
»Ich weiß, Josh. Ich weiß.« Ich wollte nicht mehr über unsere Heimat sprechen, aber Josua hatte verdient, sich von der Seele zu reden, was immer ihn belasten mochte, und wenn nicht mit mir, mit wem sonst? »Denkst du manchmal an zu Hause?«
»Ja, deshalb hatte ich gefragt. Weißt du, die Mädchen haben heute Speck gebraten, und da musste ich an zu Hause denken.«
»Wieso? Ich kann mich nicht erinnern, dass bei uns zu Hause jemals jemand Speck gebraten hätte.«
»Ich weiß, aber wenn wir Speck essen würden, wüsste zu Hause niemand etwas davon.«
Ich stand auf und ging zur halbhohen Wand hinüber, die unsere beiden Zimmer trennte. Mondlicht fiel durchs Fenster auf Josuas Gesicht und verlieh ihm einen verdrießlichen Ausdruck, was nicht selten geschah.
»Josua, du bist Gottes Sohn. Du bist der Messias. Das bedeutet ... ach, was weiß ich ... dass du Jude bist! Du darfst keinen Speck essen.«
»Gott ist es egal, ob wir Speck essen. Ich spüre es einfach.«
»Was du nicht sagst. Denkt er über die Unzucht immer noch wie früher?«
»Allerdings.«
»Selbstbefriedigung?«
»Absolut.«
»Morden? Stehlen? Falsch Zeugnis reden? Seines Nachbarn Weib begehren und so weiter? Da gibt es keinen Sinneswandel?«
»Nein.«
»Nur Speck. Interessant. Man sollte meinen, es stünde etwas über Speck in den Prophezeiungen Jesajas.«
»Ja, da wundert man sich doch, oder?«
»Ich will dir ja nicht zu nahe treten, aber du wirst mehr brauchen, wenn du das Reich Gottes verkünden willst. Du kannst nicht nach Hause kommen und sagen: >Hi, ich bin der Messias. Gott will, dass ihr diesen Speck esst.<«
»Ich weiß. Wir müssen noch viel lernen. Aber das Frühstück könnte reizvoller werden.«
»Geh schlafen, Josh.«
Im Lauf der Zeit sah ich Josua nur noch selten, außer zu den Mahlzeiten und vor dem Schlafengehen. Meine Zeit verging fast ausschließlich mit Studien und damit, den Mädchen bei ihrer Arbeit in der Festung zur Hand zu gehen, während Josua fast seine gesamte Zeit mit Balthasar verbrachte, was schlussendlich zum Problem wurde.
»Das ist nicht gut, Biff«, sagte Wonne auf Chinesisch. Ich hatte ihre Sprache so weit gelernt, dass sie nur noch selten Griechisch oder Latein sprach. »Balthasar und Josua sind sich zu nah. Nur noch selten ruft er eine von uns zu sich ins Bett.«
»Du willst doch nicht andeuten, dass Josua und Balthasar, äh, Schafe hüten spielen, oder? Das kann nicht sein. Das darf Josua nicht.« Andererseits hatte der Engel gesagt, er dürfe sich keiner Frau nähern. Von einem schmierigen alten Zauberer aus Afrika war nicht die Rede.
»Ach, es ist mir egal, ob sie sich dumm und dusselig rammeln«, sagte Wonne. »Balthasar darf sich nur nicht verlieben. Was glaubst du, wieso wir zu acht sind?«
»Ich dachte, es sei eine Frage des Budgets«, sagte ich.
»Dir ist noch nicht aufgefallen, dass keine von uns zwei Nächte nacheinander mit Balthasar verbringt und wir mit ihm gerade so viel sprechen, wie für unsere Pflichten und Lektionen nötig ist?«
Es war mir aufgefallen, aber mir war nie in den Sinn gekommen, dass daran etwas ungewöhnlich sein sollte. Wir waren im Buch noch nicht bis zum Kapitel über das Verhalten zwischen Zauberern und Konkubinen vorgedrungen. »Und?«
»Und ich glaube, er ist dabei, sich in Josua zu verlieben. Das ist nicht gut.«
»Na, das finde ich aber auch. Ich war schon letztes Mal nicht glücklich, als sich jemand in ihn verliebt hat. Aber weshalb ist es hier so wichtig?«
»Das darf ich dir nicht sagen. Nur dringt immer mehr Aufruhr aus dem Haus des Schicksals«, sagte Wonne. »Du musst mir helfen. Sollte ich Recht haben, müssen wir Balthasar aufhalten. Wir beobachten sie morgen, wenn wir den Fluss des Chi in der Bibliothek justieren.«
Chi oder Qi: der Odem des Drachen, die ewige Energie, die alles durchfließt. Im Gleichgewicht war es halb yin, halb yang, halb hell, halb dunkel, halb männlich, halb weiblich. Das Chi in der Bibliothek war dauernd im Arsch, wohingegen das Chi in Räumen, in denen es nur Kissen oder leichte Möbel gab, gut justiert und ausgeglichen zu sein schien. Ich weiß nicht, wieso,
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