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Die Bibliothek der Schatten Roman

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Titel: Die Bibliothek der Schatten Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikkel Birkegaard
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Katherina erzählte ihm, wie sie von Jons Reise erfahren hatte. Er nickte nachdenklich, während er die Landkarte auf dem Tisch studierte.
Die Länder- und Städtenamen rollten über Katherina hinweg, als er sie las, und sie versuchte, sich in den Strom der Worte einzuklinken, um das Puzzlesteinchen zu finden, mit dem sie etwas verband und das Sinn ergab. Sie konzentrierte sich ganz auf Iversens Lesen, damit er die Karte schneller überfliegen konnte, doch in ihrem Eifer bedrängte sie ihn zu sehr. Er legte beruhigend seine Hand auf ihre und bat sie, sich etwas zurückzuhalten. Sie nickte, entschuldigte sich und stoppte die Beeinflussung sofort.
    »Was haben die bloß vor?«, fragte Iversen rhetorisch, führte Zeige- und Mittelfinger unter die Hornbrille und massierte seine Augenlider. »Warum Ägypten?«
    »Es könnte ein Ablenkungsmanöver sein«, schlug Henning vor, klang jedoch nicht sehr überzeugt. »Wenn sie seinen Aufenthaltsort wirklich geheim halten wollten, hätten sie wohl kaum seinen Pass benutzt, oder?«
    »Vielleicht blieb ihnen in der Kürze der Zeit keine andere Wahl«, meinte Iversen.
    Katherina stand mit verschränkten Armen da und konnte kaum die Ruhe bewahren.
    »Wann können wir losfahren?«, fragte sie ungeduldig. »Wir hinken bereits einen Tag hinterher.«
    »Ägypten ist ein großes Land«, sagte Iversen. »Wir müssen genauer wissen, wo er ist. Sie können von dort aus auch noch weitergereist sein.«
    »Nicht mit seinem Pass«, erwiderte Katherina. »Das hat Muhammed überprüft.«
    Iversen nickte.
    Immer mehr Lettori tauchten auf, darunter auch Clara, die Katherinas Blick schuldbewusst auswich. Katherina ignorierte sie. Sie konnte Clara noch immer nicht verzeihen, dass sie sie einfach hatte schlafen lassen. Iversen unterrichtete die anderen über die Situation, während Katherina etwas in den Hintergrund trat. Schon bald wurde am Kassentisch heftig diskutiert,
wobei eine phantasievolle Theorie die andere ablöste. Sie verstand nicht, warum sie ihre Zeit mit Spekulationen vergeudeten. Natürlich hatte Iversen Recht. Ägypten war ein großes Land, natürlich war es nicht leicht, dort nach einer einzelnen Person zu suchen, aber es würde ihr besser gehen, wenn sie erst dort war. Sie ertrug es nicht, aus der Ferne darüber zu diskutieren, was sie tun wollten, wenn sie erst da wären.
    Katherina stellte sich ans Fenster und sah nach draußen. Sie fasste sich ans Kinn. Es war später Nachmittag, dunkle Wolken hatten sich über der Stadt zusammengezogen und kündigten baldigen Regen an. Der Wind war stärker geworden, und die Menschen stemmten sich gegen die Böen, wobei sie ihre Jacken und Mäntel festhielten. Eine Gestalt näherte sich dem Geschäft und blieb vor dem Schaufenster stehen, unmittelbar vor Katherina. Der Mann hatte einen Vollbart und struppige Haare, die vom Wind durcheinandergewirbelt wurden. Statt sich die Auslagen im Fenster anzuschauen, richtete er seine klaren, blauen Augen auf Katherina.
    Sie hätte vor Überraschung beinahe laut aufgeschrien, als sie Tom Nørreskov erkannte. Er trug die gleiche Kleidung wie bei ihrem Besuch auf seinem Hof. Die vollen roten Lippen öffneten sich zu einem breiten Grinsen.
    Die Glocken klingelten hektisch, als Katherina die Tür aufriss. Die übrigen Anwesenden drehten sich um und sahen staunend zu, als Katherina den Gast in den Laden zog.
    Clara trat einen Schritt vor.
    »Tom?«, fragte sie skeptisch.
    Tom Nørreskov nickte und sah sich verlegen um.
    »Das ist Tom Nørreskov«, stellte ihn Katherina vor.
    Iversen trat vor und reichte Tom beide Hände.
    »Willkommen, Tom. Gut, dass du da bist!«
    Nørreskov nickte nur und sah sich um, als wäre er das erste Mal im Libri di Luca. Sein Blick folgte den Regalen auf der Galerie und glitt über die zahlreichen Bände und Bücherstapel
im Erdgeschoss. Ein breites Lächeln zeichnete sich schließlich auf seinen vollen Lippen ab.
    »Lange her, Iversen«, sagte er und entblößte seine Zähne. »Aber es ist alles noch so wie früher, Gott sei Dank.«
    Die Anwesenden vergaßen die Nordafrika-Karte und begrüßten Tom Nørreskov der Reihe nach wie einen alten Klassenkameraden. Seine Augen flackerten zwischen den Lettori hin und her. Viele von ihnen hatte er noch nie gesehen, trotzdem studierte er jeden genau, als hielte er nach einem ganz speziellen Ausschau.
    »Wo ist Campellis Sohn?«, fragte er schließlich und steckte eine Hand in seine Manteltasche. »Ich habe eine Postkarte von seinem

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